Montag, Juli 30, 2012

Von den berühmten Weisen




„Der lebenswidrige Mißbrauch,
die reaktionäre Ausbeutung
antiliberaler Ideen
kann nicht siegreich sein.“

Auf Facebook erblickte ich ein Foto, welches, denkmalhaft vornehm in Guß gegossen, obiges Zitat zeigte.

Ein Name stand nicht drunter; und die Fotografin fragte sich: Von wem das wohl sein mag?


Dieser vornehm aufgemachte Jargon belustigte mich, und ich kommentierte:

Erst mal kapieren, was das bedeuten soll. Ich kapier gar nix. Ob man vielleicht die antiliberalen Ideen schützen sollte, damit niemand sie reaktionär ausbeutet?

Und im Weiteren dann deutlicher werdend:

Reinster nichtssagender marxistischer Jargon. Man könnte es auseinandernehmen und eine kurze Groteske daraus zusammenbasteln; dann wäre es wenigstens zu etwas nütze. Glaub nicht, daß es von Marx ist; der war ja noch kein Marxist und pflegte vermutlich auch eine klarere Sprache. Könnte von Lenin sein oder Stalin oder von einem dieser DDR-Helden. Ulbricht vielleicht...


Recherchen via Google ergaben dann: dass das Zitat von Thomas Mann stammt. Und zahllose hochgelahrte Abhandlungen spuckte Google noch zusätzlich aus, denen ebendieses nichtssagende Gebrabbel als Epigraph diente.

Dies fand ich nun ausserordentlich interessant.

Ick meine nicht das Zitat an sich (meine unumstössliche Meinung dazu hab ich weiter oben bereits wiedergegeben), sondern die kritiklose Autoritätshörigkeit unserer lieben Zeitgenossen:

Da die Aussage von Thomas Mann stammt, ist sie von unbestreitarem Wert.

Für mich zwar nicht. Ich bin zum Glück nicht hochgelahrt und darf mir daher den Luxus erlauben, mich auf Logik und Sprachgefühl zu verlassen.



Noch ein kurzer Auszug aus meinen weiteren Auslassungen:

Von der Formulierung und der Wortwahl her ist das Zitat wirklich in solchem Maße daneben, daß man es zu einem kurzen Groteskical verarbeiten könnte. Vielleicht mach ich es noch; bloß nicht mehr heute abend.

Die Floskel "reaktionäre Ausbeutung" ist, für sich genommen und vor allem durch deren weitverbreiteten Mißbrauch, schon außerhalb jeden Kontextes genügend komisch. Und dieser Komismus nun auf die Floskel "antiliberale Ideen" bezogen - iss einfach ein Geniestreich der unfreiwilligen Komik.

Eben diese verstreuten Anmerkungen hatte ich jetzt grad eben zu einem längeren zusammenhängenden Kommentar ausarbeiten wollen; doch kaum hatte ich mich hingesetzt, um meinen Vorsatz in die Tat umzusetzen, wie auch schon sich vor mir die Frage hinstellte:

Wozu denn das gut sein sollte?

Und ich beschloss, es bleiben zu lassen.



Es mag ja sein, daß der Thomas Mann irgendwas ganz Edles damit gemeint hat; doch für einen Menschen, der als berühmter, der deutschen Sprache mächtiger Schriftsteller gilt, klingt ein solch primitiver Jargon doch etwas erbärmlich; nich? Sicher hat er sich an anderen Stellen besser und prägnanter ausgedrückt.

Dem Thomas Mann aber wünsche ich von Herzen, daß irgendwann mal Zeiten anbrechen werden, die weniger durch Autoritätshörigkeit geprägt sind als die unsrigen [was, so die Menschheit in ihrer dumpfen Autoritätshörigkeit die Welt nicht vorher zugrunderichtet, durchaus passieren könnte] und daß eine solche zukünftige Menschheit nur die Aussagen von ihm zitieren wird, die des Zitierens würdig sind und nicht, seinem Rufe zum Schaden, seine Ausrutscher zu Weisheiten hochstilisiert.


So isses.

Dorten_Fortschrittsausweis

Samstag, Juli 21, 2012

Von den wissenschaftlich attestierten Wurzeln des Konservativismus

Irgendwo las ich, als Argument gegen den Konservativismus, daß laut wissenschaftlichem Befund (was den einen der Papst, ist den andern „die Wissenschaft“)

„geringe Denkleistungen, die den Dingen nicht auf den Grund gehen, sondern an der Oberfläche stehen bleiben, Konservativismus produzieren […], der sich u.a. durch persönliche anstatt systemische oder gesellschaftliche Verantwortung, Akzeptanz von Hierarchien und die Vorliebe für den Status quo auszeichnet“

Daß dem so ist liegt sowieso auf der Hand; da braucht man keine autorisierten Fachleute, um solches zu „entdecken“.

Aber es ist auch kein Argument, mit dem man oberflächlich denkende aus ihrem oberflächlichen Denken herausreißen könnte.

Höchstens kann man sie dazu bringen, daß sie ihr Image aufpolieren, um nicht mehr als oberflächlich denkende dazustehen. Daß sie, ohne ihr oberflächliches „Denken“ aufzugeben, sich fortschrittlich wirkenden Bewegungen anschließen; vielleicht sogar selbst welche gründen? Anfangen, in fortschrittlich wirkenden Jargons zu sprechen?

Solches wirkt dann sehr fortschrittlich; aber ändern tut sich nichts.

Die Leute mit fertigen nachzuplappernden Gedanken vollzustopfen - geht, wenn man grad an der richtigen Stelle sich befindet - recht einfach.

Die Leute dazu zu bringen, sich zusammenzurotten und dreinzuschlagen ist – bei entsprechender Konstellation – überhaupt nicht schwierig.

Aber wie man die Einzelnen dazu anregen könnte, sich in selbständigem Denken zu ergehen – keine Ahnung. Dürfte extrem schwierig sein.

Und zum Teufel mit allem Konservatismus mitsamt aller Fortschrittlichkeit.

So isses.

Mittwoch, Juli 18, 2012

Zitiertwerdende Autoritäten

 

Mit eigenen Gedanken erreichst du niemanden.

Mit fremden Zitaten –

kurzes gedankenloses beifälliges Nicken.

Und wenn in einer tiefschürfenden Analyse eine beglaubigte & anerkannte Autorität dem Volke die Wurzeln und Früchte seiner Autoritätshörigkeit vor Augen führen würde –

so würde er damit kurzes gedankenloses beifälliges Nicken hervorrufen; und weiter ginge man über zu seiner autoritätsbestimmten Tagesordnung.

Das Leben iss lustig

(Wilhelm von Dorten)

Dorten_Zwiebel

Sonntag, Juli 08, 2012

Von der Konkurrenz

«Die Linke wittert schon Konkurrenz»

- las ich irgendwo zum Fall Ponader.

Aller Allergie gegen Parteiengebrabbel zum Trotz hab ich mir dann auch flüchtig angeschaut, was diese „Linken“ da zu sagen haben. Die Überschrift reichte schon:

„Ein jammernder Piraten-Bundesgeschäftsführer, ein „Shit-Stürmchen“ und eine entlarvende Auseinandersetzung“

Hierzu drängt es mich zu sagen:

Wer vernunftgetragenes aufrechtes Vorgehen als Konkurrenz betrachtet und es auf Biegen und Brechen zu verkleinern sucht, der lebt eben in infantilem Konkurrenzdenken und ist zu vernunftgetragenem sinnvollem Handeln noch nicht herangereift. Soll er sich denn in der Sicherheit seines wohlorganisierten Parteien-Wir geborgen fühlen.

Wer Gespür hat für vernunftgetragene Aufrechte – der freut sich einfach, wo er solche feststellt, daß es sogar heute noch solche Leute gibt, und daß die sich sogar in die Politik verirren können, und wird – wo es sich ergibt – ohne private Profilierungssucht und abseits allen Parteiendenkens höchstens unterstützend eingreifen.

Nicht allein die Macht der „großen Politik“ kämpft sinnvolle Ansätze nieder; einen unverzichtbaren Verbündeten bei diesem Niederkämpfen hat sie in kleinkariertem Konkurrenzdenken und Parteiengemauschel.

So isses.