Samstag, April 27, 2013

Absurdologische Etikettenanalyse

 

VORUM

Nicht darum geht es, mit welchen abgegriffenen Etiketten man sein Tun oder Scheintun beklebt, sondern darum, was man tatsächlich tut.

Die üblichen abgegriffenen Etiketten vernebeln – nicht nur für die Umgebung, sondern meist auch für einen selbst – das reale dynamische Sein.

Ich selbst, zum Beispiel, bin von Beruf Absurdologe. Dieses Etikett ist noch nicht im Gebrauch, fast niemand kann etwas damit anfangen oder glaubt, etwas damit anfangen zu können; und deshalb darf ich es getrost benutzen.

So isses.

Anmerkung

Das Etikettenfoto hatte ich in meiner Absurditätensammlung und fügte es aus einer Laune heraus als Titelbild hinzu.

Borjom bzw. Borjomi ist ein wohlschmeckendes georgisches Mineralwasser, benannt nach einem gleichnamigen Kurort.

Die georgische Aufschrift kam, wie ich vermute, wie folgt zustande:

Jemand hatte das original georgische Etikett mit der Aufschrift vor sich sowie einen georgischen Zeichensatz. Aus dem Zeichensatz wählte er nach Augenmaß Zeichen aus, die irgendwie zu passen schienen: ვორუმ. Drei Zeichen hat er richtig getroffen; aber insgesamt liest die von ihm geschaffene Aufschrift sich nicht wie "Borjom", sondern wie "Worum".

Hätte er ბორჯომ, oder, noch besser, ბორჯომი geschrieben, so wäre es richtig.

Da aber auf solch lustige Weise beim Etikett geschludert wurde, muß man vermuten, daß man es auch mit dem Inhalt nicht so genau nahm.

 

Dienstag, März 19, 2013

Der Fall Katja Riemann

Zufällig stieß ich beim Überfliegen deutscher Schlagzeilen auf die Probleme einer Schauspielerin namens Katja Riemann, die sich in einem Interview nicht ganz so verhielt, wie ihr Publikum das wollte, und dadurch einen Vorgang auslöste, welchen man in heutigem Deutsch "Shitstrom" nennt.

Die weiter unten erwähnte gestutzte Aufzeichnung der Sendung hab ich mir bei Focus Online angeschaut. Da direktes Verlinken im fernen Deutschland mit Problemen behaftet sein kann, will ich trotz sicherer Entfernung kein Risiko eingehen und schiebe die Verantwortung auf das bekannterweise tolerante Yasni; wer will findet dortselbst unter dieser Adresse eine Linksammlung zu besagtem Thema; darunter auch das Link zu jenem Zusammenschnitt.

Also:

Die Sendung hab ich mir nicht angeschaut (schau mir sowas sonst überhaupt nicht an; wüßte nicht, wozu ich sollte); nur neugierdehalber die gestutzte Aufzeichnung. Die Frau verfügt unübersehbar über intellektuelles Potential, und die Dummheit und Banalität der Fragen irritierte sie.

Aber da sie beruflich mit Fernsehen und Umfeld zu tun hat, hätte sie doch wissen müssen, was auf sie zukommt? Nun, vielleicht wußte sie es auch, sah sich bloß aus beruflichen Gründen genötigt, es auf sich zu nehmen und wollte, sich doof stellend, die Sache irgendwie hinter sich bringen.

Und wurde dann während des Interviews von einem Anfall nicht zu überwindender Klarheit und Sachlichkeit heimgesucht.

Könnte sein. Wär möglich.

Daß die Fragen dumm und banal waren lag nicht am Interviewenden, sondern liegt, wie mir scheint, in der Natur der Sache. Solche Interviews und Talk-Shows wirken auf mich wie reine Zeitauffüllung, die weder die Beteiligten noch das Publikum weiterbringt und auch nicht darauf angelegt ist, jemanden weiterzubringen.

Was könnte man in einer solchen Situation für Fragen stellen, die real interessant sind und sich knapp und intelligent beantworten lassen?

Geht einfach nicht.

Die Ehrlichkeit, mit der sie gegen die Banalität abblockte, hätte das Publikum doch, mitsamt Interviewer, im Gegenteil als einen Lichtblick empfinden müssen: als ein Durchbrechen des mechanisierten unsinnigen Trotts?

Aber offenbar hat man sich so sehr an den Trott gewöhnt, daß man sein Durchbrechen in Richtung auf eine gesunde Normalität als Ärgernis empfindet.

Eben.

Montag, März 11, 2013

Von strandenden und gestrandeten Schiffen

 

Beim Sichten meiner Notizen stieß ich auf einen der Ausarbeitung harrenden Text aus Zeiten sich konzentrierender Guttenbergiaden und Wulffiaden, den ich nun, da er mir interessant scheint, unbearbeitet hier veröffentlichen möchte, aufdaß er nicht verlorengehe. Vielleicht arbeite ich das noch aus; oder auch nicht (wozu sollte ich eigentlich)?

Also:

Die schon länger zurückliegende Sache mit diesem unglückseligen Kapitän Francesco Schettino von der unglückseligen auf einem Felsen gestrandeten "Costa Concordia" ist in gewisser Hinsicht eine interessante Ergänzung zu Wulffiade und Guttenbergiade, wieauch zu der Situation verschiedener weiterer als Steuerleute auftretender Persönlichkeiten auf den strandenden und gestrandeten Schiffen unsere Weltgeschehens.

In Sachen Repräsentation nämlich.

So ein Riesenschiff ist ja ein technisch und logistisch perfekt durchorganisiertes Ganzes; so perfekt, daß manches von selbst zu laufen scheint und teilweise wie ein gut programmiertes Computerprogramm tatsächlich teilweise von selbst läuft.

Laut Medienberichten war jener Francesco Schettino, bevor er Kapitän wurde, auf ebenjenem Schiff jahrelang als Sicherheitsoffizier tätig. Doch was soll es auf einem solch perfekt eingerichteten Organismus schon für Sicherheitsprobleme geben; nich? Es reicht, durch seine Präsenz in seiner Sicherheitsoffiziersuniform die Sicherheit des Schiffes zu repräsentieren und sein Gehalt zu kassieren; alles andere läuft von selbst.

Und später stolzierte er dann in seiner Kapitänsuniform herum und repräsentierte dieses ohne ihn funktionierende Schiff als Ganzes.

Und so gut funktionierte dieses von anderen organisierte Ganze, daß er völlig vergaß: daß er reale Befehlsgewalt hat und reale Verantwortung trägt. Man hat den Eindruck, daß er sich rein als Repräsentant fühlte: wie ein Politiker halt, der herumreist und seine Reden hält und die andern machen läßt; und kann ihn verstehen: daß er das so erlebte.

Und wie er denn so eines Tages das Steuer selbst in die Hand nahm und aus irgendwelchen Gründen vom vorgeschriebenen Kurs abwich – und was soll er nicht vom Kurs abweichen; er, der aufgrund jahrelanger Erfahrung von der Gewißheit durchdrungen ist: daß sowieso nix passieren kann – setzte er sein Schiff prompt auf einen Felsen; und weil nun plötzlich alles so furchtbar kompliziert wurde und er sich nicht mehr zurechtfand – beschloß er, den Ort des Geschehens zu verlassen.

Einer, dem jahrelange Erfahrung die Gewißheit eingepflanzt hatte: daß er bloß repräsentiert und daß die andern det schon machen, und der eben in diesem repräsentierenden Untätigsein seine Arbeit sieht; und der dann in einem kritischen Moment plötzlich merkt: daß er Verantwortung trägt und handeln muß.

Und keine Ahnung hat, wie das geht und was er nun tun soll.

So isses

Montag, März 04, 2013

Von den kulturellen Werten

„Im Bemühen, einen alles erstickenden unguten Zwischenzustand zu überwinden, müßte man, was man heute „Kultur“ nennt, erst mal richtig und in aller Gründlichkeit auf den Kopf stellen; und wenn wir das geschafft haben: endlich mal versuchen, uns zu kultivieren.“

(Wilhelm von Dorten)

Was man heute als „Kultur“ bezeichnet, ist ein wirrer Eintopf aus traditionell übernommenen Äußerlichkeiten und sonstigem Unsinn, der mit dem ursprünglichen Kulturbegriff kaum noch zu tun hat.

Im ursprünglichen Sinne ist Kultur nämlich ein mehr oder weniger bewußt durchgeführter Kultivierungsprozeß; und all die Gebäude, Bilder, literarische Werke sind bloß aus diesem Prozess heraus entstandene Wegmarken.

All die sogenannten „kulturellen Werte“ sind Resultate eines lebendigen „Kultivierungsbemühens“ und streben darnach, in Fortführung eines bewußten Prozesses sich weiterzuentwickeln oder, falls sie nicht mehr in die Zeit hineinpassen, im Laufe der weiteren Kultivierung abzutreten und sich durch passendere ersetzen zu lassen („Was gut und böse ist das weiß noch keiner; es sei denn: der Schaffende“ sagt Nietzsche ganz richtig. Wo kein bewußtes Streben, Kultivieren vorliegt, ist auch kein Unterschied zwischen Gut und Böse, zwischen Schön und Häßlich; man lebt und 'empfindet' rein nach Vorschrift oder nach Gewohnheit)

Natürlich verbessert ein bewußtes „Sichkultivieren“ das soziale Miteinander. Wer stumpfsinnig in engsten Horizonten seinem erbärmlichen Behagen lebt und ohne Andeutung eines eigenen Gedankens seine Promis nachplappert und nachahmt – von dem ist sozial wohl nicht viel zu erwarten.

Im weiteren zwei Links zu den Arbeiten bereits verstorbene Zeugen jenes sich bereits über endlose Jahrzehnte dahinerstreckenden Degradierungsprozesses, in welchem Kultur als bewußter Kultivierungsprozeß zur Kultur als trübem Eintopf von Äußerlichkeiten verkommt:

Genealogie des Bildungsphilistertums

Phrase, Konvention, Routine

Und wenn nach und nach aufgrund des zunehmenden sozialen Chaos mitsamt Wirtschaftchaos die Mittel knapp werden für das Konservieren und Reproduzieren übernommener Werte, so verdanken wir selbiges ebendiesem vermurxten Kulturbegriff, der Entwicklung durch Konservieren und Reproduzieren erstetzt.

Denn zum Funktionieren des sozialen Zusammenwirkens braucht es wache sich entwickelnde Menschen.

So isses

Freitag, März 01, 2013

Vom Rechthaben

Wer, in ein eingeengtes Weltbild eingeschlossen, alles, was in dieses Weltbild nicht reinpaßt, als schrullig, idiotisch oder verrückt abtut, der tut solches im Sinne seiner Sichtweise mit voller Berechtigung; und da seine Enge ihm nicht gestattet, den Realitätsbezug selbiger Sichtweise zu hinterfragen, hat er auf seine Weise natürlich vollkommen Recht.

So isses

Sonntag, Februar 17, 2013

Von den letzten Zuckungen der Großen Sattheit

Bei dem Finanzchaos ist ein Jeder, der den schrumpfenden Kreisen der noch halbwegs "Etablierten" angehört, dauernd direkt oder um ein paar Ecken herum an der Ausbeutung völlig Wehrloser beteiligt. Man kann nicht alles boykottieren; kann sich höchstens mit dem Gedanken trösten, daß man zu jedem Moment auch selbst aus seiner relativen Bewegungsfreiheit zu den völlig Wehrlosen rübergeschoben werden kann.

Um überleben zu können, müssen die Firmen knapp kalkulieren; und dadurch kommt es automatisch zu katastrophalem Mißbrauch (von dem nur vereinzelte Spritzer ins Bewußtsein der Öffentlichkeit gelangen)

Extreme Ausbeutung gab es auch während der "satten Jahre"; nur nicht ganz im heutigen Umfang und nicht ganz so sehr vor der eigenen Haustür.

Auch die Fluggesellschaften, zum Beispiel, müssen, um überleben zu können, knapp kalkulieren, da sonst die Zahl derjenigen, die ihre Dienste noch nutzen können, katastrophal abnimmt.

Der Durchschnittspassagier merkt vielleicht manchmal, daß bei der Versorgung an Bord nicht immer alles so ist, wie er es wünscht. Daß bei der knappen Kalkulation wo immer möglich Abstriche an der Wartung der Flugzeuge gemacht werden müssen und daß, da das Einstellen weiterer Piloten zu teuer käme, die vorhandenen bis zur Übermüdung im Einsatz sind – merkt man weniger.

Fliegen wird immer gefährlicher; und selbst wer das weiß – fliegt trotzdem. Weil wir unter den heutigen Bedingungen auf Mobilität angewiesen sind.

So lang halt, bis gar nix mehr oder fast gar nix mehr läuft.

Zu lang ließen wir uns durch die Sattheit einlullen und schlummerten stillvergnügt vor uns hin. Und nun haben wir den Salat.

Schwierig.

Donnerstag, Februar 07, 2013

Von echten und unechten Doktortiteln

Etikettenschwindel ist möglich bei einem Publikum, das den Sinn für Inhalt verloren hat und sich ausschließlich an Etiketten orientiert

(Wilhelm von Dorten)

♦♦♦

In Deutschland greift die Mode um sich, doktortitelbewehrte Politiker zu überprüfen, ob besagte Titel unter Beachtung der Spielregeln erworben wurden.

Was insofern sinnvoll sein kann, als dadurch dem breiten Publikum sonst verborgen bleibende Scheinheiligkeiten sichtbar werden.

♦♦♦

Ansonsten stellt sich die Frage, ob bei inhaltsblindem Publikum nicht jedes beliebige Etikett als Augenwischerei und Schwindel zu betrachten ist: Da es doch auf etwas hinweist, was sich der Urteilsfähigkeit des Konsumenten entzieht?

So daß, zum Beispiel, bei einem akademischen Titel es ohne jeden Belang wäre, ob selbiger unter Beachtung irgendwelcher vorgeschriebener Regeln erworben wurde, oder ob man ihn unter deren Mißachtung erschwindelt hat?

♦♦♦

Könnte sein. Wär möglich.

Eben.

Sonntag, Februar 03, 2013

Von Gurus und Politikern

Weder Guru möchte ich sein noch Politiker.

♦♦♦

Als Guru kannst du den größten Blödsinn verzapfen, den deine Anhängerschaft dann zur Weisheit zurechtdeutet; als Politiker mußt du, umgekehrt, bei jeder Bewegung darauf achten, daß man dir – so man dich weg haben will oder die die Journaille auf der Suche nach neuen Skandalen ist – daraus keinen Strick drehen kann.

♦♦♦

Moderne Gurus müssen nicht dauernd im Lotossitz herumhocken und dürfen sich normal kleiden. Was natürlich gut ist.

Aber es ist trotzdem nervig, wenn einem jeder Blödsinn zur Weisheit verdreht wird. Nicht einmal von Herzen herumblödeln kann man noch.

Manche beginnen der Einfachheit halber irgendwann, es ihren Anhängern nachzutun und sich auch selbst für unfehlbar zu halten.

Und werden darüber genau so einfältig wie ihre Anhänger.

Doch selbst wenn man dieser Gefahr nicht zum Opfer fällt, isses immer noch nervig.

♦♦♦

Als Politiker wird man gut gefüttert; was zweifellos positiv ist.

Aber dafür lauern jede Menge Gefahren.

Guckt man einer Journalistin in den Ausschnitt, ist man sexistisch, guckt man ihr nicht in den Ausschnitt, ist man verklemmt. Geht man an einer am Wege liegenden Bananenschale vorbei, ohne sie aufzuheben, so fehlt einem der Sinn fürs öffentliche Wohl; hebt man die Bananenschale auf und tut sie in den Abfallkübel, so macht man die Straßenfeger arbeitslos und hat keinen Sinn für den Arbeitsmarkt; rutscht man auf der Bananenschale aus, so fehlt einem die für das Amt benötigte Standfestigkeit.

♦♦♦

Alles in Allem: Guru oder Politiker soll werden, wer Lust hat; für mich wäre das nichts.

♦♦♦

So isses

Samstag, Februar 02, 2013

Zwei Tyrannen

StepanStalin

Bei Nachrichten, auch bei Nachrichten aus der russischen Presse, weiss man nie so genau, was in welchem Maße stimmt und was in welchem Maße ernst gemeint ist.

Zwei Nachrichten, die am gleichen Tag, und zwarnämlich am ersten Februar 2013, auf der russischen Nachrichtenseite Smartnews.ru erschienen, über zwei nicht sehr weit auseinanderliegende Städte an der Wolga.

♦♦♦

Die erste betrifft die Stadt Samara.

Dort schickt man sich an, dem Stepan Rasin ein Denkmal aufzurichten.

Und zwar nicht, im üblichen Sinn, als edlem Volkshelden und Volksbeglücker, sondern als blutrünstigem Tyrannen.

Was irgendwie erleichtert und zweifellos ein Fortschritt ist. Denn Stepan Rasin war, bei allem instinktiven Suchen nach "Gerechtigkeit", ein blutrünstiger Tyrann, der, wenn man ihn hätte machen lassen, auch weiter außer sinnlosem Gemetzel nichts zustandegebracht hätte. Ihn als Volkshelden zu führen ist zumindest nicht ganz sauber, und seine Entthronung zweifellos ein Fortschritt.

Man fühlt sich, eben, erleichtert.

Vielleicht auch nicht ganz so wichtig. Denn der Stenka ist schon lange tot und lebt höchstens noch klein wenig in Legenden weiter.

Aber eine gewisse Läuterung wäre es, wenn's stimmt, trotzdem.

Und auch ein Fortschritt.

♦♦♦

Etwas später geht dann die Rede von einer zweiten Stadt, ein Stück weiter südlich, wolgaabwärts gelegen, die ursprünglich den Namen Zarizyn trug, heute Wolgograd genannt wird und zwischendurch auch unter dem Namen Stalingrad bekannt war.

Die möchte man zurückbenennen in Stalingrad. Erneut benennen also nach jenem stumpfsinnigen blutrünstigen Tyrannen Jossif Wissarionowitsch Dshugaschwili, der sich Stalin nannte.

" Вице-премьер Дмитрий Рогозин в пятницу заявил о своем положительном отношении к идее переименования Волгограда в Сталинград"

"Der Vize-Premierminister Dmitri Rogosin hat am Freitag erklärt, daß er den Gedanken, Wolgograd in Stalingrad umzubenennen, positiv bewertet."

Det iss nu ein Hammer.

Zwar ist auch der Jossif Wissarionowitsch schon lange tot; aber noch nicht ganz so lange, und die Früchte seiner Taten sind noch nicht verblaßt; auch wenn manche sie nicht sehen wollen.

♦♦♦

Problem ist, daß es für die Sowjetunion nie etwas in der Art der Nürnberger Prozesse gegeben hat. Und wenn manche der sowjetischen Massenmörder hingerichtet wurden, so geschah das im Zuge interner Machtkämpfe, und nicht aufgrund objektiver Sichtung ihrer Schuld.

Wer nicht blind ist sieht natürlich, daß in Deutschland die Nazimentalität "in verwandelter Gestalt grimmige Gewalt" übt.

Aber daß man in Deutschland eine Stadt nach Stalins Kollegen in "Hitlerstadt" umbenennt – wäre undenkbar.

So isses.

Freitag, Februar 01, 2013

Warum ich so Beuys-allergisch bin

Dorten_Kuenstler

Josef Beuys hatte seinerzeit die Geistesgegenwart und den Mut, durch spritziges, den Rahmen des sterilen "allgemein Anerkannten" sprengendes Verhalten sich der dumpfen Verschorftheit unseres fortschrittlichen Daseins entgegenzustellen.

Durch sein Auftreten leistete er einen gewichtigen Beitrag, daß der verhärtete Grund an manchen Stellen aufgepflügt wurde.

Doch niemand ist perfekt; und so machte auch der Beuys ein paar offensichtliche Fehler (die aber sein Pionierverhalten in keiner Weise schmälern können).

Beuys machte, unter anderem, den Fehler, daß er anfing, verschiedene Äußerlichkeiten seines formensprengenden Tuns allzu ernst zu nehmen; so daß er, statt den Weg frei zu machen für lebendiges Gestalten, neue Verschorfungen schuf.

Und einen zweiten, mit dem ersten organisch verbundenen Fehler beging er: daß er nämlich gestattete, ihn zum Guru zu machen.

Dadurch versickerte der reale Kern seiner "sozialen Plastik" (möglicherweise von ihm selbst unbemerkt) in leerem Theoretisieren und belanglosen "sozialen" Spielereien, ohne daß er, dieser reale Kern, im realen Sozialen irgendwie fruchtbar werden könnte. Denn das reale Soziale wird von den Spielereien nur verdeckt.

♦♦♦

Wie sich in meinen Augen die erstarrte soziale Plastik ausmacht hab ich, ohne irgendwem zu nahe treten zu wollen und unter voller Anerkennung der realen Beuys'schen Leistung, mal hierselbst knapp skizziert.

So isses.

Dienstag, Januar 29, 2013

Zum Fall Brüderle

"Wenn dem Kleinkind der Schnuller aus dem Bette fällt, beginnt es reflexhaft zu weinen. Und der kindgebliebene Erwachsene, wenn er ein Schlagwort hört, wirft sich reflexhaft in Positur und beginnt zu plärren; wobei der Inhalt seines Geplärre davon abhängt, welcher Herde er sich zugehörig fühlt."

(Wilhelm von Dorten)

Womit die Mechanik dieses "Skandals" in aller Knappheit umrissen wäre. Auf das Inhaltliche braucht man nicht einzugehen; denn wo das Denken durch bedingte Reflexe und Etikettenkleben ersetzt wird – wird der Inhalt zur unwichtigen Nebensache.

Det iss dann einfach nur noch komisch.

So isses.

Samstag, Januar 26, 2013

Das von Dorten’sche Manifest

Aufgeblasene Klugscheißerei find ich nicht minder unerquicklich wie gedankenloses Gebrabbel.

In meinem Elemente fühl ich mich dort, wo man

  • mit gedanklicher Disziplin locker zur Sache kommt

oder

  • bewußt in aller Lockerheit den Blödsinn auf die Spitze treibt.

(Wilhelm von Dorten)

So isses

Mittwoch, Januar 23, 2013

Vom Tiefschlaf und von eingefrorenen Aufwachmomenten

Es kann einen Fortschritt bedeuten – und meist bedeutet es einen Fortschritt – wenn man sich aufrafft und den Mut aufbringt, seinen Schmerz oder seinen Unmut in Worte zu fassen und mitzuteilen.

Ein Moment des Aufwachens ist das, bei dem einem dämmert: daß mit der gewohnten 'Normalität' wohl irgendwas nicht in Ordnung ist.

♦♦♦

Doch damit ein solcher Moment des Aufwachens in ein wirkliches Fortschreiten übergeht, kann solches nur ein sich mehr oder weniger lang – aber nicht allzulang – dahinziehender Übergang sein.

Macht man aus dem Schmerz- oder Unmutbekunden eine Religion, so mündet ein solcher Moment des Fortschritts in Stagnation und Rückschritt.

Dann trifft man sich etwa in 'Selbsthilfegruppen', wo man sich von früh bis spat gegenseitig die Wunden leckt und die 'normale Welt' bittet, 'einen doch bitte so zu nehmen, wie man ist' (hab ich mal hier näher unter die Lupe genommen)

Oder weiß nichts Besseres zu tun, als herumzudemonstrieren und alle aufzurufen, 'sich zu empören'.

♦♦♦

Zu den im berufsmäßigen Empörtsein, im Berufsdemonstrantentum oder Schlimmerem steckenbleibenden Aufwachmomenten sei gesagt:

Daß es weder die "Empörten" weiterbringt noch sonst zu irgendwas nütze ist.

Das reine "Dagegen" hilft schon seit langem nicht mehr; die Zerstörungskräfte sind stärker. Das langsam sich ausbreitende Berufsdemonstrantentum verhärtet nur die Fronten und beschleunigt das Herannahen der Katastrophen. Eine Zeitlang war wohldosiertes Demonstrieren sicher sinnvoll, da es weitere Kreise darauf aufmerksam machte: daß irgendwas nicht stimmt; bloß wurde es, wie nun mal alles in gedankenentleerten Zeiten, zu einer mechanisiert ablaufenden Institution:

Zwei Maschinerien im Kampf gegeneinander; ein Kampf, in dem sie sich letztendlich bloß gegenseitig stärken und gemeinsam normale lebendige Entwicklung verunmöglichen.

♦♦♦

Es fehlen Ideen; und selbst wo sie, die Ideen, mal entwickelt werden, verwandeln sie sich sofort in tote politische Programme: statt, daß man sie lebendig weiterentwickeln würde, um sie real in den immer spärlicher werdenden Möglichkeiten, und sei es in allerkleinsten Kreisen, hineinzuverkörpern.

Wir haben zu lange geschlafen und haben in unserem Tiefschlaf nicht gelernt, uns lebendig mit der lebendigen Realität auseinanderzusetzen. Und nun zappeln wir, wo wir aus dem Tiefschlaf heraus plötzlich aufmerken, bloß hektisch herum.

Und viele merken noch immer nicht, was los ist und was auf sie zu kommt. Manche verfügen nun mal über ausgeprägte Fähigkeiten, sich in ihrem Jetzt-Zustand zu verbarrikadieren und geflissentlich alles zu verdrängen, was dieses Jetzt in Frage stellen könnte.

Sich im Status der "Erfolgreichen" verbarrikadierende brave Bürger in Deutschland etwa verachten die dortigen Hartz4-Versager und sonstige "Asoziale" und verstehen gar nicht, daß ihr "Erfolgreichsein" an einem seidenen Faden hängt und daß sie sich in ein paar Monaten in genau der gleichen Lage wiederfinden können.

♦♦♦

Griffig kann man diese Jetzt-Hörigkeit der braven Bürgermentalität anhand der Endphase des zweiten Weltkriegs studieren. Die Amerikaner und die Sowjets standen vor der Tür; und die an die Unverrückbarkeit des Status quo gewohnten braven Bürgersleut' jagten und ermordeten unverdrossen abgeschossene amerikanische Flieger, Juden und Vaterlandsverräter, um kurze Zeit später, verhaftet und konfrontiert mit der Feststellung, daß das alles wohl nicht ganz richtig war, die Welt nicht mehr zu verstehen.

An dieser Mentalität hat sich eigentlich nicht viel geändert; bloß das es jetzt nicht ganz so spektakulär ist.

Die weitverbreitete geistige Unbeweglichkeit und das unhinterfragte Kleben am "Jetzt" ist eine der Wurzeln der immer wieder aufbrechenden Katastrophen. Für eine normale Entwicklung braucht es geistig bewegliche Menschen; und wo man schläft, entsteht beim Schlafwandeln nu mal allerlei Unheil; kann man nix machen…

Und auch das berufsmäßige 'Sichempören' ist, wie gesagt, ein Kleben am 'Jetzt'; ein Weiterschlafen nach kurzem Moment des Aufwachens; nur daß das Festkleben einen Schritt weiter geschah, als bei den braven Bürgersleuten.

So isses.

Freitag, Januar 11, 2013

Von Kriminellen und von anständigen Bürgern

affe

'... Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage…"

(Goethe)

Der Begriff 'kriminell' bezieht sich auf Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung der Lebensführung mit den geschriebenen Gesetzen.

Die geschriebenen Gesetze ändern sich. Vor gut siebzig Jahren gab es, zum Beispiel, in verschiedenen europäischen Landstrichen Gesetze, die verboten, bestimmte Vorfahren zu haben, bzw. jenen, die den Fehler begangen hatten, verbotene Vorfahren zu haben, Schutz zu gewähren. Diese Gesetzte sind inzwischen nicht mehr gültig; aber nur als Beispiel, wie die Gesetze kommen und gehen.

Für den braven Durchschnittsbürger ist von jeher ein braver Durchschnittsbürger derjenige, der mit dem jeweils gültigen Gesetze in Einklang lebt; und sowieso kann er, der brave Durchschnittsbürger, sich zu einem gegebenen Momente gar nicht vorstellen, daß es andere Gesetze geben könnte. Und da gilt nun die Kunst, sich im Rahmen der geschriebenen Gesetze so zu bewegen, daß man ohne Konflikte für sich den größtmöglichen Vorteil herausschlägt; und wo das gelingt, ist man brav und erfolgreich; ganz egal, wieviel Elend man dabei für andere schafft.

Daneben gibt es dann noch – um einen Goetheschen Ausdruck zu benutzen 'das Recht, da mit uns geboren'. Doch von selbigem ist, wie Goethe gleichfalls richtig anmerkt, 'leider nie die Frage'. Oder höchstens ganz mal am Rande.

Im günstigen Fall widerspiegelt eine Verfassung das das 'Recht, das mit uns geboren'. Bei den meisten Verfassungen in den sogenannten zivilisierten Ländern scheint das trotz Allem auch weitgehend, mehr oder weniger, so zu sein.

Doch das nützt alles nix, wenn

  • das geschriebene Gesetz durch Personen oder Kreise, die hierzu über die entsprechende – politisch oder wirtschaftlich gestützte – Macht verfügen, stellenweise nach Belieben außer Kraft gesetzt wird. Im Allgemeinen macht der brave Bürger mit seinem gesetzesbasierten Moralverständnis bei den Mächtigen eine Ausnahme: da sie nämlich über unangefochtene Macht verfügen, gehören sie in seinen Augen zu den "hochgradig Erfolgreichen"; und hochgradig Erfolgreiche dürfen sich außerhalb des Gesetzes stellen, ohne kriminell zu sein.
  • Das Gesetz beamtenhaft-stumpfsinnig so ausgelegt wird, daß 'Vernunft zu Unsinn wird, Wohltat zur Plage'. Wer unverschuldet auf solchen Wegen mit dem Gesetz in Konflikt kommt, der gilt für das brave Bürgerverständnis als Krimineller oder zumindest als Versager.
  • Die Formulierungen des geschriebenen Gesetzes von braven Bürgern systematisch nach Schwachstellen abgesucht werden, um sie, sich selbst zum Gewinn, für andere Bürger zu Unsinn und Plage werden zu lassen (besonders griffig zu studieren anhand der zur Zeit in deutschen Landen wütenden Abmahnungsseuche)

Die Hauptsache aber besteht allemale darin, daß der brave Bürger über klare Kriterien verfügt, wer als braver und wer als nicht braver Bürger zu betrachten iss.

So isses.