Montag, Juli 30, 2012

Von den berühmten Weisen




„Der lebenswidrige Mißbrauch,
die reaktionäre Ausbeutung
antiliberaler Ideen
kann nicht siegreich sein.“

Auf Facebook erblickte ich ein Foto, welches, denkmalhaft vornehm in Guß gegossen, obiges Zitat zeigte.

Ein Name stand nicht drunter; und die Fotografin fragte sich: Von wem das wohl sein mag?


Dieser vornehm aufgemachte Jargon belustigte mich, und ich kommentierte:

Erst mal kapieren, was das bedeuten soll. Ich kapier gar nix. Ob man vielleicht die antiliberalen Ideen schützen sollte, damit niemand sie reaktionär ausbeutet?

Und im Weiteren dann deutlicher werdend:

Reinster nichtssagender marxistischer Jargon. Man könnte es auseinandernehmen und eine kurze Groteske daraus zusammenbasteln; dann wäre es wenigstens zu etwas nütze. Glaub nicht, daß es von Marx ist; der war ja noch kein Marxist und pflegte vermutlich auch eine klarere Sprache. Könnte von Lenin sein oder Stalin oder von einem dieser DDR-Helden. Ulbricht vielleicht...


Recherchen via Google ergaben dann: dass das Zitat von Thomas Mann stammt. Und zahllose hochgelahrte Abhandlungen spuckte Google noch zusätzlich aus, denen ebendieses nichtssagende Gebrabbel als Epigraph diente.

Dies fand ich nun ausserordentlich interessant.

Ick meine nicht das Zitat an sich (meine unumstössliche Meinung dazu hab ich weiter oben bereits wiedergegeben), sondern die kritiklose Autoritätshörigkeit unserer lieben Zeitgenossen:

Da die Aussage von Thomas Mann stammt, ist sie von unbestreitarem Wert.

Für mich zwar nicht. Ich bin zum Glück nicht hochgelahrt und darf mir daher den Luxus erlauben, mich auf Logik und Sprachgefühl zu verlassen.



Noch ein kurzer Auszug aus meinen weiteren Auslassungen:

Von der Formulierung und der Wortwahl her ist das Zitat wirklich in solchem Maße daneben, daß man es zu einem kurzen Groteskical verarbeiten könnte. Vielleicht mach ich es noch; bloß nicht mehr heute abend.

Die Floskel "reaktionäre Ausbeutung" ist, für sich genommen und vor allem durch deren weitverbreiteten Mißbrauch, schon außerhalb jeden Kontextes genügend komisch. Und dieser Komismus nun auf die Floskel "antiliberale Ideen" bezogen - iss einfach ein Geniestreich der unfreiwilligen Komik.

Eben diese verstreuten Anmerkungen hatte ich jetzt grad eben zu einem längeren zusammenhängenden Kommentar ausarbeiten wollen; doch kaum hatte ich mich hingesetzt, um meinen Vorsatz in die Tat umzusetzen, wie auch schon sich vor mir die Frage hinstellte:

Wozu denn das gut sein sollte?

Und ich beschloss, es bleiben zu lassen.



Es mag ja sein, daß der Thomas Mann irgendwas ganz Edles damit gemeint hat; doch für einen Menschen, der als berühmter, der deutschen Sprache mächtiger Schriftsteller gilt, klingt ein solch primitiver Jargon doch etwas erbärmlich; nich? Sicher hat er sich an anderen Stellen besser und prägnanter ausgedrückt.

Dem Thomas Mann aber wünsche ich von Herzen, daß irgendwann mal Zeiten anbrechen werden, die weniger durch Autoritätshörigkeit geprägt sind als die unsrigen [was, so die Menschheit in ihrer dumpfen Autoritätshörigkeit die Welt nicht vorher zugrunderichtet, durchaus passieren könnte] und daß eine solche zukünftige Menschheit nur die Aussagen von ihm zitieren wird, die des Zitierens würdig sind und nicht, seinem Rufe zum Schaden, seine Ausrutscher zu Weisheiten hochstilisiert.


So isses.

Dorten_Fortschrittsausweis

Samstag, Juli 21, 2012

Von den wissenschaftlich attestierten Wurzeln des Konservativismus

Irgendwo las ich, als Argument gegen den Konservativismus, daß laut wissenschaftlichem Befund (was den einen der Papst, ist den andern „die Wissenschaft“)

„geringe Denkleistungen, die den Dingen nicht auf den Grund gehen, sondern an der Oberfläche stehen bleiben, Konservativismus produzieren […], der sich u.a. durch persönliche anstatt systemische oder gesellschaftliche Verantwortung, Akzeptanz von Hierarchien und die Vorliebe für den Status quo auszeichnet“

Daß dem so ist liegt sowieso auf der Hand; da braucht man keine autorisierten Fachleute, um solches zu „entdecken“.

Aber es ist auch kein Argument, mit dem man oberflächlich denkende aus ihrem oberflächlichen Denken herausreißen könnte.

Höchstens kann man sie dazu bringen, daß sie ihr Image aufpolieren, um nicht mehr als oberflächlich denkende dazustehen. Daß sie, ohne ihr oberflächliches „Denken“ aufzugeben, sich fortschrittlich wirkenden Bewegungen anschließen; vielleicht sogar selbst welche gründen? Anfangen, in fortschrittlich wirkenden Jargons zu sprechen?

Solches wirkt dann sehr fortschrittlich; aber ändern tut sich nichts.

Die Leute mit fertigen nachzuplappernden Gedanken vollzustopfen - geht, wenn man grad an der richtigen Stelle sich befindet - recht einfach.

Die Leute dazu zu bringen, sich zusammenzurotten und dreinzuschlagen ist – bei entsprechender Konstellation – überhaupt nicht schwierig.

Aber wie man die Einzelnen dazu anregen könnte, sich in selbständigem Denken zu ergehen – keine Ahnung. Dürfte extrem schwierig sein.

Und zum Teufel mit allem Konservatismus mitsamt aller Fortschrittlichkeit.

So isses.

Mittwoch, Juli 18, 2012

Zitiertwerdende Autoritäten

 

Mit eigenen Gedanken erreichst du niemanden.

Mit fremden Zitaten –

kurzes gedankenloses beifälliges Nicken.

Und wenn in einer tiefschürfenden Analyse eine beglaubigte & anerkannte Autorität dem Volke die Wurzeln und Früchte seiner Autoritätshörigkeit vor Augen führen würde –

so würde er damit kurzes gedankenloses beifälliges Nicken hervorrufen; und weiter ginge man über zu seiner autoritätsbestimmten Tagesordnung.

Das Leben iss lustig

(Wilhelm von Dorten)

Dorten_Zwiebel

Sonntag, Juli 08, 2012

Von der Konkurrenz

«Die Linke wittert schon Konkurrenz»

- las ich irgendwo zum Fall Ponader.

Aller Allergie gegen Parteiengebrabbel zum Trotz hab ich mir dann auch flüchtig angeschaut, was diese „Linken“ da zu sagen haben. Die Überschrift reichte schon:

„Ein jammernder Piraten-Bundesgeschäftsführer, ein „Shit-Stürmchen“ und eine entlarvende Auseinandersetzung“

Hierzu drängt es mich zu sagen:

Wer vernunftgetragenes aufrechtes Vorgehen als Konkurrenz betrachtet und es auf Biegen und Brechen zu verkleinern sucht, der lebt eben in infantilem Konkurrenzdenken und ist zu vernunftgetragenem sinnvollem Handeln noch nicht herangereift. Soll er sich denn in der Sicherheit seines wohlorganisierten Parteien-Wir geborgen fühlen.

Wer Gespür hat für vernunftgetragene Aufrechte – der freut sich einfach, wo er solche feststellt, daß es sogar heute noch solche Leute gibt, und daß die sich sogar in die Politik verirren können, und wird – wo es sich ergibt – ohne private Profilierungssucht und abseits allen Parteiendenkens höchstens unterstützend eingreifen.

Nicht allein die Macht der „großen Politik“ kämpft sinnvolle Ansätze nieder; einen unverzichtbaren Verbündeten bei diesem Niederkämpfen hat sie in kleinkariertem Konkurrenzdenken und Parteiengemauschel.

So isses.

Dienstag, Juni 26, 2012

Zum Weltgeschehen im Allgemeinen

Manchmal, wenn man sich das Weltgeschehen so anguckt, scheint einem alles so irreparabel kaputt, daß es einen schon nicht mehr interessiert, auf welchen Wegen es weiter kaputtgemacht wird.

Und sowieso scheint so manches Volks sich zur Zeit nur für Fußball zu interessieren. Vielleicht merken die auch nicht, was es sonst noch so gibt.

Viele scheinen eh mit Elefantenhaut versehen, durch die nix durchdringt; die merken erst, daß was nicht stimmt, wenn man ihnen sie, d.h. die Haut, abzieht.

Dafür findet unsereiner immer wieder einen Durchschlupf, die Katastrophe von der komischen Seite zu betrachten.

Jedem das Seine.

So isses

Dienstag, Juni 05, 2012

Von dem alles verkomplizierenden Facettenreichtum unseres Daseins

Was ich wirklich meine ist für gradlinig denkende manchmal schwer zu verstehen.

Eigentlich meine ich, unter verschiedener Gewichtung, die verschiedensten Dinge gleichzeitig. Sogar solche, die sich gegenseitig auszuschließen scheinen.

Man kann die Welt – inklusive seiner selbst – von den verschiedensten Seiten her betrachten; und je nachdem von wo man guckt ändern die Dinge ihre Gewichtung.

Hinzu kommt, daß ich mir manchmal einen Plausch draus mache, vereinzelte Blickwinkel zu überzeichnen.

Ein Elefant im Porzellanladen iss schlecht.

In der Savanne isser hinwiederum an seinem Platze (wobei man auch hier, je nach Blickwinkel und wenn er, zum Beispiel, einem in der Savanne auf die Zehen tritt, die verschiedensten Plus-und Minuspunkte ausmachen kann).

Alles in Allem: er ist da, und es geht darum, die zahllosen Facetten des Kontextes zu verstehen, in dem er „da“ ist.

***

Wer sich nicht selbst befehlen kann, braucht über sich eine Autorität, die ihm das Befehlen abnimmt. Hier ist Autorität am Platze.

Eine unmündige Autorität, die sich, ohne etwas zu verstehen, in alles einmischt und alles nach ihrem Bilde und Gleichnis einrichten will, kann denjenigen, die sich nicht selbst befehlen können, keine rechte Hilfe sein, und hindert die zu Eigenständigkeit fähigen an eigenständiger Aufbauarbeit.

Auch die Autorität hat so ihre verschiedenen Facetten.

***

Det iss so, wenn man hinguckt und versucht, zu verstehen, was schon da ist (für diejenigen, die das nicht so gründlich und von allen Seiten betreiben, ist alles natürlich sehr viel einfacher: es ist gut oder schlecht, man ist dafür oder dagegen;  und fertig)

Noch komplizierter und facettenreicher als beim Erkennen dessen, was da ist, ist es mit dem Handeln.

Wie Goethe ganz richtig sagt:

„Der Handelnde ist immer gewissenlos; es hat niemand Gewissen als der Betrachtende.“

Das ist nu mal so. Es ist dem Handelnden nicht möglich, sämtliche Folgen seiner Tat ins Auge zu fassen und zu berücksichtigen; und nicht selten sieht man sich gezwungen, zwischen „größerem“ und „kleinerem“ Übel zu unterscheiden; und selbst die edelste Tat ist begleitet von bewußt in Kauf genommenen oder unbeachtet mitlaufenden größeren oder kleineren Übeln.

***

Wenn jemand in den Fluß gefallen ist, und ich eile hin, um ihn herauszuziehen, so ist das natürlich in gewisser Hinsicht begrüßenswert.

Doch jemand kann mir vorrechnen, daß ich bei meinem Dahineilen das Gelege eines unter Naturschutz stehenden Vogels kaputtgemacht habe, daß ich drei gleichfalls unter Naturschutz stehende Käfer zertrat, und daß ich jemanden, mit dem ich verabredet war, warten ließ und daß der sich bei der Warterei einen Schnupfen holte.

So isses.

Dienstag, Mai 15, 2012

Dummheit als Erscheinungsform konsequent ausgelebter Klugheit

Wer denkend dem Auftauchen von Fragen und Problemen nachforschet kommt, so er darüber nicht einschläft, zu der Entdeckung, daß Fragen und Probleme nur von des Denkens Gnaden leben und ohne selbiges gar nicht vorhanden wären.

Vermutlich liegt hier der Grund, warum so viele Zeitgenossen es vorziehen, sich des Denkens weitmöglichst zu enthalten: weil sie nämlich, klüger als wir, dieses fatale Gesetz schon früher entdeckten und für sich die Konsequenzen zogen.

Was man gemeinhin Dummheit nennt wäre somit bloß eine Erscheinungsform im rechten Sinne sich selbst verstehender Klugheit.

Именно.

Sonntag, Mai 13, 2012

Von einem König, einem Weisen und einer Königin


Ein Weiser kam zu einem König und sagte irgendetwas sehr Gescheites.
Der König verstand kein Wort, nickte verstehend und schickte den Weisen reich beschenkt wieder nach Hause.
„Vielleicht bin ich wirklich zu sehr unterentwickelt,“ sagte der König zu seiner Frau, als sie alleine waren.
„Du bist nur vergeßlich,“ antwortete die Königin. „Wenn du nicht vergeßlich wärest, würdest du dich erinnern, daß du ihn vor zwei Monaten selbst zum Weisen ernannt hast. Damals konnte er nicht bis drei zählen, und heute auch nicht; nur daß er, seit du ihn zum Weisen ernannt hast, sich etwas komplizierter ausdrückt.“
„Ach so ja, stimmt,“ antwortete der König.


So isses

Montag, Mai 07, 2012

Vom Bekehren

Zum Selberdenken, zum Hinterfragen von Festgefahrenheiten und Vorurteilen kann man durch gezieltes Fragen anregen; oder auch, indem man – etwa in literarischer Form – die Vorurteile und Festgefahrenheiten locker und ungezwungen in ihre verschiedenen absurden und komikbehafteten Verästelungen weiterverfolgt.

Keineswegs aber kann man zum Selberdenken anregen, indem man plakativ neue Inhalte vorsetzt. Wo wirklich selber gedacht wird werden die Inhalte vom Denkenden selber geschaffen; das muß man schon ihm überlassen.

Wo solches nicht beachtet wird stolpert man, gemeinsam mit den „zu bekehrenden“, nur von einer Festgefahrenheit in die andere.

Wer agitierend bekehren will, ist selbst befangen.

Nachbemerkung 1:

Womit natürlich nix gegen das Vorstellen von Inhalten gesagt sei; ist nur die Frage, wie man das bewerkstelligt. Womit man lebt, was man selbständig von allen Seiten durchdenkt und durcharbeitet, stellt man – fast automatisch – auch so dar, daß es für andere zur Anregung und nicht zur Mausefalle wird.

 

Nachbemerkung 2:

Und auch die plakative Form hat für verschiedene Bereiche unseres Daseins ihre Berechtigung. Wenn in der Gebrauchsanleitung eines Geräts geschrieben steht, daß ich zum Hervorrufen einer gewünschten Funktion erst die taste A und dann die Taste B drücken muß, und daß ich auf keinen Fall zuerst die Taste B drücken darf, weil sonst alles durcheinander kommt, so werde ich sklavisch bestrebt sein, alles genau so zu tun, wie es da steht; ohne die geringste Ahnung zu haben, was zwischen dem richtigen oder falschen Drücken der Tasten und dem Erscheinen der gewünschten Funktion oder des angedrohten Durcheinander in dem Gerät für Prozesse ablaufen. Besonders in unserer elektronikgeprägten Zeit, wo man gar nicht die Möglichkeit hat, sich über jede technische Einzelheit schlau zu machen, geht das gar nicht anders; auch wenn es von manchen – wie zum Beispiel von mir – als lästig empfunden wird.

Nur bei Lebensfragen (darunter: sozialen Fragen), die nach realem unmittelbarem lebendigem Verstehen drängen, ist das nun mal nicht angebracht und funktioniert auch nicht; selbst wenn es zunächst manchmal so aussehen mag, als funktioniere es.

So isses.

Mittwoch, Mai 02, 2012

Von den Esoterik-Supermärkten

 

Zwiebelguru

Manche laufen durch dieses ganze Esoterik-Angebot wie durch einen Supermarkt; und wenn sie sich dann für eine ihnen zusagende Ideologie entschieden haben, können sie sich in der wohligen Gewißheit wiegen: daß sie fortan jeden beliebigen Blödsinn von sich geben dürfen, der – da sie ja nun zu den Auserwählten gehören – keinesfalls Blödsinn ist, sondern allerhöchste Weisheit.

Dürfen sie ja.

Ich aber sage euch: ehe man sich ans Esoterische macht, sollte man sich erst mal um elementare Redlichkeit, elementares Unterscheidungsvermögen und elementares Verständnis für Menschenwürde kümmern; das Weitere ergibt sich dann; und zwar ganz unspektakulär und ohne jeden Hokuspokus.

Wo ich aber merke, daß ihr euch nicht mal in diesen elementaren Gebieten orientiert – kann eure ganze Esoterik mir gestohlen bleiben.

***

[und daß ich mit meinen spinnigen Ansichten den esoterikkonsumierenden und esoterikvertreibenden Herrschaften genauso gestohlen bleiben kann ist klar. In der Hinsicht versteht man sich]

[Erste Nachbemerkung:

ich meine ausdrücklich „Esoterik“ als Konsumgut. Das „Übersinnliche“ beiseite zu schieben kann mir nicht in den Sinn kommen; allein schon die Tatsache, daß ich elementares Bewußtsein habe und daß ich unterscheide zwischen „Sinnlichem“ und „Übersinnlichem“ ist übersinnlich; und bei entsprechender Redlichkeit und Unterscheidungsvermögen kommt man da fast automatisch in die verschiedensten erweiterten Bereiche hinein. Doch ist das überhaupt nicht spektakulär, nicht konsumierbar und als Machtmittel für herrschsüchtige Gurus und Päpste nicht zu gebrauchen]

[Zweite Nachbemerkung:

Das Bestreben, zwischen den verschiedenen esoterischen und religiösen Richtungen und Systemen zu vermitteln kann hilfreich sein für den Aufbau der Pose als militant toleranter und fortschrittlicher Zeitgenosse; rein von der Sache her ist es Unsinn. Esoterik lebt aus der selbständigen individuellen Entwicklung; als totes System, das man „schwarz auf weiß nach Hause tragen kann“ ist „sie“ ein Unding.

Ein „guter Mensch in seinem dunklen Drange“ (um es knapp in einer Goetheschen Formulierung auszudrücken) kann sich diese Dogmensysteme nach Lust und Laune anschauen, kann sich von diesem und jenem – und selbst von dem größten Blödsinn – für seinen weiteren Weg auf seine Weise inspirieren lassen; und die Systeme als Ganze läßt er links liegen. – Ein System aber, dem man sich unterwirft, wird in erster Linie zu einem seelischen Gefängnis, das jede Entwicklung abwürgt. Und wozu es – außer Ehrgeizbefriedigung – gut sein könnte, zwischen den verschiedenen Arten seelischer Gefängnisse zu vermitteln – mag mir nicht einleuchten.

Doch bin ich geistig sehr zurückgeblieben und beschränkt; aus welchem Grunde mir natürlich sehr vieles verschlossen bleibt]

So isses.

Eben.

Zwiebelguru

Montag, April 30, 2012

Das Argument „erst mal bei sich selbst anfangen“ als Abwehr gegen die Notwendigkeit „erst mal bei sich selbst anzufangen“

Als Ergänzung zu dem Blogeintrag „Die Andern

***

Sicher ist es richtig, daß der Mensch, so er die Welt verändern will, erst mal bei sich selbst anfangen soll.

Wenn einer das so sagt, und es tatsächlich auch so meint, geh ich mit ihm einig.

Vorausgesetzt: er meint es wirklich so.

Wenn aber jemand – was typisch ist – mit dem Argument „du suchst die Schuld immer nur bei den andern“ gedankenlos die Schilderung von Unstimmigkeiten beiseiteschiebt, weil er sich gedankenlos und unhinterfragt dem Geschilderten verbunden fühlt – der benutzt das Lippenbekenntnis vom „erst mal bei sich selbst anfangen“ bloß als Abwehr gegen die Notwendigkeit, tatsächlich „erst mal bei sich selbst anzufangen“.

***

Der Mensch ist ein soziales Wesen; „innere“ und „äußere“ Veränderungen gehen nahtlos ineinander über.

Wer seine eigenen Unstimmigkeiten geflissentlich übersieht, sie gar teilweise in Stärken uminterpretiert – dessen Eingriffe in die Welt werden die Spuren von diesen seinen Unstimmigkeiten tragen.

Auf der andern Seite haben die sozialen und kulturellen Bedingungen einen unübersehbaren Einfluß auf Leben und Entwicklung des Einzelnen (klingt komisch, das überhaupt zu erwähnen; doch noch komischer ist, daß manche das nicht zu wissen scheinen); und diese Bedingungen können mitunter von solcher Art sein, daß selbst die begabtesten, charakterstärksten, selbstkritischsten Persönlichkeiten zu Untätigkeit und Untergang verdammt sind.

***

Eben.

Sonntag, April 29, 2012

Originalität und Schrulligkeit

So du in ehrgeiziger Originalitätssucht krampfhaft bemühst bist, „anders zu sein als andere“ – so hast du gute Chancen, daß man dich mit deinem Manierismus als originell betrachtet und als fortschrittlich.

So du aber locker und unverkrampft in eigener Weise und in eigenem Stil eigene Gedanken äußerst, die sich zufällig mit keiner der offiziellen Sichtweisen decken – so ist das schrullig und fremdartig.

Da kenne sich einer aus.

Iss aber im Prinzip egal.

Donnerstag, April 26, 2012

Die “Andern”

Man soll nicht immer „den anderen“ die Schuld geben. Hört man immer wieder.

Wer brav in unhinterfragten mehr oder weniger funktionierenden Strukturen vor sich hin lebt und die „weite Welt“ nur aus Erzählungen kennt – dem bleibt mitunter unverständlich: daß es Situationen geben kann, in denen man ohne Unterstützung aufgeschmissen ist und wo auch fromme Predigten über Menschheitsfortschritt nicht weiterhelfen. Man ist ganz real auf „Andere“ angewiesen; und wenn diese „Anderen“ sich in ihrer abgeschlossenen Welt mit frommen Predigten gemütlich machen und für alles andere kein Interesse haben – dann passiert es halt, daß hoffnungsvoll Begonnenes untergeht, mitunter zusammen mit den Initiatoren. Oder auch, daß sinnvolle Ansätze gar nicht erst richtig zustandekommen und bereits „in statu nascendi“ auseinanderfließen.

Es gibt Situationen, da nützen alle Fähigkeiten, alle Charakterstärke nix: Der Mensch ist aufgeschmissen.

Was interessierte den SS-Mann, der eine Gruppe Verdammter in die Gaskammer dirigierte, ob da irgendwelche darunter sind, die irgendwelche Bücher geschrieben haben, mal zu irgendwelchen Nobelpreisen nominiert waren, oder generell vielleicht ganz andere Lebensaufgaben hätten, als nun in der Gaskammer zu verrecken? Interessierte ihn nicht; basta.

Was heißt hier: man soll nicht immer den „Anderen“ die Schuld geben? Es waren die „Anderen“, die diese Menschen in die Gaskammern dirigierten; von sich aus wären sie da nicht hineingegangen.

Und was für diese griffige extreme Situation gilt, gilt genauso für viele andere Situationen; auch wenn viele es nicht wahrhaben wollen.

Was ist mit den anonymen Massen, die in Deutschland via Hartz4 in ein neues Untermenschentum abgedrängt werden? Was können die noch tun? Nix können sie tun. Vereinzelte schaffen es vielleicht; aber auch nur dann, wenn sie in ihrem Umfeld ein paar „Andere“ haben, mit denen sie sich zusammentun können.

Es geht da auch gar nicht darum, mitleidsvoll von oben herab Nächstenliebe walten zu lassen und irgendwelchen Armseligen mit Almosen auszuhelfen.

Wie Goethe richtig sagt:

„Einer allein hilft nicht; es hilft, wer sich mit vielen zur rechten Stunde verbündet“

Das ist etwas anderes als fromme Predigten. Doch dazu braucht es Wahrnehmungsfähigkeit und über die engen vier Wände hinausgehendes Interesse.

Fromm Predigen iss natürlich einfacher; da braucht man das alles nicht.

Bloß bringt es nix

Doch die Lage ist nicht aussichtslos.

Da die unhinterfragte tragende Strukturen unübersehbar am Kaputtgehen sind, werden auch viele von diesen autistischen Predigern nach und nach die Chance bekommen zu lernen: daß sie ohne „die andern“ nix machen können.

So isses

Freitag, April 13, 2012

Grassiade

“Die Wulffiade ist vorbei, die Grassiade scheint am Abflauen. Was kommt als nächstes?
Der Mensch von heute liebt den weit ausholenden Kaffeeklatsch; und sicher findet sich bald die nächste Mücke, die sich zu einem Elefanten aufpusten läßt, aufdaß sie von den realen Elefanten ablenke.”

(Wilhelm von Dorten)

Nach der Wulffiade begann die Grassiade. Mich wunderte, daß Grass – der doch aber um einiges intelligenter scheint als der Wulff – auf all diesen Schwachsinn überhaupt reagierte.

So von der Seite, aus den Augenwinkeln betrachtet wirkt det alles recht komisch: wie Journaille und Literatursnobs mitsamt Stammtischpropheten sich in Positur werfen und, Entrüstung markierend, referieren zu diesem Gedichte, das viele – wie sich herausstellte – nicht einmal gelesen haben.

Von einer Bekannten, die sich durch diesen Hokuspokus nicht einfangen ließ, hörte ich die Ansicht: das sei eine unter den Hauptinitiatoren besagter Grassiade – inklusive Grass selbst – abgesprochene Werbekampagne; der Verlag hätte genau gewußt, was er tut; und in Deutschland würde heute kein solider Verlag es wagen, ohne Absicherung irgendwas „antisemitisches“ zu veröffentlichen.

In dem ganzen Vorgehen erblickte sie gewisse Momente von „Magie“; und den „Zauberspruch“ – das Gedicht also – habe sie gar nicht gelesen.

Für das Weitere möchte ich von dieser ihrer Sichtweise ausgehen:

Ich halte es für unwahrscheinlich, daß es sich um eine gezielt aufgezogene Werbekampagne handelt; würde aber nicht zur Gänze ausschließen, daß dem doch so ist. Möglich ist alles: Gezielt ein paar untereinander verbundene „soziale Steuerpunkte“ setzen, und die analphabetische Herde aus Journaille-Fußvolk, Literatursnobs und sonstigen Schwätzern läuft, wohin man will.

Selbst hab ich jenes Gedicht noch nicht gelesen, da das Gemache drum herum mich zu sehr anekelt. Vielleicht lese ich es irgendwann, wenn das Gewusel sich gelegt hat. Oder auch nicht.

Rein theoretisch, ohne das Gedicht gelesen zu haben, würde ich nicht ausschließen, daß es keine Spur antisemitisch ist. Nämlich läßt sich – wie die Erfahrung zeigt – bei geschicktem demagogischem Vorgehen jedem beliebigen Sachverhalt jedes beliebige Etikett anhängen und damit jeden beliebigen Grad von Massenhysterie entfesseln. Bei Leuten mit etwas weiterem Horizont, die sich zu weit an die Öffentlichkeit wagen, passiert es ja leicht, daß sie mit den allerverschiedensten teilweise einander widersprechenden Etiketten bedacht werden (Solschenizyn, zum Beispiel, war gleichzeitig Judenknecht und Antisemit, russophob und russischer Nationalist, und vieles andere mehr).

So daß möglicherweise weder Grass noch der Verlag irgendwelche Absichten in Richtung werbewirksamen Skandal hatten und daß das Geplärre einfach so losging. Mir scheint das am wahrscheinlichsten; aber um wirklich zu kapieren, was gelaufen ist, müßte ich es mir natürlich näher anschauen.

Ob man jenes Gedicht als „Zauberspruch“ bezeichnen kann, weiß ich nicht da ich es – wie gesagt – nicht gelesen habe; kennen tu ich nur den „shitstrom“. Daß aber die Bewußtseinsmanipulation, welche Menschen in Herdenvieh verwandelt und solche „Shitströme“ möglich macht, ins Reich der schwarzen Magie hineinragt – würd ich auch sagen.

Wenn ich jenes Gedicht nicht lese, so nicht, weil ich Angst vor irgendwelcher magischer Wirkung hätte, sondern weil der „shitstrom“, in den es eingebettet ist, mich ganz elementar anwidert. Vielleicht taugt es sogar was; ich kann es nicht sagen. Es ist, wie wenn man in einer Kloake irgendwas erblickt, das vielleicht interessant sein könnte; aber nur deswegen, weil es vielleicht interessant sein könnte, in den Dreck greifen – muß ja nicht sein. Vielleicht lese ich es, wenn der Dreck getrocknet und abgefallen ist.

So‘n Shitstrom lebt ja aus den verschiedenartigsten in verschiedener Dosierung gleichzeitig wirkenden treibenden Kräften. Eine davon ganz sicher – Eitelkeit und reine Lust am Ausleben von Geschwätzigkeit. Was man sicher nicht findet ist gedankliches Aufarbeiten. Auslöser sind irgendwelche Schlagwörter, Reizwörter. Ein solches Reizwort ist „Antisemitismus“.

Günstigstenfalls verbindet man ja mit einem Wort irgendeinen Begriff, oder, anders ausgedrückt: man meint etwas damit. Mitunter bzw. häufig ist es auch so, daß mit einem und dem gleichen Wort – ohne daß man es durchschauen würde – ganz verschiedene Begriffe gemeint sind; dann meint halt jeder was anderes, und man redet aneinander vorbei. - Ein Wort als Schlagwort oder Reizwort hat nur ein ganz spärliches begriffliches Anhängsel; nicht mehr als es braucht, um reizausübend wirken zu können.

Wenn dem Kleinkind der Schnuller aus dem Bette fällt, beginnt es reflexhaft zu weinen. Und der kindgebliebene Erwachsene, wenn er ein Schlagwort hört, wirft sich reflexhaft in Positur und beginnt zu plärren; wobei der Inhalt seines Geplärre davon abhängt, welcher Herde er sich zugehörig fühlt.

Vor 70 Jahren wurden in Deutschland und den von Deutschland eroberten Gebieten aus unerfindlichen Gründen zahllose Menschen amtlich zu Juden erklärt, als solche entwürdigender Drangsalierung unterzogen und in großer Zahl ermordet. Manche wußten, daß sie jüdische Vorfahren hatten, manche bekannten sich zur jüdischen Religion; und nicht wenige erfuhren erst auf amtlichem Wege, daß sie „Juden sind“ und der für solche vorgesehenen Drangsalierung unterliegen. – Nun gut; die Frage, was für einen Begriff man mit dem Wort „Jude“ verband, hab ich mal in einem früheren Blogeintrag  angedeutet; das würde jetzt zu weit führen, det noch einmal aufzurollen.

Vor 70 Jahren wurden Millionen von Menschen sinnlos entwürdigender Drangsalierung unterzogen und systematisch ermordet.

Vor 70 Jahren.

Konkrete Menschen; auch wenn es so viele waren, daß die Einzelschicksale – auch die erleuchtetsten Geister, die stärksten Charaktere – in der Masse untergingen.

Ich würd sagen: wer sich heute mit dem Etikett „Jude“ schmückt, um das Elend jener Menschen vor 70 Jahren zur Erlangung irgendwelcher Vorteile oder gar als Rechtfertigung für eigenes widermenschliches Verhalten zu mißbrauchen – der macht sich nicht nur ebenjenes widermenschlichen Verhaltens schuldig, sondern auch des Verrats an denjenigen, die damals unter der Naziherrschaft litten und deren Leiden für ihn nun willkommenes Alibi ist.

Eine lesbare Auseinandersetzung mit der Grassiade fand ich hier. Für das im Mainstream mitschwimmende seriöse Volks ist das nur ein unseriöser Blogger; aber als unseriöser Blogger darf er sich dafür den Luxus leisten, sorgfältig zu recherchieren und seine Aussagen nachprüfbar zu untermauern.

So isses

Mittwoch, März 14, 2012

Am Beispiel der Wulffiade skizzierter Umriß einer der Schaffung harrenden Metapromik,

Chrino
Zufällig entdeckte ich auf meiner Festplatte einen zur Zeit der auslaufenden Wulffiade getippten Entwurf, den ich, obwohl die Wulffiade inzwischen schon der Vergangenheit angehört, trotzdem veröffentlichen möchte, weilnämlich keimhaft darin enthalten ist die Entwicklung einer Wissenschaft über die Hintergründe des Promikultes – der sogenannten Metapromik – und weil ich in unserer – auch so natürlich recht fortschrittlichen Zeit – eine solche Wissenschaft für unverzichtbar halte.
Also denn:
Man kuckt sich so an, was in der Welt vor sich geht, und mag schon gar nichts mehr dazu sagen.
 Was die Deutschen da für ein Gewulffe treiben iss, zum Beispiel, lebendige Satire.
Dieser Wulff iss einfach ein braver Durchschnittsbürger; nicht besser und gescheiter, aber auch nicht schlechter und dümmer als andere brave Durchschnittsbürger; und gleich allen anderen nutzt er zu seinem Vorteile, was sich irgendwie nutzen läßt; innerhalb der Grenzen des gesetzlich erlaubten und manchmal auch ganz leicht außerhalb (das „Recht, das mit uns geboren“ wollen wir da weiter nicht in Betracht ziehen, da von dem, wie Goethe schon richtig anmerkte, eh „nie die Frage“ ist und man gemeinhin das „Gute“ mit Beachten der geschriebenen staatlichen Gesetze gleichsetzt).
Daß das Leben ihn, diesen Wulff, in Umstände hineinführte, die mehr Nutzbares boten als die Umstände, in denen andere brave Durchschnittsbürger zu leben haben, ist nicht seine Schuld; und er nahm, was im Rahmen der Gesetze - und vielleicht auch mal leicht darüber hinausgehend - sich nehmen ließ. Genau wie auch andere, die durch das Leben in solche besser bestückte Gefilde geführt werden, dieses Mehr nutzen; und warum sollten sie - im Sinne der Moral des braven Durchschnittsbürgers – es nicht nutzen? Und so sie nicht allzusehr die durch die geschriebenen Gesetze abgesteckten Grenzen überschreiten, wird kaum jemand ihnen das zum Vorwurf machen. Und selbst wenn sie sie allzusehr überschreiten kommen sie nicht selten ungeschoren davon, da sie in diesen Gefilden meist in gutem Einvernehmen leben mit den Gesetzeswächtern.
Im Vergleich zum Verhalten mancher seiner Standesgenossen war das Verhalten dieses Herrn Wulff – wie mir scheint – eher harmlos; und unverständlich ist mir nach wie vor, warum man dann ausgerechnet um seine Person ein solches Theater veranstaltete. Zwischendurch kam mir sogar der Verdacht: ob da nicht einfach einige Presseleute ihre Macht ausprobieren wollten? – Doch wie dem auch sei und aus was für Gründen auch immer: Um die Person dieses Herrn Wulff wurde eine ganz gewaltige Massenhysterie entfacht; und herbeigeschleppt wurde alles, bis zu den geringsten und lächerlichsten Kleinigkeiten, was ihm in irgendeiner Weise zum Vorwurf gereichen konnte.
Einiges mehr oder weniger Handfeste wurde dann in diesem Wirbel doch hochgeschwemmt (daß man bei den meisten seiner ungeschoren gebliebenen Kollegen und Kolleginnen bei entsprechendem Nachforschen vermutlich ähnliches und auch gewichtigeres finden würde soll uns mal weiter nicht beunruhigen); und  schließlich mußte er von seinem Posten zurücktreten.
Und nun beginnt der zweite Teil der Satire.

Es kamen also griffige, handfeste Verfehlungen zum Vorschein.
Und – als ob nichts wäre und als ob alles seine Ordnung hätte, wurde dieser Mensch, dieser brave Durchschnittsbürger ohne besondere Charakterstärke und ohne besondere Fähigkeiten, den irgendwelche Umstände an einen Ort geschwemmt hatten, welchen der brave Durchschnittszeitgenosse als etwas Olympähnliches erlebt, von seinem Olymp zwar vorzeitig, aber doch in allen Ehren, mit großem Zapfenstreich und großem Ehrensold entlassen.
Was vor dem Hintergrund unserer zeitspezifischen Promi-Verehrung vor allem in jenem Lande, das fast schon Weltmeister ist in vorbehaltloser Promi-Verehrung, zunächst mal ein teilweise ganz normales Geschehen ist.

Denn immerhin muß man berücksichtigen:
Daß nämlich der Mensch von heute im Allgemeinen einerseits den Kontakt zum „Übernatürlichen“ verloren hat; daß er aber andererseits etwas Probleme hat, so ganz ohne Götter auszukommen.
Deshalb schaffte er sich einen neuen Olymp, den er mit sogenannten „Promis“ bevölkerte. Promis sind mit Hilfe künstlicher sozialer Rituale in den Götterstatus erhobene austauschbare Durchschnitts-oder auch Unterdurchschnittsmenschen; Göttergestalten also, die der Verehrungswütige mit Unterstützung von „Imagemakern“ und sonstigen heutigen Medizinmännern nach seinem Bilde und Gleichnis formt; und zu einem solchen Gotte guckt man dann hoch und verehrt ihn oder macht sich auch mal einen Spaß daraus, ihn von seinem Olympe herunterzuschubsen; doch selbst ein vom Olympe heruntergeschubster Promi bleibt immer noch ein Gott, wennauch ein gefallener.
So lange nun der Großteil der Bevölkerung in relativem Wohlstand dahinlebte (und die noch nicht ganz so zahlreichen Landsleute, die es nicht zu Wohlstand gebracht hatten, verächtlich als Versager, Chaoten oder Asoziale beiseiteschob) ließ dieser moderne Götzendienst sich problemlos durchziehen und lenkte das Volk – wie seinerzeit bei den ollen Römern das „panis et circenses“ – von den noch nicht ganz so massiven im Stillen heranreifenden Problemen ab.
Doch nun, da der Wohlstand am Bröckeln ist und immer mehr seine Abwesenheit zu kosten kriegen; da die Realität sich zu massiv bemerkbar macht, als daß irgendein Götzendienst sie noch zur Gänze verdrängen könnte – geht das schon nicht mehr ganz so einfach. Und große Teile der deutschen Bevölkerung fanden es nun nicht mehr so ganz richtig, daß da einer, der sich danebenbenommen hat, nun weiter die seinem Götzenstatus anstehende Förderung erhalten sollte, während sie darben.
Und nach und nach dürfte mit der wohlstandsbedingten Realitätsferne auch der Götzendienst zu bröckeln anfangen; und die einstigen nach eigenem Bilde und Gleichnis geschaffenen Götter erscheinen vor immer mehr Zeitgenossen nackt und in ihrer ganzen Erbärmlichkeit.

 In ehrlichem Hoffen, die in dieser Skizze keimhaft enthaltene Metapromik demnächst aufgreifen und ausarbeiten zu können, aufdaß der Menschheit diese für unsere Zeit so nötige neue Wissenschaft geschenkt werde:


So isses 


Nachbemerkung

Diesen Text findet man auch in einer Zusammenstellung mit dem Titel "Gesammelte Werke zur Wulffiade", die man unter https://dl.dropboxusercontent.com/u/54042052/Wulffiade.pdf anschauen und/oder herunterladen kann.