Sonntag, Februar 21, 2016

Vom unhinterfragten Kaputtmachenden



(Obiges Zitat wurde auf Facebook herumgeteilt, aufdaß man es weiter teile. Ich verteile es denn auch weiter; selbst auf die Gefahr hin, daß mein Kommentar nicht ganz im Sinne des Zitierers sein könnte)


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Nimmt man obiges Zitat absolut, so wird es selbst zur überall Verschwörungstheorien sehenden Verschwörungstheorie.

Geht man aber mit offenen Augen durch die Welt, so merkt man, daß es genügend Situationen gibt, mit denen der Einzelne nicht fertig werden kann (oder höchstens in dem Sinne fertig werden kann, als es ihm mehr oder weniger gelingt, im äussersten materiellen Elend oder im physischen Untergang seine Würde zu wahren).

Leicht wird übersehen, daß der Mensch ein soziales Wesen ist; das heißt: daß er in einem sozialen Zusammenhang lebt mit vielgestaltigen gegenseitigen Abhängigkeiten. Besonders dann kann man das übersehen, wenn man zu gut in einem sozialen Zusammenhang integriert ist, als daß man gedrängt sein könnte, etwas zu hinterfragen.

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Ein unhinterfragtes soziales Gebilde kann, aus den verschiedensten Gründen, degenerieren; und zwar bis zu einem solchen Grade kann es degenerieren, daß Einzelne oder Gruppen von Einzelnen ins materielle Elend oder gar in die physische Vernichtung abgeschoben werden.

Oftmals werden die solcherart Abgeschobenen in der öffentlichen Meinung sachte ihres Menschenstatus beraubt; so daß denjenigen, die nicht direkt betroffen sind, jenes Elend nicht so sehr auffällt; oder auch – wenn es allzu doll getrieben wurde – daß sie erst später, wenn alles vorbei ist, merken, daß irgendwas nicht so ganz stimmte.

Waren etwa die Menschen, die man während jenes tausendjährigen Reiches im Warschauer Ghetto zusammenpferchte, Verschwörungstheoretiker? – Natürlich; viele gingen mit ihren eigenen Gehwerkzeugen ins Ghetto und blieben dann auch drinnen. Das ist sicher richtig. Aber diejenigen, die mit ihren eigenen Gehwerkzeugen da reingingen, gingen rein, weil man sie sonst hineingeprügelt oder hineingetragen hätte. Und drinnen blieben sie, weil man sie, wenn sie hinausgegangen wären, zurückgeprügelt oder erschossen hätte. – Nun, natürlich konnten sie wählen; ist klar.

Und auch die Leute, die während jenes tausendjährigen Reiches in den Gaskammern vergast wurden, gingen meist mit eigenen Beinen da rein. Nun gut; meist sagte man ihnen nicht, daß das Gaskammern sind; aber so oder so zwang man sie, reinzugehen; und man verschwieg nur den Zweck jener Räume, damit es zu keiner den ordnungsgemässen Ablauf störenden Panik komme. Aber ohne äußeren Zwang hätten diese Leute jene Örtlichkeiten, unabhängig von deren faktischen Funktion, nicht aufgesucht.

Man mag erwidern, das sei zu extrem, als daß es als Beispiel für das Gemeinte geeignet wäre.

Natürlich isses extrem; aber da es das auch in weniger extremen Situationen sich austobende Wesen der Sache griffig zum Ausdruck bringt, isses als Beispiel unbedingt geeignet.

Was ist mit denjenigen, die man ins materielle Elend abschiebt, ohne daß sie noch etwas dagegen tun könnten? Die man unsinnigen bürokratischen Schikanen aussetzt? Die man in kritischen Situationen solcherart im Stich läßt, daß sie rein gar nix mehr tun können?

Ob man’s glaubt oder nicht; aber sowas gibt’s tatsächlich.

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Der Mensch aber, der solcherart in einen sozialen Zusammenhang eingebunden ist, daß er keine Not leidet und ihm die zerstörerischen Gewalten – zumindest zunächst – nichts anhaben können und den auch nichts drängt, die Untergründe seiner Sicherheit zu hinterfragen – nun gut, der kann halt diejenigen nicht verstehen, die durch das ihm – zumindest zunächst noch – wohlgesonnene Sozialgefüge zugrundegerichtet werden.

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"... doch am schlimmsten ist die satte Sicherheit", wie jener Martin Luther in anderem Zusammenhange mal sagte.


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