Samstag, November 09, 2024

Fortschrittliche Phantasiewelten

 

Ein gewichtiges Problem unserer fortschrittlichen Zeit ist die alles beherrschende und kaum zu Bewusstsein kommende Etikettenseuche.

Worte werden befreit von ihrer ursprünglichen Begrifflichkeit; und dann werden sie – ohne dass man sich was dabei denken würde – als mit wirrer Emotionalität behaftete Etiketten herumverteilt.

Etiketten bestimmen das Geschehen; Etiketten bewahren den etikettengläubigen Bürger vor der Notwendigkeit, sich ums Verstehen zu bemühen.

Dass solches auf Dauer zu Katastrophen führen muß, ist klar.

Und die Katastrophen rücken näher und näher.

Ist nun mal so.


 





 

Montag, Juli 01, 2024

Vereinet im Glimmen der sinkenden Sonne

 

Im März 2014 niedergeschriebene Gedanken
zum aufflammenden Ukraine-Chaos

 Teilweise war es wohl mehr oder weniger berechtigte Unzufriedenheit, die zu jenem Euromaidan führte.

Doch blieb es nicht beim berechtigten Volkszorn. Nicht zu übersehen war, dass die Unzufriedenheit von unbekannten Regisseuren als Material benutzt wurde für Ziele, die mit dem Volkswohl nicht unbedingt zu tun haben. Plötzlich erschienen da irgendwelche im Westen verankerte Klitchkos und sonstige Führerpersönlichkeiten; und leicht war zu sehen, dass da irgendwas faul ist.

Wie dem auch sei: Euromaidan nannte sich diese Versammlung; und sie nannte sich so aus dem Grunde, weil man sich Rettung von der EU erhoffte und in ebenjene EU hinein wollte.

In die EU wollte man, ohne eine Ahnung zu haben, was diese EU und was dieses Europa eigentlich ist.

Nun gut; dass Europa kulturell eine Leiche ist, scheint auch den meisten Europäern nicht bewusst zu sein; aber dass in diesem Milieu geistiger, intellektueller, moralischer Verrottung zunehmend – wie es anders nicht sein kann – auch die Wirtschaft verrottet und materielles Elend sich ausbreitet – ist inzwischen sogar für zahlreiche Europäer nicht mehr zu übersehen.

Doch wenn die Europäer, im Allgemeinen, nicht wissen, was mit ihrem Europa los ist – wie soll man das in der Ukraine kapieren; besonders, wenn da – mit Epizentrum Euromaidan – ein das Denken weitgehend ausschaltender Hexenkessel entsteht mit seinen Führerpersönlichkeiten und ideologischer Fanatisierung.

Dass der Euromaidan nur das Vorspiel ist zu einem großen Chaos - sah ich sofort und ließ dann allmählich ab von dem immer mühsamer werdenden Unterfangen, inmitten dieses Marktgeschreis, des Wirrwarrs aus – bewusst oder leichtfertig verbreiteten – Lügen nach dem zu suchen, was Sache ist. Das Einzige, was ich mit Sicherheit wusste, war: dass das ein Hexenkessel ist, in dem verschiedene Kräfte sich ihr Süppchen kochen; und dass die Sache, wenn kein Wunder geschieht, unweigerlich zu einem großen Chaos auswächst.

Doch was soll es, außer Chaos, auch anderes noch geben, da im Laufe der letzten Jahrzehnte die meisten Chancen verschlafen wurden. Dass dieser Schlaf irgendwann zu einem unsanften Erwachen führen wird – war vorauszusehen.

Unter "Erwachen" versteh ich natürlich nicht, dass man großflächig aufwachen und versuchen wird, sich besonnen um das zu kümmern, was Sache ist; zu solchem Optimismus sehe ich keinerlei Anlass. Ich meine das in dem Sinn, dass man durch die immer ungemütlicher werdende Weltlage am geruhsamen Weiterschlafen gestört wird und sich, von unerquicklichen und quälenden Alpträumen und Eindrücken geplagt, im Halbschlaf unruhig hin und her wälzt.

Und nach im Halbschlaf zu rezitierenden oder zu komsumierenden Sonntagspredigten über Geist und Welterrettung wird einem immer weniger zumute sein. Aber vielleicht versteht man dann wenigstens, mit einiger Verspätung, dass Geist nur in der lebendigen Geistesgegenwart lebt und dass man eben dies in all den verschlafenen Jahrzehnten, ob mit oder ohne Sonntagspredigten, eben, verschlafen hat.

 

Europäische Werte und Russland

Obige Notiz veröffentlichte ich 10 Jahre später, am 2. Mai 2024, auf Substack. Dort wurde sie von Irina, einer des Deutschen mächtige Moskauer Bekannten, gelesen.

Irina schickte mir per WhatsApp einen Kommentar, der zu einem kurzen, aber höchstlich interessanten Schriftwechsel führte.

Ich verfiel auf den Gedanken, die Notiz mitsamt Korrespondenz zu veröffentlichen.

Irina war einverstanden; und so übersetzte ich die Notiz ins Russische und veröffentlichte das Ganze in diesem Blog. In Russisch.

Und nun hab ich unseren kurzen, aber nicht uninteressanten Schriftwechsel ins Deutsche übersetzt und veröffentliche das Ganze auch in Deutsch:

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Фотография пользователяIrina

Sehr gut hast du da über den Euromaidan geschrieben. Das Recht, sowas zu schreiben, hat vermutlich nur ein Europäer, der Europa von außen betrachtet. Mit großem Interesse habe ich das gelesen.

♦♦♦

Фотография пользователяMeine Antwort:

Ja nun, all dies musste ich seinerzeit von innen her studieren. Ich bin dort geboren und aufgewachsen. Anfangs verstand ich fast überhaupt nix; nur so ein Gespür: dass das nichts für mich ist; dass ich dort als Fremder unter Fremden lebe… Interessant, dass ausgerechnet in dem Dorf, wo ich lebte, Sendetürme aufgerichtet wurden, mit deren Hilfe der berühmte Sender „Radio Luxemburg“ seine Fäulnis verteilte. Dass das stinkende Fäulnis ist, verstand ich bereits als Kind. Und heute verstehe ich, dass eben dieser Sender beträchtliche Hilfestellung leistete beim Zugrunderichten der mitteleuropäischen Kultur.

All diese Fäulnis studierte ich von innen her, während ich mich aus den Sümpfen herauswurschtelte…

Vielleicht schreibe ich noch ausführlicher über diese Quälereien in den Sümpfen der verfaulenden europäischen Kultur… Eben auf Russisch; hier wird das gebraucht… Auf Russisch habe ich schon einiges geschrieben; zum Beispiel vor vielen Jahren der Artikel für die Literaturnaja Gaseta «Показуха в заморской маске», den ich in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Augenwischerei auf Vornehm“ auf meiner Internetseite veröffentlicht habe… Damals merkte ich, wie diese europäische Fäulnis begann, sich auch in Russland zu verbreiten…

Vielleicht schreibe ich wirklich noch ausführlicher…

 

Ein Foto von den erwähnten Sendetürmen, mit deren Hilfe vor vielen Jahren Radio Luxemburg seine Fäulnis über Europa verspritzte. Pionierleistung im Verfaulen…
Im Schatten dieser Monster bin ich aufgewachsen.
Gewissermaßen in einem Epizentrum des Verfaulens

Dank diesem Umstand durchschaue ich heute diesen Fäulnisprozess recht gut.

***

(als in Russland die „Perestroika“ in vollem Gange war, stieß ich in Deutschland in einer deutschen Zeitschrift auf einen Artikel über irgendeine russische Schlagersängerin, Alla Pugatchova, die man als Promi behandelte. Der Verfasser dieses Artikels war sichtlich begeistert, dass diese Russen sich bereits bis auf die Höhe des Promikultes hocharbeiten konnten. – Und für mich war das eine verblüffende und beunruhigende Nachricht… Befreien sich vom Joch des Bolschewismus, um in der westlichen Fäulnis zu versinken…)

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Фотография пользователяIrina

Ja, auf dem Foto sieht man, dass das mit dem Menschen nichts zu tun hat; jetzt erschreckt mich das. Und in unserer Jugend phantasierten wir über den „Westen“; das Wort „westlich“ war Synonym für „prunkvoll, nobel, stilvoll, besser“. Und nun erinnern Roman und ich uns häufig daran, mit welcher Dämlichkeit wir damals auf dieses Lametta hereinfielen; gleich Wilde auf Glasperlen…

Deine Erwähnung der Pugatchova – sehr lustig.

 

(meinen zum Thema passenden in der "Literaturnaja Gaseta" veröffentlichten Artikel findet man hier in deutscher Übersetzung)

Mittwoch, Mai 08, 2024

Вот так мы живём...

 


Вот записка времён разгорания украинского хаоса,
сделанная в марте 2014го года

 Частично, пожалуй, к этому Евромайдану привело какое-то более или менее обоснованное недовольство.

Но дело не ограничилось народным недовольством. Видно было, что какие-то неизвестные режиссёры использовали гнев этот народный для каких-то целей, которые, пожалуй, с благом народа не так уж были связаны. Вдруг из западных недр всплыли всяческие вожаки, какие-то Кличко итд…; и видно было, что что-то не так.

Но как бы то ни было – собрание это именовало себя «Евромайданом». Именно так именовало себя в связи с тем, что участники надеялись на спасение со стороны Евросоюза; да ещё, потому что они хотели вступить в тот самый Евросоюз.

Вступить в Евросоюз они хотели, без малейшего представления о том, что такое этот Евросоюз вместе с этими Европами.

Ладно; что культура этих Европ уже давно превратилась в какую-то вязкую гниль -  похоже, и Европейцы в большинстве своём не сознают; но что в такой среде духовного, интеллектуального, нравственного гниения разваливается и экономика – видно теперь даже многочисленным Европейцам.  

Но если сами Европейцы в своём большинстве не понимают, что происходит с этой Европой – как Украинцам это понимать? Тем более, что в такой кутерьме мышление отключается, и освобождаются просторы для тупой идеологии, тупого фанатизма.  

Я быстро понял, что этот Евромайдан – всего лишь прелюдия к какому-то великому хаосу, и постепенно прекращал искать какой-нибудь сути в этой шумихе, в этой кутерьме из то легкомысленного, то сознательного вранья. Единственное, что я чётко понимал, было: что это – котёл, в котором разные круги готовят себе свой суп; и что – если не произойдёт чуда – всё это неизбежно разрастётся в великий хаос.

Всё это я в те времена написал по-немецки; и по-немецки же десять лет спустя опубликовал в онлайновом журнале „Substack“. 

 Это прочитала Ирина, московская знакомая. Через «Вконтакте» она прислала мне комментарий:

Ирина: 

  • Раймонд, классно ты про Евромайдан написал. Наверное, написать такое имеет право только европеец, который смотрит на Европу извне. С большим интересом прочитала

Мой ответ:

Ну да, всё это мне пришлось изучать изнутри… Родился там, вырос. Вначале я почти ничего не понимал; только такое чутьё: что это не для меня, и что я живу как чужой среди чужих… Интересно, что как раз в той деревушке, где я жил, построили радиомачты, при помощи которых знаменитая радиостанция „Radio Luxemburg“ распространяла свою гниль. Что это вонючая гниль – я понимал уже ребёнком. И теперь понимаю, что именно эта радиостанция очень помогала до конца погубить эту среднеевропейскую культуру.

Всё это гниение я изучал изнутри, выкарабкиваясь из этих болот… 

Может быть ещё напишу более подробно об этих мытарствах в болотах гниющей европейской культуры… Именно по-русски; так и надо… Кое-что уже написал по-русски; вот эта «Показуха в заморской маске», что я написал много лет назад для Литгазеты… Я тогда замечал, как эта европейская гниль стала распространяться и в России…

Ладно, может быть точно ещё напишу…


Вот упомянутые ультракоротковольновые радиомачты, при помощи которых много лет назад Radio Luxemburg разбрызгивал свою гниль по Европам. Пионерство гниения… В тени вот этих монстров я вырос. В каком-то эпицентре гниения… Благодаря чему я теперь относительно много понимаю… 

(В Германии в разгар перестройки в каком-то немецком журнале я наткнулся на статью о какой-то русской певице, Алла Пугачёва, которую стали чтить как знаменитость. И автор явно был в восторге, что эти русские уже поднялись до культа знаменитостей. - А меня это озадачило, встревожило… Освобождаются от гнёта большевизма, чтоб тонуть в западной гнили…)

♦♦♦ 

Ирина

  • да, на фотографии сейчас видно, как это не сочетается с человеком, сейчас меня это пугает. а в юности мы все буквально бредили "Западом", слово "западный" было синонимом "роскошный, престижный, стильный, лучший". сейчас мы часто с Романом вспоминаем, как глупо клюнули тогда на эту мишуру, прямо как дикари - на стеклянные бусы...
    про Пугачеву - очень забавно))

 

(Упомянутую выше статью «Показуха в заморской маске» я потом опубликовал и в моей "Кламурке")