Freitag, Oktober 16, 2009

Resignation

Was noch zusätzlich zu meinem Versacken in resignierte Gleichgültigkeit beiträgt ist die traurige Tatsache, daß zahllose Zeitgenossen sogar noch dümmer sind als ich; so daß selbst das wenige Intelligente, das ich von mir zu geben in der Lage wäre, nicht verstanden würde.

(Wilhelm von Dorten)

Montag, August 17, 2009

Doch kein Nobelpreis für Schlämmer

Der braucht det nun gar nicht mehr, da er vom Aufzeigen der Wahlkampfdämlichkeit dazu übergeschwenkt ist, seine inzwischen errungene Popularität für Werbedämlichkeit einzusetzen und damit vermutlich nicht schlecht verdient.

Ob die Wahlkampf-Verhohnepiepelung nur Vorbereitung war, um sich als überall sichtbare Litfaßsäule für Werbeplakate aufzubauen? Oder nur ein nachträglich gefasster Entschluß, unerwartet errungene Popularität durch Werbeeinahmen zu vergolden?
Iss ja im Prinzip egal; das eine wie das andere ist entäuschend, und mein vorangehender Blogeintrag mit dem Nobelpreispostulat sei somit ausser Kraft gesetzt.

Prost

Freitag, August 14, 2009

Friedensnobelpreis für Schlämmer

smoking alien

Die Wirklichkeit ist, besonders in unseren fortschrittlichen Zeiten, so idiotisch, daß selbst die idiotischste Satire sie nicht einholen, geschweige denn überholen könnte. Aber Schlämmer oder Kerkeling oder wie auch immer er heißen mag gibt sich redlich Mühe und hat offenbar bereits aufgeholt.

Falls er es nicht schaffen sollte, deutscher Kanzler zu werden, so müßte man ihm als Mindestes den Friedens- oder sonstwelchen Nobelpreis verleihen; anders geht’s nicht.

Durch seinen Hokuspokus bringt er zumindest denjenigen unter seinen Landsleuten, die nicht vollends in Tiefschlaf abgesackt sind, den Wahlkampf-Schwachsinn als solchen zum Bewußtsein, gibt ihnen die Chance, sich aus ihrer Verblödung zu befreien und wirkt somit der Massenverblödung entgegen. Verblödete Massen aber werden – wie sowohl der gesunde Menschenverstand als auch die geschichtliche Erfahrung offenbaren – zu einer Gefahr für die in ihrer Mitte lebenden Individuen wieauch für ihre Umgebung; und die Arbeit an der Beseitigung solcher Gefahr ist nichts anderes als ein Beitrag für den Frieden und somit unbedingt zu berücksichtigen bei der Auswahl der Kandidaten für den Friedensnobelpreis.

(ähnlich überzeugende Gedankengänge ließen sich sicher auch für andere Nobelpreise entwickeln, da man – wie die Erfahrung zeigt – besonders in unseren fortschrittlichen Zeiten mit etwas Phantasie und gutem Willen für jedes beliebige jede beliebige Begründung finden kann; so daß Kerkeling, so er nicht deutscher Kanzler wird, zumindest nicht ohne Nobelpreis bleibt)


Prost

Doppelnas

Obige Anmerkung findet man,
zusammen mit verschiedenen thematisch verwandten sonstigen Texten,
in der Sammlung

Der politische Diskurs

Doppelnas

Sonntag, August 02, 2009

Selbstfinanzierung der Ausweitung staatlichen Drucks

Zufällig bei den ZDF-Nachrichten vorbeigeschaut:

„Rentnern drohen Steuerkontrollen“.

Ja. Genau. Wenn man schon alles kontrolliert – warum nicht auch die Rentner?

„Die Deutsche Steuergewerkschaft warnte, mit dem vorhandenen Personal in den Finanzämtern sei die Arbeit nicht zu bewältigen“,

kann man, unter anderem, da lesen.

Ausgezeichnet. Neue gutbezahlte Arbeitsplätze werden geschaffen, und finanziert werden sie mit den Geldern, die man den kontrollierten Rentnern abnimmt.

Hauptsache kontrollieren: damit die Leute nicht anfangen, zu frei zu atmen und vielleicht auf dumme Gedanken kommen und dabei vielleicht sogar dazu übergehen, sich ohne Arbeitsvertrag nützlich zu machen und solcherart altehrwürdige Werte in Frage stellen.

Zum gleichen Thema siehe auch hier

Kakerlake-4784

Nachbemerkung

Diesen Text findet man auch in einer Zusammenstellung, die den Titel trägt "Wegmarken auf dem Weg in die Katastrophe" und die man unter https://dl.dropboxusercontent.com/u/54042052/KL_Wegmarken.pdf anschauen und/oder herunterladen kann.

Aus dem Vorspann:

"Bewußt bin ich mir, daß zu dem Zeitpunkt, da ich diese Vorbemerkung in den Computer tippe (Ende April 2013), viele Zeitgenossen nicht recht verstehen werden, von welcher Katastrophe hier die Rede sein könnte.

Und im Herbst 2008, als die erste der hier veröffentlichten Notizen zustandekam, waren es zweifellos noch viel mehr.

Doch die Zeiten ändern sich; immer mehr von jenen, die von keiner herannahenden Katastrophe etwas merkten oder merken wollten, werden von deren sich ausweitenden und sich Platz bahnenden Fluten erfaßt oder direkt damit konfrontiert, oder entdecken aus sonstwelchen Gründen, daß irgendwas nicht stimmt."

Марсьёнок


Samstag, Juni 06, 2009

Von den Erfolgreichen

Discussion

Ein an diesem Orte schon gelegentlich berührtes Thema nochmal etwas genauer unter die Lupe nehmend:

♦♦♦

Solange der Mensch, besonders der zu geistiger Trägheit neigende, durch unhinterfragte wohl funktionierende Umstände getragen wird: versteht er eigentlich gar nix, lebt mit seinen Mitmenschen wie „Sandkörnchen neben Sandkörnchen“ und hat kaum eine Chance, sich zu entwickeln.

Zu diesen wohl funktionierenden Umständen gehören: Ein gesunder, durch keinerlei Probleme behelligter Körper, den man höchstens durch ein bißchen „Fitneßtraining“ noch besser zum Funktionieren bringt; soziale Mechanismen, denen man sich unhinterfragt angepaßt hat und die einen wohlig tragen, darunter einem von irgendwoher zuströmende wirtschaftliche Mittel; eine durch keinerlei unnötige Fragen wie Sinn und Unsinn des Lebens und sonstigen Klimbim – es sei denn in Form eines unverbindlichen intellektuellen Zeitvertreibs – behelligte seelische Situation.

Nun ist aber der heutige soziale Organismus infolge der technischen Entwicklung mitsamt Arbeitsteilung wieauch infolge sonstiger Faktoren so saumäßig kompliziert, daß er zu seinem rechten Funktionieren auf bewußte, denkende, sozial fähige Menschen angewiesen ist. Wenn solche Menschen fehlen, funktioniert die Sache halt eine zeitlang – von außen betrachtet: sogar scheinbar recht gut – als toter Mechanismus, den sich bewußtlos mittragen lassenden zur Erbauung, die zur Bewußtheit neigenden als Störfaktoren beiseiteschiebend oder zermahlend.

Dieser Mechanismus läuft so lange, bis er irgendwann auseinanderkracht. Zur Zeit scheint er weltweit am Krachen und wird es möglicherweise nicht mehr lange machen.

Das Schicksal jener „Erfolgreichen“, die das relative Funktionieren jenes Mechanismus mit ihrem eigenen Funktionieren verwechselt hatten, ist dabei ein entsetzliches; an Entsetzlichkeit nicht zu vergleichen mit dem auch nicht leichten Schicksal der zur Bewußtheit neigenden. Sie, die Erfolgreichen, fliegen plötzlich raus aus dem sie tragenden Mechanismus, dem sie sich so willig angepaßt hatten; verlieren plötzlich ihre Krücken und merken erst jetzt: daß sie an Krücken gingen und gar nicht gehen können. Oder merken noch immer nichts und sind nur, weiterhin ohne Bewußtheit, beleidigt auf die böse Welt; genauso wie sie früher bewußtlos sich zu den Erfolgreichen rechneten. Und da die Beziehung zu ihrer Umgebung, ohne nennenswerte eigene Aktivität, durch jenen Mechanismus sowie durch von selbigem bereitgehaltene Vergnügungen geregelt wurde, kamen sie auch nicht dazu, soziale Fähigkeiten zu entwickeln; wissen nicht einmal so recht, was das sein soll: soziale Fähigkeiten; merken nur: daß sie plötzlich in ihrem Unglück alleine sind.

Manche kommen darüber vielleicht – so sie nicht vollends den Boden unter den Füssen verlieren und durchdrehen – in eine gewisse Entwicklung hinein.

Was doch zweifellos gut ist.

Iss doch fast schon weise eingerichtet; nich? So der Mensch nicht freiwillig sich um seine Entwicklung kümmert, um bewußtes Darinnenstehen im Sozialen, so schafft er ganz automatisch solche Bedingungen, die ihn mit der Zeit vor die Wahl stellen: entweder an sich arbeiten, sich zum Nachdenken bequemen, ein Bewußtsein für seine Mitmenschen entwickeln – oder verzweifeln und durchdrehen.

Wollen denn hoffen, daß möglichst viele die Kraft finden werden, sich zu ersterer Variante aufzuraffen: da es sonst nämlich ganz großes Chaos gibt.

Prost.

Kakerlake-4784

Nachbemerkung

Diesen Text findet man auch in einer Zusammenstellung, die den Titel trägt "Wegmarken auf dem Weg in die Katastrophe" und die man unter https://dl.dropboxusercontent.com/u/54042052/KL_Wegmarken.pdf anschauen und/oder herunterladen kann.

Aus dem Vorspann:

"Bewußt bin ich mir, daß zu dem Zeitpunkt, da ich diese Vorbemerkung in den Computer tippe (Ende April 2013), viele Zeitgenossen nicht recht verstehen werden, von welcher Katastrophe hier die Rede sein könnte.

Und im Herbst 2008, als die erste der hier veröffentlichten Notizen zustandekam, waren es zweifellos noch viel mehr.

Doch die Zeiten ändern sich; immer mehr von jenen, die von keiner herannahenden Katastrophe etwas merkten oder merken wollten, werden von deren sich ausweitenden und sich Platz bahnenden Fluten erfaßt oder direkt damit konfrontiert, oder entdecken aus sonstwelchen Gründen, daß irgendwas nicht stimmt."

Марсьёнок


Donnerstag, Juni 04, 2009

Stechmücken

2012_10_29_1004

Das auf dem Foto ist keine Stechmücke, sondern eine Fliege.
Aber auch Fliegen können ganz schön lästig werden.

Doppelnas

Aber doch nicht uninteressant, wie selbstfabrizierte selbstveröffentlichte sprachliche Schnitzer einen manchmal tagelang verfolgen und ärgern können. Bin überempfindlich in diesen Dingen; besonders mir selbst gegenüber. Fast schon pathologisch.

Heute früh wachte ich auf; und schon, einer Stechmücke gleich, schwirrte wieder so einer um mich herum. Einer von diesen selbstfabrizierten selbstveröffentlichten Schnitzern also…

Diese eine Stechmücke, die mich heute früh beim Aufwachen besucht habende, sei hier seziert, aufdaß sie mich künftig in Ruhe lasse (noch ein paar Tage, und ich hätte sie sowieso vergessen; es gibt auch sonst genug, das einen ärgert).

♦♦♦

In einem Forum war's, wo ich zufällig reingerasselt war; es ging, grob gesprochen, um den Unterschied zwischen Geist und Reden über Geist; und die Geburt oben erwähnter Stechmücke hing zusammen mit einer an mich gerichteten Tirade, deren Verfasser die vorangehenden Ausführungen nicht gelesen oder zumindest nicht verstanden hatte, und welchselbige in der Frage gipfelte:

Und was ist für Sie Geist? So eine Art Gespenst vor der Sie Angst haben.

Normalerweise geh ich auf solche Ergüsse, die ihr Entstehen dem Nichtzuhören oder militantem Nichtverstehen verdanken, nicht ein. Hier aber machte ich eine Ausnahme und tippte auf die Schnelle die Sätze:

Sehr richtig, Herr xxx: so eine Art herumgeistelndes Gespenst ist das. Ich würde nicht sagen, dass ich Angst vor ihm hatte; ich verstand nur lange Zeit nicht, was es damit auf sich hat, weil ich es irgendwie mit Geist verwechselte; und das verunsicherte mich. Als ich dann seinen Gespenstercharakter erkannt hatte, hatte ich keine Probleme mehr damit. Das heisst, eine zeitlang ärgerte ich mich noch darüber; und irgendwann war es mir dann egal.

Klickte, wohin man zu klicken hat; und schon war's drin.

Und ich guckte hin. Und ärgerte mich.

Das heißt, die Gesamtaussage ist in Ordnung, dazu steh ich (abgesehen davon, daß ich eigentlich hätte weiter ausholen müssen, um auf den aus Nichtverstehen geborenen Erguß logisch einwandfrei zu antworten); nur zwei harmlose Kleinigkeiten fielen mir ins Auge; harmlos, aber immerhin weit genug daneben, um mich zu ärgern.

Hätte jemand anders das so geschrieben, so wäre es mir auch aufgefallen; aber ich hätte es sofort wieder vergessen und mich auf das konzentriert, was er sagen will. Da ich das aber selbst so geschrieben hatte, wurde es mir zum Ärgernis.

Eben.

♦♦♦

Es beginnt mit dem „hatte“ im zweiten Satz. Nun gut; das ist einfach ein Tippfehler, nur halt einer mit leicht entstellendem Charakter; lauten müßte es „hätte“: „Ich würde nicht sagen, daß ich Angst vor ihm hätte…“

Schlimmer steht es mit dem letzten Satz:

Das heisst, eine zeitlang ärgerte ich mich noch darüber; und irgendwann war es mir dann egal“.

Das „irgendwann“ nämlich drückt den Moment des Eintretens eines Ereignisses oder Umschwungs aus und ist mit dem Dauerzustand des „Egalseins“ nicht vereinbar. Lauten könnte es etwa: „… und irgendwann hörte es dann auf, mich zu interessieren“; oder sonstwat in der Richtung…

So isses.

♦♦♦

Normalerweise berücksichtigt man diese logischen, sprachlichen Zusammenhänge ja ganz automatisch, ohne viel darüber nachzudenken; auffallen tun sie einem erst dann, wenn das automatische Berücksichtigen bei einem selbst oder bei anderen aussetzt; und, zusätzlich, wie in meinem Fall: man ärgert sich über den Aussetzer…

Aber ansonsten ist das Leben zweifellos schön und kann nur noch schöner werden.

Prost.

Raymond

Марсьёнок



Dienstag, Juni 02, 2009

Geist und Sattheit

2009_05_31

(Dieses Foto, weil es ein paar Tage vor Verfassen dieses Beitrags geknipst wurde)

Kakerlake-4784

Aus einem Brief an eine Bekannte, die meinte, ich solle diese Stelle einrahmen und über meinen Schreibtisch hängen. - Da aber der ausgedrückte Sachverhalt mir schon längst bekannt ist, werde ich selbige Zeilen nicht einrahmen und auch nicht über meinen Schreibtisch hängen; setz sie dafür ins klamurkische Blog. Vielleicht findet sich jemand, der was damit anfangen kann. Wenn man es durchschaut hat: eigentlich nix Besonderes.

In der heutigen Zeit, wo alles teils versumpft ist, teils verknöchert, ist es sehr schwierig, seine Kräfte sinnvoll einzubringen, und wenn sehr viele Kräfte da sind, die nicht recht wissen wohin, kann das mitunter tatsächlich recht schmerzhaft sein.

Wenn man verwundbar ist oder verwundet ist man viel näher an der Kultur, als bei satter Gleichgültigkeit. Sogar bin ich der Ansicht, daß ohne ehrlich durchlebtes Leiden echte Kultur gar nicht möglich ist. Der heutige Westen hat eigentlich kaum Kultur; was man im Westen Kultur nennt ist tatsächlich fast alles nur „Überbau“. Vielleicht war das schon zu Marxens Zeiten so; weiß nicht; aber es könnte sein; und vielleicht kam er deswegen auf den Gedanken, alle Kultur sei Überbau.

Schimpanse
 

Nachbemerkung

Diesen Text findet man auch in einer Zusammenstellung, die den Titel trägt "Wegmarken auf dem Weg in die Katastrophe" und die man unter https://dl.dropboxusercontent.com/u/54042052/KL_Wegmarken.pdf  anschauen und/oder herunterladen kann.

Aus dem Vorspann:

"Bewußt bin ich mir, daß zu dem Zeitpunkt, da ich diese Vorbemerkung in den Computer tippe (Ende April 2013), viele Zeitgenossen nicht recht verstehen werden, von welcher Katastrophe hier die Rede sein könnte.

Und im Herbst 2008, als die erste der hier veröffentlichten Notizen zustandekam, waren es zweifellos noch viel mehr.

Doch die Zeiten ändern sich; immer mehr von jenen, die von keiner herannahenden Katastrophe etwas merkten oder merken wollten, werden von deren sich ausweitenden und sich Platz bahnenden Fluten erfaßt oder direkt damit konfrontiert, oder entdecken aus sonstwelchen Gründen, daß irgendwas nicht stimmt."

Kakerlake-4784
 
 

Freitag, Mai 15, 2009

Metamorphosen der Unterdrückung

каток
[aus einem gestern geschriebenen Brief]

Gestern stieß ich beim Lesen in deutschen Nachrichten auf Äußerungen eines gewissen Sarrazin:
"Hartz-IV-Empfänger sind erstens mehr zu Hause, zweitens haben sie es gerne warm, und drittens regulieren viele die Temperatur mit dem Fenster" - "Wenn die Energiekosten so hoch sind wie die Mieten, werden sich die Menschen überlegen, ob sie mit einem dicken Pullover nicht auch bei 15 oder 16 Grad Zimmertemperatur vernünftig leben können."

Natürlich ein […], dem ich von Herzen wünsche, daß er selbst mal in solche Lage kommt: damit er endlich versteht, in welcher Welt wir leben und die Gelegenheit hat, sich vom […] zum Menschen zu entwickeln.

[…]

Aber wenn man bedenkt, wie viele gute Leute heutzutage einfach draufgehen, ohne sich überhaupt bemerkbar machen zu können; ja, ohne überhaupt selbst richtig zu merken, was in ihnen steckt.

Eben diese Frage beunruhigt mich.

Während der Stalin-Zeit und auch während der Hitlerzeit wurden gute Leute rein äußerlich außer Gefecht gesetzt oder vernichtet. In der Moskauer Ljubjanka brannten über Jahre hinweg fast ununterbrochen die Öfen, in denen alle möglichen beschlagnahmte Manuskripte verbrannt wurden: wissenschaftliche Arbeiten, literarische Arbeiten; keimhafte Skizzen erwachender Talente, ausgereiftes, alles Mögliche in allen möglichen Qualitäten und Reifestadien.

Heute ist alles ganz anders. Jeder darf sagen, was er will, und es werden keine Manuskripte mehr verbrannt; dafür bleiben demjenigen, der stärkere Anlagen hat, kaum noch Chancen, sie zu entwickeln: man braucht keine Manuskripte mehr zu verbrennen, weil das Aufkommen entwicklungsfähiger Ansätze bereits im Keime erstickt wird; und selbst wo jemand es schafft, den Kopf über die Moräste hinauszuheben, geht seine Stimme im allgemeinen Geschwafel und Gequake unter.

Und unter denjenigen, die laut Sarrazin sich wärmer anziehen sollen, um weniger für Heizkosten ausgeben zu müssen, sind bestimmt nicht wenige, die potentiell eigentlich was zu sagen hätten, im materiellen Elend steckenbleiben und untergehen...

[…]

 

Nachbemerkung

Diesen Text findet man auch in einer Zusammenstellung, die den Titel trägt "Wegmarken auf dem Weg in die Katastrophe"" und die man unter https://dl.dropboxusercontent.com/u/54042052/KL_Wegmarken.pdf  anschauen und/oder herunterladen kann.

Aus dem Vorspann:

"Bewußt bin ich mir, daß zu dem Zeitpunkt, da ich diese Vorbemerkung in den Computer tippe (Ende April 2013), viele Zeitgenossen nicht recht verstehen werden, von welcher Katastrophe hier die Rede sein könnte.

Und im Herbst 2008, als die erste der hier veröffentlichten Notizen zustandekam, waren es zweifellos noch viel mehr.

Doch die Zeiten ändern sich; immer mehr von jenen, die von keiner herannahenden Katastrophe etwas merkten oder merken wollten, werden von deren sich ausweitenden und sich Platz bahnenden Fluten erfaßt oder direkt damit konfrontiert, oder entdecken aus sonstwelchen Gründen, daß irgendwas nicht stimmt."

Kakerlake-4784

Donnerstag, Mai 14, 2009

Zum Treffen zwischen Saakaschwili und Vertretern der Opposition

14. Mai 2009; „Взгляд“


Eine Mitteilung des Korrespondenten der Zeitung Взгляд aus Tbilissi:

Die georgische Niederlage im Augustkrieg im Zusammenhang mit Südossetien „hat dem seelischen Gleichgewicht von Präsident Saakaschwili einen starken Schlag versetzt“, erklärte am Donnerstag Salome Surabischwili, einstige Vorsitzende des Innenministeriums und Vorsitzende der Partei „Der Weg Georgiens“.

Am Donnerstag berichtete Salome Surabischwili der Zeitung „Все Новости“ („Alle Nachrichten“) Einzelheiten über das Gespräch zwischen Saakaschwili und Oppositionsvertretern vom 11. Mai; unter anderem sagte sie, daß „der Präsident irgendwelche überhaupt nicht komische Witze erzählte.“

Laut ihren Worten war es insgesamt schwierig zu verstehen, worüber Saakaschwili überhaupt sprach. Zudem hält der Präsident – wie Salome Surabischwili sich erinnert – Nino Burdshanadse, die einstige Parlamentssprecherin und Vorsitzende der Bewegung ‚Einiges Georgien’, für eine Agentin Moskaus und ist sicher, daß sie Geld aus Rußland bekommt.

„Er versicherte uns, daß 63 Prozent der Bevölkerung ihn unterstützt. Er lebt in einer anderen, virtuellen Realität und ist bemüht, als einzigen Weg für einen Machtwechsel nur den Weg des Umsturzes übrigzulassen, “ sagte Surabischwili.

Laut ihren Aussagen wird Saakaschwili „gesteuert von seiner kriminellen Umgebung“. Unter den Mitgliedern dieser Umgebung nannte sie den Vorsitzenden des Innenministeriums Vano Merabischwili und den Vorsitzenden des Justizministeriums Surab Adeischwili; und außerdem noch „einige Kriminelle“, welche die gesamte Macht in ihre Hände genommen haben und Saakaschwili in eine virtuelle Realität eingesperrt haben“.

Surabischwili bemerkte, daß in den georgischen Streitkräften eine sehr schwierige Situation am Entstehen ist, und diese Prozesse könnten unkontrollierbar werden.


[im Weiteren der russische Originaltext]


Оппозиция: Поражение в войне нанесло удар по психике Саакашвили
14 мая 2009, 11:36

Поражение Грузии в августовской войне вокруг Южной Осетии «нанесло большой удар по психике президента Михаила Саакашвили», заявила в четверг экс-глава МИД, лидер партии «Путь Грузии» Саломе Зурабишвили, передает корреспондент газеты ВЗГЛЯД в Тбилиси.

Рассказывая в четверг газете «Все новости» о деталях переговоров Саакашвили с оппозиционерами 11 мая, Саломе Зурабишвили, в частности, сообщила, что «президент рассказывал несмешные анекдоты».

По ее словам, было трудно в целом понять, о чем говорит Саакашвили. Кроме того, как вспомнила Саломе Зурабишвили, президент считает экс-председателя парламента, лидера «Демократического движения «Единая Грузия» Нино Бурджанадзе «агентом Москвы» и уверен, что получает деньги из России.

«Он уверял нас, что у него поддержка 63%. Он живет в другой виртуальной реальности и старается оставить для смены власти только путь переворота», - сказала Зурабишвили.

По ее утверждению, Саакашвили «управляем своим криминальным окружением». Среди членов этого окружения она назвала глав МВД Вано Мерабишвили и Мюнюста Зураба Адеишвили, а также еще «несколько криминалов», которые «взяли в руки всю власть, замкнув Саакашвили в виртуальной реальности».

Зурабишвили отметила, что очень тяжелое положение складывается в Вооруженных силах Грузии, и эти процессы могут стать неуправляемыми.

Mittwoch, Mai 06, 2009

georgisches...

In deutscher Übersetzung Auszug aus einem Brief aus Georgien.
Русский оригинал см. ниже

Gestern wurde ich Zeuge einer der Strafoperationen: an der xxx-Straße, so gegen 11 Uhr Abends, wurde eines der Häuser von Soldaten der Sondereinheit umzingelt, maskiert und mit amerikanischen Maschinenpistolen F16 (oder M16, kenn mich da nicht so aus). Man hörte Schläge gegen eine Eisentür, Jammern und Schreien.

Es war furchtbar. Niemand ist mehr sicher.

Vermutlich hast du von diesem sogenannten Staatsstreich gehört.

Eine billige Inszenierung, die ernst zu nehmen selbst den Anhängern Mischas schwer fällt.

Und anschließend eine Fernsehsendung – Mischa als Held! Er hatte keine Angst, persönlich am Orte des Staatsstreichs zu erscheinen (dieser erbärmliche Feigling, der beim Anblick eines russischen Flugzeugs so energisch losrannte, daß seine Leibwächter – durchtrainierte Burschen – ihm, mit dem Ruf „lauf nicht so schnell!“ nur mit Mühe folgen konnten. Diese Aufnahmen haben alle gesehen; sie werden jetzt jeden Tag im oppositionellen Fernsehen gezeigt); und nun plötzlich: er steht da und hält den schuldigen Soldaten eine Gardinenpredigt der Art „ich habe euch genährt und gekleidet, und ihr Undankbare…“ usw…

Und all dies wurde natürlich aufgeführt, um die Repressionen zu rechtfertigen.

(einen Zusammenschnitt von Videoaufnahmen, darunter auch die oben erwähnte Szene, kann man hier herunterladen; allerdings alles in Russisch)


Вчера был свидетелем очередной карательной операции: на улице xxx, где-то в 11 часов вечера, один из домов был окружен спецназовцами в масках и с американскими автоматами Ф16 (или М16, не разбираюсь в этих штуках). Был слышен звук ударов по железной двери, вопль и крики.

Стало просто жутко. Никто не застрахован.

Наверно слышал об этом так называющемся государственном перевороте.
Дешевый спектакль, в который даже сторонникам Миши трудно верить всерьез.
И потом, телетрансляция - Миша герой! Он лично не побоялся прийти на место переворота (этот подонок-трусишка, который при виде российского самолета побежал, да так, что охрана - натренированные парни - еле за ним поспевала с криком "не беги так быстро". Эти кадры все видели. Их теперь каждый день показывает оппозиционный телеканал) и вот: он стоит и читает нотацию провинившимся солдатам, мол "я вас кормил и одевал, а вы неблагодарные..." и т.д.

Все это конечно сделано, чтоб оправдать репрессии.

Freitag, Mai 01, 2009

Und weiter kriselt es…

Пожарище - Ruin

Eben: es kriselt weiter.

Den einen geht’s noch gut. Die können dann in wohligem Behagen lesen, was die Massenmedien über die Krise schreiben und dann darüber diskutieren und theoretisieren; genauso wie einstens in behaglicher Muße sie über den Krieg in Georgien allen möglichen Unsinn verzapften, oder über das Blutvergießen im Irak und in Afghanistan:

„Nichts bessres weiß ich mir an Sonn-und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
wenn hinten, weit, in der Türkei,
die Völker aufeinanderschlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus,
und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
dann geht man abends froh nach Haus
und segnet Fried und Friedenszeiten“

(iss von Goethe, aus dem Faust)

Wobei, so lange es einem selbst gut geht, irgendwelche nicht mehr aus und ein wissende Nachbarn, irgendwelche im Umkreis sich mühsam am Abgrund entlanghangelnde „Freunde“ im Prinzip genau so weit weg sind wie diese sich unter irgendeinem Superdemokraten abquälenden Georgier, die von den Amerikanern gerettet werdenden Iraker oder irgendwo im Busch vor sich hin hungernde Afrikaner: fast schon auf dem Mond, wenn nicht noch weiter… So lang es einem selbst gut geht, bleibt die Not reine Theorie, und von der Not betroffene Mitmenschen verlieren den menschlichen Status und verwandeln sich in irgendwelche blassen, uninteressanten in dieser theoretischen Krisenwelt beheimatete Gestalten.

So lange zumindest, bis es einen selbst trifft.

Wenn es einen selbst trifft und die Krise von im Kopfe verbleibender Theorie zu der Seele Schmerzen bereitender Realität wird - ist es dann meistens zu spät: der aus dem Wohlstand gebraute Klebstoff, der das Surrogat eines sozialen Zusammenhalts, eines Miteinander schuf, hält einen nicht mehr, und man fällt aus diesem künstlichen Zusammenhalt hinaus zu diesen blassen theoretischen Schemen, die man vorher nicht wahrnehmen wollte.

Nun sind plötzlich alle Krücken weg; man ist ganz alleine; und es ist ganz natürlich, daß Menschen, die nicht alleine gehen gelernt haben und außer den bekannten Gemeinschaftssurrogaten keine zwischenmenschlichen Beziehungen kennen, in der nun plötzlich hereingebrochenen Einsamkeit und Hilflosigkeit den Faden verlieren.

Manche fügen sich brav in ihr Schicksal; lernen nach und nach vielleicht sogar was und entwickeln sich zu selbständig denkenden, sozial fähigen Menschen; andere hinwiederum drehen, wie man so sagt, durch…

Und mit vor besagtem Hintergrund „durchdrehenden“ wird man, fürchte ich, nun immer mehr zu tun bekommen; und wenn es dann im Weiteren zu Zusammenrottungen von „Durchgedrehten“ kommt, kann det recht unerquicklich werden; noch viel unerquicklicher, als es jetzt schon ist.

Als ich, zum Beispiel, in den Nachrichten erste Andeutungen von dem „Unfall“ während der Festlichkeiten mit der holländischen Königsfamilie mitbekam: war mir natürlich sofort klar, daß det kein Unfall sein kann; aber auch ein geplantes Attentat schien mir unwahrscheinlich. Als dann erste Einzelheiten über jenen Fahrer durchsickerten: Ein Mensch, der seine Arbeit verloren hat, der seine Miete nicht mehr bezahlen kann… - waren die Hintergründe deutlich; und es würde mich sehr wundern, wenn außer diesem einen Verzweifelten noch andere in die Organisation dieses Zwischenfalls involviert wären.

Dafür würde es mich nicht wundern, wenn solche und ähnliche und noch viel schlimmere Zwischenfälle sich häufen würden.

Es sei denn, daß immer mehr Zeitgenossen sich dazu bequemen würden, ihr erbärmliches Behagen überwindend all diese Krücken und Surrogate, von denen sie getragen und in die sie eingebunden sind, mal zu hinterfragen und vielleicht, bevor ihnen die Krücken und Surrogate entzogen werden, selbst gehen zu lernen und den Schein von sozialem Zusammenhalt durch sozialen Zusammenhalt zu ersetzen.

Natürlich alles nicht so einfach; vor allem, wenn man es freiwillig macht und nicht unter dem Zwang von Notlagen; doch wenn die Notlagen einen zwingen isses in der Regel zu spät.

So isses

Kakerlake

Nachbemerkung

Diesen Text findet man auch in einer Zusammenstellung, die den Titel trägt "Wegmarken auf dem Weg in die Katastrophe"" und die man unter https://dl.dropboxusercontent.com/u/54042052/KL_Wegmarken.pdf  anschauen und/oder herunterladen kann.

♦♦♦

Aus dem Vorspann:

"Bewußt bin ich mir, daß zu dem Zeitpunkt, da ich diese Vorbemerkung in den Computer tippe (Ende April 2013), viele Zeitgenossen nicht recht verstehen werden, von welcher Katastrophe hier die Rede sein könnte.

Und im Herbst 2008, als die erste der hier veröffentlichten Notizen zustandekam, waren es zweifellos noch viel mehr.

Doch die Zeiten ändern sich; immer mehr von jenen, die von keiner herannahenden Katastrophe etwas merkten oder merken wollten, werden von deren sich ausweitenden und sich Platz bahnenden Fluten erfaßt oder direkt damit konfrontiert, oder entdecken aus sonstwelchen Gründen, daß irgendwas nicht stimmt."


Марсьёнок

Freitag, April 10, 2009

Weiter: Tbilissi

Diesmal nicht aus „Взгляд“, sondern aus einer soeben aus Tbilissi erhaltenen E-Mail (die Internet-Blockade scheint aufgehoben oder zumindest nicht ganz so dicht):

Heute, wie auch gestern, werden wir am Meeting teilnehmen.

Sehr viele Leute. Kann mich nicht erinnern, sowas erlebt zu haben; von der Oper bis zum Platz der Freiheit [„svodoni“ vermutlich doppelter Tippfehler anstatt „svobody“; wer die Ecke kennt wird mir Recht geben, daß ganz sicher der Freiheitsplatz gemeint war und nix anderes – d.Üb.] alles dichtes Gedränge. Trotzdem macht sich wieder die organisatorische Schwäche der Opposition bemerkbar. Vielleicht reicht der Wille nicht oder die Fähigkeit; und das Volk, so um die 150.000 Personen (das heißt jeder achte Bewohner von Tbilissi – verstehst du, was das für ein Maßstab ist. Aus der Provinz lassen sie die Leute nicht durch; sonst wären es noch viel mehr) ist äußerst radikal gestimmt.

Wenn man die westliche Presse liest, oder mit westlichen Journalisten spricht, von denen es hier jede Menge gibt, kommt man zu dem Schluß, daß der Westen zum wiederholten Male Verrat übt, das heißt diesen Unhold unterstützt (wenn auch nicht ganz so offen wie früher). Alle betreiben sie Augenwischerei mit Worten wie: „Stabilität“, „Russische Bedrohung“, „Oberhoheit des Gesetzes“…

Bis auf den letzten Mann haben diese Journalisten sich in Kindergarten-Pädagogen verwandelt. Bedrückend und ärgerlich…

Und „jener“ hat extrem wenig Anhänger.

Weiter der russische Originaltext (wie man sieht: mit lateinischen Buchstaben; halt kein mit kyrillischer Schrift ausgestatteter Computer in der Nähe…)


segodnja, kak i vchera,budem na mitinge.
narodu ochen mnogo. takogo daje ne pomniu. nachinaia ot operi i konchaia ploshadiu svodoni, vse bitkom nabito. no vse ravno snova brosaetsa v glaza organizatorskaia slabost oppozicii. duxa chto li ne xvataet, ili uma. a narod, gde-to 150 000 chelovek (to bish kajdii vosmoi tbilisec-ponimaesh kakoi masshtab. iz raionov liudei ne puskaoit , a to bilo bi bolshe) nastroen kraine radikalno.
chitaja zapadnuiu pressu, ili razgovarivaia s zapadnimi jurnalistami, kotorix tut prud prudi, prixodish k vivodu, chto zapad v kotorii raz zanimaetsa predatelstvom, a imenno podderjkoi etogo negodjaia (xot i ne tak otkrito kak ranshe). vse zanimaiutsa ochkovtiratelstvom so slovami: "stabilnost", "rossiiskaia ugroza", "verxovenstvo zakona"...
vse kak odin, eti jurnalisti prevratilis v pedagogov detsada. obidno i dosadno.
u "etogo" storonnikov kraine malo.

Donnerstag, April 09, 2009

Laufende Ereignisse in Georgien

Nun gut… Für den Fall, daß es wen interessiert, werd ich zwischendurch, nach Zeit, Lust und Laune aus der laufenden Berichterstattung der Zeitung „Взгляд“ einzelne Nachrichten herausgreifen, übersetzen und allhier veröffentlichen. Laut einer Nachricht von 17.15 ist die versprochene Anzahl von 150.000 Demonstranten offenbar zusammengekommen, und es werden immer mehr. Weiterhin friedlich.

Übersetzen wir mal kuriositäts- und informationshalber die vorangehende Mitteilung. Aus der laufenden Berichterstattung von Взгляд also:

„17:02 (Tiflisser Zeit) Laut „Novosti-Gusia“ erklärte der Führer der politischen Bewegung „Freiheit“ Konstantin Gamsachurdia (Sohn des ersten Georgischen Präsidenten Sviad Gamsachurdia) während des Meetings, daß das Volk mit seinem Protest gegen die „Reste des kommunistischen Systems“ kämpft. Da hat er wohl irgendwie klein wenig danebengegriffen. Saakaschwili hat natürlich sehr viele schlechte Seiten, aber um ihn als Verbreiter sowjetischen und kommunistischen Gedankenguts zu bezeichnen – da muß man sich schon sehr anstrengen… Vermutlich hat Gamsachurdia das Meeting verwechselt und wollte in Kischinjow gegen Woronin demonstrieren. Der Sohn ist für den Vater natürlich nicht verantwortlich; doch der Sprößling des Verfassers eines Mottos wie „Georgien für die Georgier“ sollte bei seinen Erklärungen wohl doch etwas mehr Sorgfalt walten lassen…“

Weiter der russische Originaltext:

17:02 Лидер политического движения «Свобода» Константин Гамсахурдия (сын первого президента Грузии Звиада Гамсахурдия) во время митинга заявил, что своим политическим протестом народ борется с «остатками коммунистической системы», передает «Новости-Грузия». Что-то он как-то перемудрил. Саакашвили, конечно, многим плох, но назвать его проводником советских и коммунистических идей, - это надо постараться. Наверное, Гамсахурдия митинг перепутал – хотел против Воронина в Кишиневе протестовать. Сын за отца, конечно, не отвечает, но отпрыску автора лозунга «Грузия для грузин» надо как-то внимательнее за своими заявлениями следить.

Mittwoch, April 01, 2009

Authentisches

DE_QE_Authentisch

Ein neues Modewort ist mir aufgefallen: Authentizität (ja nu, vielleicht isses auch schon länger in Mode, und es ist mir erst jetzt aufgefallen; kann sein; weiß nur, daß es da ist)

Meines Wissens bezeichnete man das, was man nun mit diesem Modewort bezeichnen möchte, zu früheren Zeiten im Deutschen mit dem Wort „Redlichkeit“.

Im Allgemeinen isses ja so, daß die Redlichkeit zunächst mal durch die Pose ersetzt wurde; das heißt: die Pose wurde in Redlichkeit umbenannt, und die Redlichkeit selbst wurde zur Schrulligkeit. – (Hab ich, unter anderem, mal hier unter unter die Lupe genommen)

Daß man sich nun bemüßigt fühlt, von „Authentizität“ zu reden, deutet doch schon mal darauf hin, daß manche sich in der zum Prinzip erhobenen Unechtheit nicht mehr wohl fühlen und da heraus wollen. – Und so flüchtet man sich denn von der bereits vertrauten gutbürgerlichen Gekünsteltheit in die neue, fortschrittlichere Gekünsteltheit der Authentizität… (Ich meine damit natürlich nicht nur die Gekünsteltheit jenes Modewortes, sondern vielmehr noch die Gekünsteltheit der Haltung derjenigen, die sich mit diesem Modewort schmücken)

Redlichkeit klingt ja eh zu hausbacken; und zudem wäre es gar nicht so einfach, in diesem Geröll aus Surrogaten sich zu echter Redlichkeit durchzufinden.

Drum wird man denn, der Einfachheit halber, authentisch. Klingt ja auch fortschrittlicher…

Eben…

Kakerlake-4784

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Dienstag, März 24, 2009

„Soll er halb Georgien einsperren“

Dmitri Alexandrov, Tbilissi
Deutsche Übersetzung eines in der Zeitung Взгляд veröffentlichten Artikels; Originaltitel: «Пусть посадит пол-Грузии»; siehe
http://www.vz.ru/politics/2009/3/24/268311.html

Die Georgischen Massenmedien fahren fort mit der Ausstrahlung von Material, welches die Opposition kompromittieren soll. Im Einzelnen geht es um Verkauf von Waffen und den Versuch eines Staatsstreichs.

Die georgischen Oppositionellen erklären, daß die Staatsmacht im Zusammenhang mit den für Anfang April geplanten Protestaktionen nun massiv gegen sie vorgeht. Am Dienstag fuhr das Innenministerium fort, Aufnahmen zu zeigen, welche die Gegner Saakaschwilis der „staatsfeindlichen Handlungen“ entlarven soll. Diesmal wurde der Schlag gegen die kaum bekannte „Volksbewegung zur Rettung Georgiens“ ausgeführt. Nachdem die Beobachter, noch am gleichen Tag, die anstehende Folge der Seifenoper über die böse Opposition durchanalysiert haben, rätseln sie nun herum, wen das strafende Schwert am Mittwoch treffen wird

Wenn am Montag als zentrale „Helden“ die Waffenkäufer aus der Partei „Demokratische Bewegung Einiges Georgien“ (unter dem Vorsitz der ehemaligen Parlamentssprecherin Nino Burdshanadse) fungierten, so trat am Dienstag eine im Lande fast unbekannte Organisation in den Vordergrund: die „Volksbewegung zur Rettung Georgiens“, welche bei alledem fürwahr napoleonische Pläne hatte.

Zum Beispiel: Dutzende von Oppositionellen zu bewaffnen, um mit ihrer Hilfe das Parlament, das Fernsehen und weitere wichtige Objekte zu besetzen und letztendlich einen Staatsumsturz durchzuführen.

Wie auch am Vortag war auf den Videoaufnahmen zu sehen, wie die Verschwörer Waffen kaufen oder um den Preis von Pistolen, Maschinenpistolen, Panzerwesten verhandeln. In diesem Zusammenhang wurden Malchas Gwelukaschwili und Lascha Tschchenkeli verhaftet, welche von einem kommenden „Volksaufstand“ sprechen.

Die Vertreter der „Volksbewegung zur Rettung Georgiens“ hielten Mahnwache am Gebäude des Georgischen Staatssicherheitsdienstes. Es waren nur wenige Personen, doch Unterstützung hatten sie von den „schweren Kalibern“ der Georgischen Opposition.

Die Generalsekretärin der Bewegung „Für ein geeintes Georgien“ Eka Beseliy schlug der Staatsmacht vor, „halb Georgien einzusperren“, wenn extrem oppositionelle Sichtweisen als Umsturzversuch ausgelegt werden. Der Vorsitzende der Bewegung „Freiheit“, Konstantin Gamsachurdia, ermahnte die Staatsmacht, „das Volk nicht für Idioten zu halten“.

In den führenden oppositionellen Kreisen verspricht man, die für den 9. April in Tbilissi vorgesehene Protestaktion nicht abzusagen, und die von den ausgestrahlten Videoaufzeichnungen bezeichnet man als Fälschung und Piar-Show, mit welcher man bewirken will, daß die Öffentlichkeit an der Opposition verzweifelt.

Wie dem auch sei, die Vertreter der Staatsmacht triumphieren und sind der Ansicht, daß sie nun Trümpfe in der Hand haben. Die Vertreter der dem Präsidenten anhängenden Mehrheit im Parlament drückten am Dienstag dem Innenministerium ihren Dank aus für die Verhaftung der Mitglieder der Bewegung von Nino Burdshanadse. Die Dauer ihrer Inhaftierung wird man ihnen am Abend des 24. März mitteilen; wobei bis jetzt nicht bekannt ist, wie viele Personen genau verhaftet wurden: sieben, acht, neun oder zwölf.

„Das Innenministerium hat professionelle und präzise Arbeit geleistet, indem es das Entstehen eines kriminellen Syndikats verhinderte“, - erklärte der Vorsitzende der Mehrheit, Petre Ziskarischwili. Und einer der Führer der Mehrheit, Georgi Gabaschwili, sagte, die Oppositionellen hätten „das Maß überzogen“.

„Wenn die Leute Maschinenpistolen und Granatwerfer kaufen, so ist das kriminell, und wir bitten die Ordnungskräfte, uns von den Verbrechern zu befreien“, erklärte er auf einer Parlamentssitzung.

Noch am Abend des vorangegangenen Tages erklärte Nino Burdshanadse ihre Bereitschaft, mit den Ermittlungsorganen zusammenzuarbeiten und sagte, daß man ihre politische Organisation gezielt diskreditiert.

„Die durch das Innenministerium ausgestrahlten Materialien müssen von Experten genau analysiert werden; und wir werden auch selbst versuchen, eine unabhängige Untersuchung durchzuführen“, sagte sie. „Ich bin vollständig überzeugt, daß die Beschuldigungen, wir würden einen bewaffneten Aufstand vorbereiten und bewaffnete Einheiten bilden, sich nicht erhärten.“

Und die bekannte Regisseurin Keti Dolidse sagte, sie würde überhaupt solcher Art Video-Anschuldigungen nicht trauen. Wobei in der Georgischen Öffentlichkeit man zu der Sichtweise neigt, daß sowohl die Staatsmacht als auch die Opposition alles tun müssen, um die Situation unter Kontrolle zu halten und es nicht zum Bürgerkrieg kommen zu lassen.

Fast jede Stunde strahlt die Staatsmacht über die nationalen Fernsehkanäle Video-Beweise gegen die Opposition aus. In der Öffentlichkeit schafft man einen gewissen Hintergrund zu den bevorstehenden Aktionen der Opposition, welche als Tribüne nur zwei kleine Fernsehsender zur Verfügung hat – „Kavkasia“ und „Maestro“.

In der Nacht zum Dienstag sprach im „Maestro“ der ehemalige stellvertretende Innenminister, der Kommandant der Georgischen Grenzpolizei Badri Bizadse (der Mann von Nino Burdshanadse), und erklärte, daß der Präsident Michail Saakaschwili in den machtausübenden Strukturen keine durchgehende Unterstützung mehr findet. Er bemerkte, daß nach dem Augustkrieg Saakaschwilis Autorität in der Armee gesunken ist.

Badri Bizadse ist überzeugt, daß die Armee Saakaschwilis Befehl, die Demonstrationen zu zerschlagen, nicht ausführen wird, und zweifelt, ob die Spezialeinheiten des Innenministeriums ihn ausführen werden. „Es gibt da einen engen Kreis mit dieser Staatsmacht verflochtener Personen, die gefährlich sind; die sind zu beliebigen Provokationen bereit, da sie alle Brücken hinter sich verbrannt haben“, sagte Badri Bizadse. Eben von solchen „Provokationen“ spricht die Opposition, wenn sie die von der Staatsmacht ausgestrahlten Videoaufnahmen kommentiert.

Sonntag, März 15, 2009

Georgisches

Was man von im georgischen Alltag lebenden und leidenden Freunden und Bekannten alles so mitbekommt… Nach außen hin wirkt es derzeit sogar verhältnismäßig ruhig; doch unter dieser verhältnismäßig ruhigen Oberfläche kündigt sich, wenn man sich mit Leuten unterhält, die das alles aus der Nähe mitbekommen (und die man, um sie nicht in Lebensgefahr zu bringen, nicht einmal nennen darf) wüstestes Unheil an.

So wird zur Zeit in Georgien fleißig amnestiert; das heißt, Leute, die bisher in Gefängnissen saßen, werden freigelassen.

Was auf dem ersten Blick sehr edel ist und gut.

Wenn man aber näher hinschaut und sieht, daß es sich bei den Befreiten in allererster Linie um Kriminelle handelt, wird das, was auf dem ersten Blick als edel und gut erscheint, schon eher besorgniserregend.

Und der Gedanke kommt auf: Vielleicht hat dieses Regime wirklich keine andere Stütze mehr als die Kriminellen (der Gedanke kommt noch aus anderen Gründen auf; doch hiervon später, wenn man durch unnötiges Reden niemanden mehr in Gefahr bringt; einige der zur Zeit gefährdeten werden dann, so sie es überleben, wohl auch selber reden).

Wenn man sich schon nicht einmal mehr richtig auf die Armee verlassen kann…

Bleibt nur zu hoffen, daß in der Armee Anständigkeit und gesunder Menschenverstand vorherrscht. Wenn ja, wird die Armee im Falle eines Falles mit diesem Gesindel kurzen Prozeß machen; wenn nicht – riecht es nach Bürgerkrieg.

Ob nach allfälliger Klärung der Situation Georgien unter Russischer oder Amerikanischer Hegemonie landet scheint mir unter den obwaltenden Bedingungen eine zweit- oder drittrangige Frage. Ich selbst – und die meisten meiner Georgischen Freunde – würden eine Fortsetzung der Gemeinsamkeit mit Rußland vorziehen; menschlich, kulturell hat man sich jahrhundertelang aufeinander eingespielt, und für Amerika wird Georgien immer nur eine Kolonie sein.

Doch diese Frage ist, wie gesagt, jetzt nicht so wichtig. Wichtig ist, daß die derzeitige Situation ohne Blutvergießen überwunden wird; und hierzu braucht es angesichts der überwogenden Wirrnisse eine starke Hand; ganz egal, ob die von Moskau aus geführt wird oder von Washington aus.

Ohne Moskau oder Washington (oder noch besser: beide gemeinsam: um, wie es sich für Staatsführungen schickt, ohne eigene Machtansprüche einfach Unheil zu verhüten) ist da, glaub ich, eh nichts mehr zu machen; nach Beseitigung des gemeinsamen Feindes könnte es passieren, daß die vereinigte georgische Opposition wieder auseinanderrennt, um sich dann untereinander zu kloppen um das Recht, wer die Zukunft Georgiens zu bestimmen hat.

Äußerst unerquicklich, das Ganze.

Freitag, März 13, 2009

Synchronizität


Vor ein paar Tagen kommentierte ich in vorliegendem Blog die sogenannte „Krise“. Beim Erwähnen derjenigen, die trotz des allmählichen Wegfallens der Krücken nicht dazu kommen, sich selbst zu orientieren und gemeinschaftsfähig zu werden, erwähnte ich zunächst, neben dem Abwandern in Kriminalität und den Verstand verlieren, auch noch Selbstmord, Alkoholismus, Amoklauf. Überlegte dann hin und her, ob ich das wohl so stehen lassen kann und befand schließlich, daß es wohl besser ist, das wegzulassen; gehört ja eh alles zur Sparte „den Verstand verlieren“; einfach zu makaber, det alles auch noch extra zu erwähnen.
Es wurde dann aber trotzdem makaber, weilnämlich sich später herausstellte, daß ungefähr um die Zeit, als ich überlegte, ob ich in diesem Zusammenhang den Amoklauf erwähnen soll, im deutschen Winnenden in Zusammenhang mit einem solchen die Hölle los war.
Ob makaber oder nicht: ich vermute, daß das nun immer öfter passieren wird; auch unter den Begüterten und zunächst noch abgesicherten. Bei den nicht abgesicherten passiert es, unter anderem, aus Verzweiflung, weil sie immer weniger Chancen sehen zu einem materiell relativ abgesicherten menschwürdigen Leben; bei den materiell abgesicherten, weil sie unter Umständen trotzdem das Gefühl haben, daß irgendwas nicht stimmt; und wer außer seiner materiellen Absicherung keine Problembereiche sehen kann und somit nicht weiß, wo und wie suchen (höchstens, daß er via psychologische oder psychiatrische Behandlung seinen Seelenfrieden wiederherstellen will), gerät unter Umständen in Verzweiflung und verliert die Kontrolle.
Wir gehen lustigen Zeiten entgegen…
Diesen Text findet man auch in einer Zusammenstellung, die den Titel trägt "Wegmarken auf dem Weg in die Katastrophe"" und die man unter
https://dl.dropboxusercontent.com/u/54042052/KL_Wegmarken.pdf
anschauen und/oder herunterladen kann.
Aus dem Vorspann
"Bewußt bin ich mir, daß zu dem Zeitpunkt, da ich diese Vorbemerkung in den Computer tippe (Ende April 2013), viele Zeitgenossen nicht recht verstehen werden, von welcher Katastrophe hier die Rede sein könnte.
Und im Herbst 2008, als die erste der hier veröffentlichten Notizen zustandekam, waren es zweifellos noch viel mehr.
Doch die Zeiten ändern sich; immer mehr von jenen, die von keiner herannahenden Katastrophe etwas merkten oder merken wollten, werden von deren sich ausweitenden und sich Platz bahnenden Fluten erfaßt oder direkt damit konfrontiert, oder entdecken aus sonstwelchen Gründen, daß irgendwas nicht stimmt."

Donnerstag, März 12, 2009

Aktivitäten der Georgischen Opposition

(für ein paar informationshungrige Freunde übersetzte ich nachfolgenden Artikel auf die Schnelle aus dem Russischen ins Deutsche. Für allfällige weitere Informationshungrige sei er hiermit auch öffentlich zugänglich gemacht)

„Entweder Georgien, oder dieses Regime“
Die Georgische Opposition rüstet sich für den zweiten Frühlingsmonat zum entscheidenden Schlag gegen Michail Saakaschwili.

Dmitiri Alexandrov, Tbilissi
Aus der Zeitschrift «Взгляд»; Übersetzung aus dem Russischen; Original siehe
http://vz.ru/politics/2009/3/10/263522.html


Das Datum für den Beginn der Protestaktionen in Georgien ist festgesetzt: der 9. April. Die Gegner des Saakaschwili-Regimes planen, den Angriff auf breiter Front zu beginnen. „Der Präsident kann sich nicht einmal vorstellen, was er für einen Schlag zu gewärtigen hat“, - sagte der ehemalige Minister Georgij Chaindrawa. Er gab zu verstehen: sowohl in der Opposition wie auch in der Umgebung von Saakaschwili ist man sich bewußt, daß mit Amtsantritt von Obama das derzeitige Oberhaupt von Georgien nicht mehr mit vorbehaltloser Unterstützung seitens Washington zu rechnen hat; weswegen ein harter Kampf zu erwarten ist.

Die Vorbereitungstreffen haben bereits begonnen; während der vergangenen Feiertage wurden überall in der gesamten Republik solche Versammlungen abgehalten.

„Die gesamte zivilisierte Welt wartet auf den Tag, da die georgische Gesellschaft auf legalem Wege Michail Saakaschwili in den Ruhestand schickt“ – sagte der einstige Minister für Konfliktbereinigung Georgi Chaindrawa.

Laut seinen Worten bereitet die Opposition sich in solchem Maße ernsthaft vor, „daß der Georgische Präsident sich nicht vorstellen kann, welchen Schlag er zu gewärtigen hat. Der 9. April wird der Rubikon sein: entweder Georgien, oder dieses Räuberregime, “ erklärte Chaindrawa.

Die Opposition wird auf breiter Front angreifen. Der radikale Flügel der „Vereinigten Opposition“ bringt seine Anhänger auf die Straße. Die „Allianz für Georgien“ des einstigen UNO-Vertreters Irakli Alasania sammelt Unterschriften in der Bevölkerung für den Rücktritt des Präsidenten.
Das „Volksforum“ verspricht die Arbeit der staatlichen Strukturen zu blockieren. Die Labour-Partei, die fünf Abgeordnetenmandate hat, versucht, im Parlament ein Impeachment zu organisieren.

Der zur Opposition übergewechselte Chaindrawa hat angedeutet, daß seit dem Regierungswechsel in den USA Saakaschwili nicht mehr auf vorbehaltlose Unterstützung Washingtons rechnen kann.

Um Saakaschwili abzusetzen kann Irakli Okruaschwili aus Paris zurückkehren, der vor einem Jahr in Frankreich politisches Asyl erhielt. Unter jenem Präsidenten, der durch die „Rosenrevolution“ an die Macht kam, hatte Okruaschwili es geschafft, drei Ministerien vorzustehen – dem Innenministerium, dem Verteidigungsministerium und dem Wirtschaftsministerium.

Eben Okruaschwili hat im Herbst in aller Offenheit den Angriff gegen Saakaschwili eingeleitet, welcher dann zum Zusammenschluß der oppositionellen Kräfte führte. Damals, am 7. November, hat die Staatsmacht die Versammlungen brutal zerschlagen, und Okruaschwili gilt bis zum heutigen Tag in Georgien als Gesetzesbrecher.

„Okruaschwili kommt noch vor dem 9. April zurück, wenn in Georgien eine ernsthafte Protestbewegung losgeht“ – versprach Chaindrawa.
Entschlossen gestimmt ist auch Levan Gachechiladse, der Führer der „Vereinigten Opposition“, welcher Saakaschwili und seiner Umgebung insgesamt den Rat gab, „aus dem Land zu fliehen“, um sich zu retten.

„Am 9. April beginnen permanente Straßenaktionen und eine Konsolidierung der Gesellschaft. Schwer zu sagen, wann diese Aktionen zu einem Abschluß kommen, da die Staatsmacht in Georgien nicht adäquat zu reagieren pflegt. Wir werden siegen, aber ich könnte im Moment nicht sagen, um welchen Preis. Saakaschwili hat für seinen Rücktritt einen hohen Preis angesetzt. Es wird Heldenmut brauchen und Beispiele persönlicher Opferbereitschaft, damit Saakaschwili von seiner Macht abläßt, “ sagte Gachechiladse.

Trotz des von der Opposition eingeleiteten Beschusses lehnt die Staatsmacht es kategorisch ab, neue Wahlen anzusetzen, indem sie erklärt, dazu sei unter den derzeitigen in Georgien herrschenden Bedingungen nicht der richtige Zeitpunkt.

Um die Stimmung der Bevölkerung zu sondieren haben die Oppositionellen ihrerseits fünf Tage lang in Tbilissi Unterschriften gesammelt von Menschen, die bereit sind, an den Protestaktionen teilzunehmen. Es kamen 48.347 Unterschriften zusammen. Am 10. März begann die Unterschriftensammlung in der Provinz und wird, bis zum 13. März, in 16 Städten durchgeführt.
Diejenigen, die bereit sind zu zivilem Ungehorsam hinterlassen ihre Namen, Nachnamen und Telefonnummern: damit niemand an ihrer Position zweifle.

Die Zeitung „Resonansi“ befragte 950 Personen bezüglich der Taktik der Opposition gegen den Präsidenten Michail Saakaschwili. Zwei Drittel der Befragten unterstützten die Durchführung der Aktionen als effektivste Methode, 13% sprachen sich für ein Referendum aus, die übrigen – für die Schaffung von Bürgerkomitees, oder waren vorerst noch ohne Meinung.

Eine andere Tifliser Zeitschrift, „Kviris Palitra“, versuchte, den Popularitätsgrad Saakaschwilis festzustellen. 661 Personen nahmen Teil an der Untersuchung dieser Wochenzeitschrift, welche die Frage stellte: Wen oder was kann Georgien zum gegebenen Zeitpunkt als sein würdigstes Wahrzeichen betrachten?

Am höchsten bewertet wurden die Vertreter der Intelligenz (6,49%); an zweite Stelle kamen die Massenmedien (6,11%); an dritter Stelle – die Opposition (5,04%). Der Präsident Saakaschwili kam, mit 2,91%, an siebter Stelle, als vorletzter, vor der Regierung mit 1,25%.
Saakaschwili hat es jetzt nicht leicht. Am Tag vorher ließ man ihn in einem Tifliser japanischen Restaurant nicht in Ruhe Abendbrot essen.

Oppositionelle Demonstranten aus der Bewegung „7. November 2007“ erschienen im Restaurant und skandierten: „Mischa – ins Gefängnis!“ Aufnahmen von dieser Aktion wurden von dem kleinen Fernsehsender „Maestro“ ausgestrahlt. Es war zu sehen, wie die Polizei die Demonstranten auseinanderjagte; doch die lassen nicht locker. Und versprechen die Aktionen fortzusetzen, damit Saakaschwili nicht in Ruhe legen, schlafen und essen kann.
„Der Präsident soll nicht in teuren Restaurants essen, wenn das Land hungert“, sagte der Aktivist dieser Bewegung Dachi Zaguria.

Auch die Staatsmacht bereitet sich auf die Aktionen vom 9. April vor. Die Mitglieder der Spezialeinheiten sind in aktivem Training. Laut Angaben der Medien will man auch die Armee hinzuziehen. Weswegen in Armeekreisen die Unzufriedenheit wächst. Am Dienstag wurden Nachrichten veröffentlicht, laut denen der Verteidigungsminister David Sicharulidse die Absicht hat, sein Amt niederzulegen wegen des Drucks von seiten der regierenden „Einheitlichen nationalen Bewegung“.

In diesen Tagen wurde Wladimir Chachibaja seines Postens als Stabschef enthoben und zum ersten Stellvertreter des Verteidigungsministers ernannt. Als Grund wurden Schritte seitens des stellvertretenden Ministers Bacho Achalai genannt, welcher im Namen der herrschenden Partei sich um die Armeeangelegenheiten kümmert.

Laut Angaben der Medien und von Experten legte Chachibaja sein militärisches Amt eben aus dem Grunde nieder, weil er eine Beteiligung der Armee beim Zerschlagen von Protestaktionen nicht wünschte.