Dienstag, Juli 26, 2011

Biographisches

[nix frisch geschriebenes; nur Auszug aus einem vor ein paar Wochen geschriebenen Brief]

In Russland – hauptsächlich Moskau – lebte ich in den neunziger Jahren; seit kurzem hab ich meinen festen Wohnsitz in Montenegro. Dazwischen – mit kurzen Unterbrechungen – in Georgien. Geboren bin ich in Luxemburg.

In Russland ist es nicht besser; nur schlimm auf andere Weise. Anfang der neunziger Jahre war es tatsächlich um einiges besser; da herrschte ein großes Chaos, welches eine Menge Chancen bot, die aber allesamt nicht genutzt wurden. Im Laufe der Zeit wurde mir eine ganz fatale Gesetzmäßigkeit deutlich: dass nämlich im Westen veranlagter Unfug, nach Russland exportiert, erst richtig zum Aufblühen kommt.

Die Vorzüge des Ortswechsels bestanden nicht darin, dass ich aus der Hölle ins Paradies übergewechselt wäre; solches war nicht der Fall; es ging einfach darum, dass ich die Problemlage wechselte und die vertraute westliche Problematik aus der Perspektive der postsowjetischen Problematik betrachten konnte. Der Blickwechsel ging ziemlich zügig, da meiner ganzen „Seelenkonfiguration“ nach die russische Mentalität mir näher ist als die westliche; vielleicht ist es dieser Stereoeffekt, der es mit erlaubte, die Sache letztendlich so gründlich zu durchschauen, dass von den reinen Wessis kaum ein Schwein versteht, was ich eigentlich meine.

Dass diese ganze Festgefahrenheit einen in die Verzweiflung treiben kann – weiß ich; versteh manchmal selbst nicht, wie ich es schaffte, mich zu halten. Aber ich hielt mich.

So isses

Samstag, Juli 02, 2011

Lösungssuche

Wenn man sich gemeinsam ernsthaft Gedanken macht über die Bewältigung einer Situation, so ergibt das unweigerlich immer Resultate. Geht gar nicht anders.

Zwar werden ausgedachte Lösungsmöglichkeiten in der Form, wie man sie ausdachte hat, so gut wie nie realisiert; was dann leicht mal als Scheitern fehlinterpretiert wird.

Ausgedachte Lösungsmöglichkeiten sind nämlich in Wirklichkeit nur Orientierungspunkte, welche die ungefähre Richtung angeben; die faktischen Lösungen ergeben sich – mal in allmählicher Entwicklung, mal als unerwartet hereinbrechende Ereignisse – erst im Verlaufe des gemeinsam eingeschlagenen Wegs.

Und allein schon die Zunahme an innerer Sicherheit und Beweglichkeit bei den Einzelnen, die in in solche locker freilassende gemeinsame Lösungssuche involviert sind, ist ein meist übersehenes, aber nicht zu unterschätzendes Resultat.

Was bei solch ehrlichem gemeinsamem Bemühen auf alle Fälle zustandekommt ist die Entwicklung eines komplexen Geflechts aus griffigen wieauch - meist übersehenen - sublimen Veränderungsprozessen.

Um Mißverständnissen vorzubeugen sei aber noch angemerkt, daß bei reinen Zweckgemeinschaften, wo unverrückbar ein vorstellungsmäßig vorweggenommenes Resultat im Vordergrund steht, und auch bei eher theorieverhafteten Vereinigungen, wo man sich als Menschen gegenseitig weniger wahrnimmt und weniger interessiert, oben angedeutetes meist nicht so sehr der Fall ist.

So isses.

Mittwoch, Juni 29, 2011

Temperamentvolles

In meinem Denken bin ich temperamentvoll; und temperamentvoll bring ich meine Gedanken zum Ausdruck.

Manche Mehlsäcke machen mir wegen meines Temperaments den Vorwurf: ich sei nicht objektiv.

Aber ich bin objektiv; bloß fehlt mir die Fähigkeit und der Wille zum blutlosen Theoretisieren und Wortemachen. Wenn ich etwas denkend durchdringe, so tu ich das, weil es mich lebhaft interessiert oder ärgert. Und wenn ich etwas sage, so steh ich mit meiner ganzen Persönlichkeit und meinem ganzen Temperament dahinter.

Ich finde meine diesbezügliche Haltung unbedingt richtig und hab nicht die geringste Absicht, sie zu ändern. Höchstens noch zu verstärken.

Andere wiederum finden, daß ich kopflastig bin. Aber ich bin nicht kopflastig; nicht im Geringsten. Selbiger Eindruck entsteht dadurch, daß rein emotionales gedankenloses Schimpfen und lamentieren wieauch Schimpfen und Lamentieren um des Schimpfens und Lamentierens willen mir genau so fremd sind wie das blutlose Theoretisieren.

 

So sitzt man denn zwischen sämtlichen Stühlen.

Aber das macht nix.

Wieso muß man unbedingt auf einem Stuhl sitzen?

 

Prost.

Sonntag, Juni 12, 2011

Zum Fall Kachelmann

Der Fall Kachelmann hat mich nie sonderlich beschäftigt; Berührung damit hatte ich nur in dem Maße, als beim Lesen deutschsprachiger Nachrichten auf mich einstürmende Schlagzeilen mir irgendwelche Meinungen und Sensationsmeldungen zu dieser mir ansonsten unbekannten Person aufdrängen wollten. Und auch hier erlebte ich das mehr als einen Fall heutiger Medien denn als einen Fall Kachelmann.
Was jener Herr Kachelmann getan oder nicht getan hat, interessiert und interessierte mich nicht, da ich ihn, eben, persönlich nicht kenne, und da es mich auch objektiv gar nix angeht (und selbst wenn ich ihn persönlich kennen würde, würde es mich trotzdem nix angehen)
Interessieren tat mich höchstens die Tatsache, daß ein solch penetranter öffentlicher Wirbel veranstaltet wird mit Dingen, die außer den unmittelbar beteiligten niemanden was angehen, wieauch Art und Motive dieses Wirbels.
Unter diesen Wirbelveranstaltern war wohl niemand, dem es darum gegangen wäre, irgendwie zu helfen oder irgendwo Klarheit reinzubringen. Bei den freiwilligen Akteuren - ich mein nicht die unfreiwilligen, d.h. die unglücklichen Opfer - ging es um Geldverdienen und Profilierungssucht; beim Publikum lag ganz normale Spannerei vor; offenbar hilft der Blick in fremde Schlafzimmer, die tatsächlichen überhand nehmenden Probleme zu vergessen (doch wie sollen die Probleme nicht überhand nehmen bei solcher ins Kraut schießender Dämlichkeit und Ablenkungssucht)
Vor Kurzem stieß ich auf eine Schlagzeile: daß Kachelmann freigesprochen wurde und zurückschlagen will.
Das las ich nun aufmerksam und mit großem Interesse.
Sagen möchte ich dazu:
Ich wünsche ihm wieauch der gesamten ihrer Vernunft noch nicht ganz verlustig gegangenen Menschheit, daß er möglichst vielen involvierten Vertretern von Journaille und Justiz möglichst großen Ärger bereiten kann.
So isses.

Nachbemerkung Mitte November 2011
 Die Fortsetzung – schon nicht mehr den Fall Kachelmann, sondern den Fall deutschsprachige Massenmedien und deutscher Staatsapparat – verfolge ich nun, wennauch mehr aus den Augenwinkeln, schon mit etwas mehr Aufmerksamkeit. 
 Meinem Eindruck nach müssten nun verschiedene Stellen im deutschen Staatsapparat sich energisch um objektive Aufklärung kümmern und, so bei involvierten Mitarbeitern ebendieses Staatsapparates sich schwerwiegende Verfehlungen nachweisen lassen, selbige energisch zur Verantwortung ziehen. Weilnämlich anders, falls selbige Verfehlungen im Zuge des Gegenangriffs von Kachelmann nachweisbar ans Licht kämen, der deutsche Staatsapparat sich weltweit ganz gehörig blamieren könnte.
Doch warum soll er sich nicht blamieren, wenn er unbedingt Wert darauf legt; nich?
 Wer bei Facebook registriert ist kann bei Interesse dortselbst die allgemeine Entwicklung hier mitverfolgen.

Freitag, Mai 20, 2011

Vom Abschiednehmen

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Zwischenhalt auf einer Brücke

Menschen, mit denen man in gewohntem Zusammensein beisammen ist und die selber nicht so recht in Entwicklung begriffen sind, versuchen instinktiv, einen in dem Bild zurückzuhalten, das sie sich von einem machen; und wenn sie spüren, daß man sich zu sehr von diesem Bild entfernt, werden sie nervös und versuchen, einen zurückzuhalten.

Bremsprozesse sind das, die an der Bewußtseinsschwelle oder darunter ablaufen; meist merkt man gar nicht so richtig, was da passiert.

Selbst wurde ich schon früh mit diesem Problem konfrontiert; merkte zunächst nur, daß irgendwas nicht stimmt, ohne zu verstehen, was das genau ist, was nicht stimmt.

Wenn man nicht stehenbleiben kann, kommt es unweigerlich zu einer nicht abreißenden Kette von Abschiednehmen. Auch wenn es manchmal schwer fällt; aber man hat keine Wahl: entweder stehenbleiben und versauern, oder weitergehen und leben.

Manche von den unterwegs Zurückgelassenen verschwanden endgültig am Horizont, mit anderen blieb ein lockerer Kontakt; und eigentlich nur mit wenigen, die sich selber und nicht ihren Gewohnheiten und fixen Vorstellungen treu blieben, blieb ich in dauerndem echtem Kontakt.

Wie Nietzsche sagt:

"Nur wer sich wandelt, bleibt mit mir verwandt."

***

So isses.

Dienstag, Mai 17, 2011

Vom Hochbegabtsein

Zufällig fiel mein blick auf die sich häufenden Angebote von Hochbegabten-Coaching.

Das ist interessant.

Es gibt da also Super-Hochbegabte, welche den einfacheren Hochbegabten anbieten, gegen entsprechendes Entgelt ihnen in ihrem problemreichen Leben mit Rat, Tat und Therapie zur Seite zu stehen.

Ich stell mir das Leben eines Hochbegabten tatsächlich sehr problemreich vor; und sicher haben solche Menschen Hilfe dringend nötig. Allein schon die einen Hochbegabten in ihren Fängen haltende Forderung, immer gescheiter zu sein als andere, mehr zu wissen als andere und mehr zu können; überhaupt: all die Verpflichtungen, die der Status des Hochbegabtseins mit sich bringt, sind geeignet, das Leben zur Hölle zu machen.

Wieviel leichter hat man es da als Dummkopf! Denn als Dummkopf hat man – da man dumm geboren ist – das angestammte Recht, dumm zu sein und darf reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Allein schon dadurch hat man viel weniger Probleme.

Und von den blitzgescheiten Coachern wird auch kaum jemand sich dazu herablassen, ein Dummköpfe-Coaching anzubieten, um uns Dummköpfen das Geld aus der Tasche zu ziehen; so dass auch diese Versuchung uns erspart bleibt. Mal abgesehen davon, dass wir viel zu dumm sind um einsehen zu können, wozu solch ein Coaching überhaupt gut sein könnte.

Mit schwachsinnigen Grüßen

Raymond

Sonntag, April 24, 2011

Richtige und falsche Richtungen

Richtungen kann man im Sinne der öffentlichen Meinung einteilen in richtige Richtungen und falsche Richtungen. Die richtigen Richtungen sind meistens uninteressant und führen in Sackgassen, während die falschen mitunter interessant sind und Neues bringen.

Wer aber eine von der öffentlichen Meinung als falsch betitelte weiterführende Richtung einschlägt, der muß auf jegliche Effekte verzichten, die dazu führen könnten, daß selbige öffentliche Meinung aus nicht in der Sache liegenden Gründen die neue Richtung plötzlich in ihrem Sinne als richtig betrachtet, da der sinnvolle Bewegung versprechende Aufbruch sonst unweigerlich zu irgendwelchem mumifizierten Unsinn erstarrt.

So isses

Donnerstag, März 17, 2011

Vakuumschaffende entscheidende Momente

Das Eintreten entscheidender Momente für einzelne Menschen wieauch für Menschengruppen erkennt man heutzutage daran, daß sich um diese Menschen oder Menschengruppen herum plötzlich ein Vakuum bildet.

Auf der anderen Seite dieses Vakuums – so man nicht eh ungerührt zur Tagesordnung übergeht – beratschlagt man dann vielleicht, was man eventuell unter Umständen tun könnte; und wenn dann aufgetauchte Chancen ungenutzt vorübergezogen sind oder eine vermeidbare Katastrophe eingetreten ist, redet man – so man überhaupt was merkt – vielleicht darüber, was man alles hätte tun können, oder auch: daß der betreffende Einzelne oder die betreffende Menschengruppe sich halt etwas mehr hätte anstrengen müssen oder dies und jenes nicht hätten falsch machen sollen, und alles wäre gut gegangen.

Hab ich alles zur Genüge durchexerziert; am eigenen Leibe wieauch in meiner näheren und ferneren Umgebung, wo ich, da ich als Einzelner nix machen konnte, hilflos dem Vorbeiziehen realer Chancen oder dem Eintreten vermeidbarer Katastrophen hilflos zugucken mußte.

Was die hochwohlgeborenen Herren und Damen Politiker und Journalisten bald schon über die Katastrophe in Libyen lavern werden werd ich übrigens nicht lesen; ich kenn das alles schon.

Wie mir grad einfällt: als ich anfing, dieses wichtige soziale Gesetz zudurchschauen, faßte ich meine Erkenntnisse in einer kurzen Erzählung – fingierter Brief an einen unerwartet wieder aufgetauchten Ertrunkenen – zusammen. Findet man hier.

So isses

Donnerstag, Februar 24, 2011

Ein Mensch in Not

Марсьёнок

Da hat man doch diesem von vielen als „Lichtgestalt“ betrachteten deutschen Verteidigungsminister den Doktortitel aberkannt.

Eigentlich ein armer Kerl. Man sollte ihm helfen.

Mit Rütteln am Doktortitel fängt's an; vielleicht versucht man anschließend noch, durch irgendwelche Winkelzüge zu beweisen, dass er auch seinen Adelstitel zu Unrecht trägt; und zum Schluss kriegt er vor lauter Kummer Haarausfall und setzt Fett an; und was bleibt dann noch übrig? Für das Publikum, im Hinblick auf welches er zur "Lichtgestalt" aufgebaut wurde, wohl gar nix.

Und dann soll es sogar Leute geben, die sich weder durch Doktor- noch Adelstitel beirren lassen und auf welche auch geschliffenes Äußeres keinen Eindruck macht; die einfach nur auf das schauen, was einer ist und was er kann. Von denen kann er, der arme Kerl, sowieso nix erwarten; die werden sagen, er soll bei der Post arbeiten oder sonstwat.

Man sollte schon versuchen, ihm zu helfen; denn wenn die äußeren Stützen, an die er sich doch so gewöhnt hat, fallen - woran soll er, der stützengewohnte, sich dann noch halten?

Nee – man sollte was für ihn tun....

Obige Anmerkung findet man,
zusammen mit verschiedenen thematisch verwandten sonstigen Texten,
in der Sammlung

Der politische Diskurs

Schimpanse_gruen

Dienstag, Februar 22, 2011

Über das online-Leben

Aus einem vorhin abgeschickten Brief an eine Bekannte, die sich über meine dem realen Leben entfleuchende Nutzung des Internet lustig machte. Da det vielleicht allgemein interessant ist und damit der Blog nicht darbe sei es hier veröffentlicht.

  • Das Online-Leben kann, bei rechtem Zugriff, zu einem ganz realen Bereich des ganz realen Lebens werden. Bei näherer Betrachtung ist das bloß eine Metamorphose uralter Gepflogenheiten. Bereits jener Apostel Paulus, zum Beispiel, schrieb vor 2000 Jahren Briefe an Leute, mit denen er zu dem Moment, da er sie schrieb, nicht zusammen war. Und nicht von ungefähr wurden im Laufe der letzten Jahrhunderte Unmengen an Geisteskraft aufgewendet zur Organisation eines funktionierenden Postsystems und, später, verschiedener sonstiger Kommunikationsmittel. Ohne die Möglichkeit, mit Menschen zu kommunizieren, mit denen man im „realen“ Leben räumlich nicht beisammen ist, hätten sich Millionen und Abermillionen menschlicher Schicksale ganz anders entwickelt, als sie es faktisch taten. Und auch das erweiterte Verbreiten von geschriebenem – etwa in Form der traditionellen Bücher – gehört hier mit dazu.
  • Die durch das Internet gegebenen erweiterten Möglichkeiten der Kommunikation führen, neben einer gesunden Erweiterung des „realen“ Lebens, zu unkontrollierten krankhaften Wucherungen, welche, die reale Kommunikation verfälschen und ersetzen (doch auch ohne Internet kennt man im realen Leben den inhaltslosen „Smalltalk“; online schießt der nur, bei solchen halt, die nichts anderes kennen, ins Kraut).
  • Da ich mit verschiedenen räumlich weit von mir entfernten Arbeitszusammenhängen verbunden bin und einen geographisch weit verstreuten Freundeskreis habe, bin ich, so wie früher ähnlich gelagerte Leute die Post benutzten oder noch früher reitende Boten, aufs Internet angewiesen; und sogar habe ich gelernt, eine Sache wie Facebook, wo eigentlich starke Wucherungstendenzen am Wüten sind, in meinem Sinne für mich nutzbar zu machen.

So isses.

Freitag, Februar 18, 2011

Dogmatisches

 

Auch der verbissenste Dogmatiker wird – so seine Verbissenheit ihm noch einen Rest an freier Denkbewegung gestattet – sich mitunter bereitwillig auf ein Gespräch über dogmatische Haltung einlassen; so lange halt, alsbis sein eigenes Dogmensystem als solches erwähnt wird. Dann wird er, je nach Temperament, erstaunt oder verärgert erwidern: Aber das sind doch keine Dogmen; das ist doch – je nachdem – selbstverständlich, evident, göttliche Offenbarung, wissenschaftlich längst bewiesen, oder sonstwat Unumstößliches.

Samstag, Februar 12, 2011

Kulturelles

IMG_6642Vor ein paar Tagen in Budva, nach vergeblichem Versuch, in einer Buchhandlung irgendwas von Bulgakow oder sonstwem in saftigem aufbauendem Russisch zu finden, interessantes Gespräch mit Wladimir: Warum er keine Bücher liest.
Mit leichtem Gepäck kam ich nach Montenegro und bin dort gestrandet. Was geistige Nahrung betrifft bin ich auf Online-Bibliotheken angewiesen; ansonsten: Darben. Und zu alledem noch selber schreiben. Geht fast nicht.
In Budva wimmelt es von Russen. Sogenannte „neue Russen“; größtenteils ungebildetes Volks, das durch Bauernschläue und das postsowjetische Wirrwarr ausnutzende faule Tricks es zu Reichtum brachte. Die Stadt gehört praktisch ihnen. Wladimir mag sie nicht. Ich, nebenbei gesagt, auch nicht.
Solche lesen natürlich nicht; und vor solchem Hintergrund war es naiv, in Budva in einer Buchhandlung nach Bulgakow zu fragen.
Auch Wladimir liest nicht. In seinem Fall ist das erstaunlich. Ehemaliger Mitarbeiter der Tretjakov-Galerie; hat dann sein eigenes Museum gegründet. Hochintelligenter Bursche.
Mein Bedürfnis nach saftiger russischer Literatur verstand er.
Er erklärte mir, warum er selbst nicht liest:
Früher sei es immer wieder mal vorgekommen, daß gebildete fortschrittlich gesinnte Freunde ihm irgendwelche Bücher irgendwelcher moderner Autoren empfahlen. Gewissenhaft habe er am Anfang versucht, die empfohlenen Werke zu lesen; und da es jedes Mal sich so ergab, daß er das jeweilige Werk als ungenießbaren Mist beiseitelegen mußte, hörte er irgendwann auf, Bücher zu lesen.
Ich antwortete ihm:
daß es mir genau so ergangen ist; und zwar, als Zweisprachigem, sowohl mit russischen als auch mit deutschen neuen fortschrittlichen Autoren. Die Mechanismen, nach denen solche, der Sache nach meist völlig blasse und uninteressante Schreiber aufgebaut werden, verstand ich ziemlich früh; das läuft alles nach dem Muster, welches Hans Christian Andersen in seiner Erzählung „Des Kaisers neue Kleider“ vorgestellt hat. All dies erklärte ich ihm; mit dem Hinweis, daß ich, gleich ihm und dem Kind in jener Erzählung, nichts Verwerfliches daran finde, wenn ich den Kaiser nackt sehe. Ich kann ja nix dafür, daß er nix an hat....
Aufgrund solcher Erlebnisse und Einsichten haben mich aber nicht von der Literatur als solcher abgewandt, sondern nur ein gesundes Mißtrauen entwickelt gegen Modeschreiber und überhaupt gegen in sogenannten „soliden“ Verlagen erscheinende neuere Literatur: Ich schau mir das schon gar nicht mehr an.
Wladimir verstand das und meinte, daß im Bereich der Malerei und bildenden Künste genau die gleichen Kräfte und Mechanismen am Wirken sind.
Er lebt mehr mit den bildenden Künsten, hat sich, trotz allem, nicht von ihnen abgewandt und arbeitet weiter engagiert in diesem Bereich; während ich, mehr im sprachlichen Ausdruck lebend, allen Widrigkeiten zum Trotz mich in diesem Element weiterentwickle.
So wurschtelt jeder sich durch auf seine Weise….
So isses
Diesen Text findet man in dem Sammelband

"Einblicke in Abwege"



Samstag, Februar 05, 2011

Pose und Sein

Heute, da die Sprache sich vom Inhalt verselbständigt hat, läßt sich in frommen Worten über fromme Haltungen sprechen und schreiben solcherart, daß nur dem geübten Hörer oder Leser verständlich wird, daß diese Worte als Ersatz dienen für die fehlende Haltung.

Statt Offenbarung lebendiger Gedanken, Element lebendigen Austauschs zu sein, erstarrt die Sprache zur welterretterischen Pose.

Welterretterische Pose aber bindet unser Denken und igelt uns ein gegenüber der Welt. Retten vor solchem Übel kann uns nur der Übergang zu einer radikal ungeistig-asozial-unchristlichen Grundhaltung; und sollten wir uns von solcher Grundlage aus zu geistesgegenwärtigen verantwortungsbewußten weltoffenen Zeitgenossen entwickeln, so wäre das weiter nicht schlimm.

Denn nicht einer weltoffenen verantwortungsbewußten Grundhaltung gilt unsere Kritik, sondern einem die Entwicklung selbiger behindernden Vortäuschen einer solchen.

So isses.

Technorati Теги: ,,,,

Montag, Januar 17, 2011

Vom Nichtverstandenwerden

In klarer Formulierung sagst du etwas und bekommst Antwort auf etwas, was du nicht gesagt hast oder was als zufällige Nebensächlichkeit höchstens ganz am Rande mitschwang.

Ganz hilflos fühlt man sich dabei. Wie wenn du beim Autofahren die Kupplung drückst, und statt des Auskuppelns geht das Licht an, die Hupe hupt los oder das Auto explodiert.

So isses.

Donnerstag, Januar 13, 2011

Von den Funktionierenden

Discussion

Das in Nachfolgendem behandelte Problem wurde an vorliegendem Orte schon von den verschiedensten Seiten aus betrachtet; und wenn es nun schon wieder behandelt wird, so hat das damit zu tun, dass es dem Herrn Verfasser als gewichtig erscheint.

Also:

Viele Menschen verwechseln das Funktionieren der Strukturen, in die sie eingebettet sind, mit ihrem eigenen Funktionieren. Über die Natur dieses Funktionierens machen sie sich keine Gedanken und verachten mit selbstverständlicher Verachtung diejenigen, die ihrem Verständnis nach nicht so gut funktionieren.

Das geht so lange gut, bis sie aus ihren gewohnten funktionierenden Strukturen herausfliegen, oder bis die Strukturen kaputtgehen und sie nicht mehr wie gewohnt tragen können.

Ungeübt im selbständigen Hinterfragen, unfähig, sich in ungewohnten Situationen zurechtzufinden, werden sie dann umso hilfloser, und ihre frühere unreflektierte Überheblichkeit weicht genau so unreflektiertem Beleidigtsein.

Das Potential für künftige soziale Unruhen liegt eben bei diesen unreflektiert beleidigten (von denen viele zu dem Moment, da diese Zeilen geschrieben werden, sich noch in ihrer trügerischen Sicherheit wiegen und keine Ahnung haben, was auf sie zukommt).

Keinesfalls aber liegt ein solches Unruhepotential bei denjenigen, welche die tragenden Strukturen hinterfragen und auf Defekte aufmerksam machen. Der Denkende wird (wenn er nicht vom Denken in destruktive Programme oder sinnlose Emotionalität abschwenkt) immer bemüht sein, die Situation zu verstehen und nach evolutiven Wegen zu suchen.

Die eigentlich kritische Masse für soziale Unruhen liegt bei der jetzt noch satten und zufriedenen Mehrheit.

Das iss nu mal so; kannste nix machen….

Kakerlake-4784

Nachbemerkung

Diesen Text findet man auch in einer Zusammenstellung, die den Titel trägt "Wegmarken auf dem Weg in die Katastrophe"" und die man unter https://dl.dropboxusercontent.com/u/54042052/KL_Wegmarken.pdf  anschauen und/oder herunterladen kann.

Aus dem Vorspann:

"Bewußt bin ich mir, daß zu dem Zeitpunkt, da ich diese Vorbemerkung in den Computer tippe (Ende April 2013), viele Zeitgenossen nicht recht verstehen werden, von welcher Katastrophe hier die Rede sein könnte.

Und im Herbst 2008, als die erste der hier veröffentlichten Notizen zustandekam, waren es zweifellos noch viel mehr.

Doch die Zeiten ändern sich; immer mehr von jenen, die von keiner herannahenden Katastrophe etwas merkten oder merken wollten, werden von deren sich ausweitenden und sich Platz bahnenden Fluten erfaßt oder direkt damit konfrontiert, oder entdecken aus sonstwelchen Gründen, daß irgendwas nicht stimmt."

Doppelnas

Und auch in einer Textzusammenstellung aus dem näheren und ferneren Umfeld des Themenkreises "Bedingungsloses Grundeinkommen" (http://dl.dropbox.com/u/54042052/BGE.pdf) kann man diesen Beitrag finden.

Марсьёнок

Samstag, Januar 08, 2011

Über das Fernsehen

Das Fernsehen hat gegenüber allen anderen Informationsquellen den unbestreitbaren Vorteil, daß es einen bis zur völligen Benebelung einlullt; weswegen man nicht merkt, wie sehr man zum Narren gehalten wird und sich infolgedessen auch nicht unnötig aufregt.

Aber ich schau trotzdem kein Fernsehen. Genausowenig wie ich Alkohol trinke oder Haschisch rauche.

Ich versuche ganz einfach, mit möglichst klarem Kopf den Tatsachen ins Auge zu schauen und irgendwas zu kapieren; ganz egal, wie unangenehm das ist.

Eben.

Mittwoch, Dezember 29, 2010

Technische Zwischenbemerkung

Antworten auf Beiträge, die, ohne erkennbaren Bezug zum betreffenden Beitrag, nur Links enthalten, muss ich leider löschen. Die Links klicke ich aus Gründen der eigenen Sicherheit nicht an; und zur Vermeidung unnötiger Gefahren für die Besucher veröffentliche ich sie auch nicht.

Zur Sache beitragende Antworten und Kommentare sind natürlich jederzeit willkommen.

Sonntag, Dezember 26, 2010

Zwischenbemerkung über meine Schreiberei: wie ich det so mache

 

Ich schaff es nicht, auf einen Gedanken, den ich bequem in drei Sätzen umreißen kann, dreißig Seiten zu verschwenden.

Wozu sollte ich auch...

Wo ich gerafft darstellen kann, tu ich das.

Und wo es gerafft nicht geht – da schweif ich herum.

Dann fiel mir noch auf:

Von irgendeiner Seite her stoß ich knapp und energisch in ein Gedankenfeld, in einen Problembereich hinein, pack was und zieh mich wieder zurück. Um etwas später – manchmal für mich selbst überraschend – von einer ganz andern Seite her auf Neue reinzustoßen. So ergibt sich, aus vereinzelten knappen Zugriffen, nach und nach ein gewisser Überblick.

Das scheint so meine Art (kenn mich noch zu wenig). Vielleicht iss für andere anderes richtig; weiß nicht.

Das meiste schreib ich für mich selbst; und anschließend überarbeite und veröffentliche ich es, aufdaß es – vermutlich nur ein paar wenigen – anderen, denen es von Nutzen sein könnte, von Nutzen sei.

So isses.

Mittwoch, Dezember 22, 2010

Fragwürdiges Kopieren verhärteter traditioneller Strukturen

Ein deutscher Politiker namens Kauder hat laut ZDF-Nachrichten die fortschrittliche Welt in empörte Aufruhr versetzt, weil er Homosexuellenpaaren das Recht streitig machen will, Kinder zu adoptieren.

"Die Bedürfnisse homosexueller Paare müssten in diesem Punkt hinter dem Kindeswohl zurückstehen" meint er.

Ich muß gestehen, dass ich das auch so sehe. Und ich verstehe nicht, warum dieses Volks - das sich doch sonst so fortschrittlich gibt – mit solch sklavischer Nachahmungswut die traditionelle Familie kopieren will.

Wobei auch die Adoption in einer „normalen“ Familie natürlich nicht vor Katastrophen schützt.

Ich weiß das aus eigener Erfahrung. Denn ich bin in einer solchen normalen Familie aufgewachsen, sogar einer sehr normalen, mit sehr glänzender äußerer Fassade, die hinter dieser glänzenden Fassade, wie so viele richtige Familien in unseren fortschrittlichen Zeiten, durch und durch verfault war. Jahre brauchte ich, um mich von solcher Kindheit zu erholen, mich aus dem ganzen Mief herauszuarbeiten. Und ich weiß, daß es vielen so geht.

Und trotzdem: wenn ich versuche mir vorzustellen, wie es ist, statt in traditioneller Gutbürgerlichkeit in der nicht-traditionellen Gutbürgerlichkeit einer Homosexuellenehe aufzuwachsen – wird mir schlecht.

Denn, gottverdammtnochmal, wir sind doch unserer grundlegenden Anlage nach alle Heterosexuell; oder? Wäre es anders, so wäre die Menschheit längst ausgestorben. Mann und Frau sind nicht nur körperlich voneinander verschieden, sondern auch seelisch; und das Zusammenspiel zwischen männlicher und weiblicher Psyche müsste, denk ich, eine ganz andere Atmosphäre schaffen als ein männliches Einerlei (bei Lesbenpaaren – wo es nicht ideologisiert fanatisch wird – könnte es etwas weniger unerquicklich sein; weiß nicht). So oder so entsteht, wie mir scheint, fast zwangsläufig eine widernatürliche Atmosphäre, die der kindlichen Entwicklung normalerweise nicht sehr bekömmlich sein dürfte.

Warum leben diese Homosexuellenpaare nicht einfach zusammen? Niemand stört sie dabei. Warum versuchen sie krampfhaft, aus der Heterosexualität heraus entstandene eheliche Gemeinschaften nachzuahmen? Und warum fordern sie mit solcher Selbstverständlichkeit, daß man ihrer Nachahmungswut unschuldige Kinder opfert?

Muss doch nicht sein.

Der Tendenz nach werden die Menschen heutzutage immer individueller, und entsprechend wird auch das menschliche Miteinander immer vielgestaltiger. Die traditionellen Formen von Familie, von Mann-Frau Beziehung überhaupt, und selbst die üblichen Vereine, Vereinigungen können diesem sich seine eigenen Formen suchenden Miteinander schon nicht mehr gerecht werden; und wo man es hineinzupressen sucht – geht’s leicht mal schief; es kommt zu Zersetzungserscheinungen.

Am besten, man hört auf, traditionelle Formen sklavisch zu kopieren und versucht, bewusst aus dem konkreten Miteinander jeweils die entsprechenden Formen herauszugestalten. Nach außen hin mögen solche bewußt gestaltete Formen dann mitunter Ähnlichkeit haben mit den überlieferten traditionellen; aber es ist doch ein Unterschied, ob das Leben sich seine Form schafft, oder ob es in eine bestehende Form hineingepresst wird.

Entsprechende Versuche gibt es ja schon seit langem; spätestens seit den 68-ern die Kommunenbewegung – die aber ihre Vorläufer hat – stellte die überkommenen Formen in Frage. Das war aber alles stark ideologiedurchsetzt, und die verschiedenen Ideologien und Unterideologien waren und sind nicht minder gewalttätig als die Traditionen; aber es wurde immerhin mal was in Frage gestellt. Heute gibt es dafür Sachen wie die Swingerbewegung und alle möglichen chaotischen Anarcho-Richtungen; schon mit weniger Ideologie bzw. mit fast überhaupt keiner, dafür sehr spontan, lustbetont und chaotisch.

Alles nicht das, aus dem heraus sich sinnvolle Formen für menschliches Miteinander entwickeln könnten, aber deutliche Symptome für diffuses Suchen nach Auswegen aus einer Sackgasse.

Entwickeln können sich solche Formen aus einer Art „diszipliniertem Anarchismus“, der sich fernhält von der Versklavung durch Tradition, Ideologie und Biologie, und dafür aus aktivem Verstehen des konkreten Miteinander nach Formen sucht.

Und auch Homosexuelle könnten, statt die traditionellen Familienformen zu kopieren, ihre eigenen Formen des Zusammenlebens entwickeln. Niemand hindert sie daran.

Nur – Finger weg von heranwachsenden Menschen, die sich nicht wehren können!

So isses

Dienstag, Dezember 14, 2010

Über Randgruppen

Die Verwendung des Begriffs „Randgruppe“ hängt vom Gesichtspunkt ab. Betrachtet man, zum Beispiel, die heutige soziale Situation vom Gesichtspunkt der geistigen Beweglichkeit und der bewussten Verarbeitung von Lebenserfahrung, so erscheinen die braven Bürgersleut mitsamt ihren Promis als Randgruppe.

Betrachtet man es hingegen aus der Perspektive der gutbürgerlichen fixen Vorstellungen, so sieht det natürlich wieder ganz anders aus; aber mir scheint, dass es nicht schlecht wäre, wenn wir uns aus dem Verheddertsein in fixen Vorstellungen so nach und nach zu einer lebendigen Begrifflichkeit herausarbeiten würden, weilnämlich sonst die Sache gründlich schiefgehen könnte.

Eben.

Prost.