Mittwoch, Dezember 26, 2012

Von der heutigen mitteleuropäischen Kultur

Goethe

Da man seinem eigenen Denken nicht traut,

schafft man sich Autoritäten,

um sie dann

– egal, ob sie was zu sagen haben oder nicht –

gedankenlos nachzuplappern.

(Wilhelm von Dorten)

Sonntag, Dezember 23, 2012

Ralph Boes und das bedingungslose Grundeinkommen

Aus der Distanz betrachtet scheint mir, daß Ralph Boes durch sein Vorgehen die Atmosphäre in den BGE-Zusammenhängen etwas gereinigt hat. Und zwar nicht durch eine programmatische "Aktion", sondern durch wohldurchdachte kompromißlose Konsequenz unter Einsatz seiner Person.

Aggressive programmatisch ausgerichtete Graphiken mit Aufschriften wie "Ich bin bös" empfand ich dabei eher als störend und kontraproduktiv.

Und nicht ganz sachdienlich scheinen mir auch solche Aktionen wie "Wir huldigen dem dreistesten Arbeitslosen der Welt", mit BGE-Papst, und so weiter.

Es kann da wohl nicht darum gehen, im altvertrauten politisierenden Sinne zu agitieren und Führerpersönlichkeiten zu schaffen. Eine echte 'Führerpersönlichkeit' spricht für sich, braucht keine Verehrung und wird nicht 'aufgebaut'; und wo man bei Leuten, die wirklich was zu sagen haben, solche 'Aufbautechniken' anwendet, behindert man nur deren reale Wirkensmöglichkeiten. ('Aufbautechniken' sind anwendbar, um irgendwelche Nullen, die eh nichts zu sagen haben, zu Promis, Politikern oder sonstwat aufzubauen; da gibt es dann auch keine Konflikte zwischen Realität und 'Image')

Mit politisierendem Getue bringt man niemanden dazu, sich der Idee des BGE als Denkmöglichkeit oder Notwendigkeit zuzuwenden; man schafft nur ein unnötiges in sich abgeschlossenes "Wir".

Es kann jetzt nur darum gehen, angedachte Gedanken weiterzuentwickeln und darüber dann auch nach Möglichkeiten zu suchen, die Früchte solcher Gedankenentwicklung – in größerem oder kleinerem Umfang – in die soziale Wirklichkeit zu verkörpern; auch wenn das sich wegen der Widerstände auf staatlicher Ebene – wie man erwarten muß – sich nicht durchsetzen läßt.

Selbst auf die Gefahr, mit obigem in alle möglichen Fettnäpfchen zu treten:

So isses

Dienstag, Dezember 11, 2012

Von Fakten, Zusammenhängen und Scheinwelten

Das Eine ist, unangenehme Sachverhalte als in sich abgeschlossene Fakten zu handhaben, sich über sie, als in sich abgeschlossene Fakten, zu ärgern oder gegen sie zu protestieren (und aus dem Protestieren mitunter eine Religion zu machen); ein anderes, ihre Abgeschlossenheit aufzusprengen und sie in einem größeren Zusammenhang zu sehen. Wenn man sie in größerem Zusammenhang sieht, werden sie nicht unbedingt angenehmer; aber dafür hat man, über das rein Emotionale hinaus, eher die Möglichkeit, in rechter Weise damit umzugehen und eventuell Abhilfe zu schaffen.

Derzeit ersticken wir mal wieder in faktischen Scheußlichkeiten, deren massenweises Auftreten uns ganz arg daran hindert, irgendwelche größere Zusammenhänge zu erfassen und etwas zu kapieren.

Nicht wenige flüchten sich, wie eh und je, in die Scheinwelten ihrer Massenmedien, in das Privatleben ihrer Promis und merken gar nix. So lange halt merken sie gar nix, bis die unter ihrer Mithilfe geschaffene Wirklichkeit sie brutal aus ihren Scheinwelten herausreißt.

Iss nu mal so.

So isses.

Donnerstag, November 29, 2012

Von den führenden Denkern unserer Zeit

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In freier deutscher Übersetzung das Vorspann eines Artikels bei Polit-online zu dem nicht abebbenden westlichen Pussyriot-Fieber:

„Nachdem die ‚rebellierenden Genitalien‘ sich zu den Höhen des Kandinsky-Preises wieauch des Sacharow-Preises erhoben sahen und die „Time“ sie zur „Persönlichkeit des Jahres“ nominiert hatte – da hielten auch die Nerven der Zeitschrift ‚Foreign Policy‘ nicht mehr stand, und sie gesellte mit machtvoller Geste die dreie zu den 100 führenden Denkern unserer Zeit.“

Daß die Pussyriots für jene wohlgesonnenen westlichen Bürgersleut‘, die sich als Krone des Weltenfortschritts sehen, zunehmend die Spitzen des Weltenruhmes erklimmen werden, war vorauszusehen; denn immerhin entsprechen sie in ihren Grundzügen genau dem Profil der westlichen ‚Promis‘ und bieten zudem eine herrliche Gelegenheit, den ‚bösen Russen‘ am Zeug zu flicken.

Daß – nicht die ‚Russen‘, aber die in Rußland über Macht verfügende Kreise – alles dransetzten, mit dem Aufhebens um diese drei leicht verwirrten Mädels sich lächerlich zu machen, ist auch für weniger wohlgesonnenes im Westen basiertes Volks nicht zu übersehen; und daß die dreie nicht ins Gefängnis gehören, dürfte auch klar sein.

Und genauso ist nicht zu übersehen, daß diese Rußland beherrschende Machtclique einen – vielleicht sogar beabsichtigten? – Beitrag geleistet hat zu einem weiteren Verblödungsschritt der wohlgesonnenen sich als Krone des westlichen Fortschritts sehenden westlichen Bürgersleut‘.

Obwohl es fast schon keinen Unterschied mehr ausmacht, ob sie die drei verwirrten Mädels zur Krone der zeitgenössischen Denkergarde hinzugesellen oder nicht; det iss alles gehopst wie gesprungen, und ein klein wenig mehr oder klein wenig weniger blödsinnig ist vor dem Hintergrund der allgemeinen Lage der Dinge eigentlich egal.

So isses.

Mittwoch, November 21, 2012

Aus dem Umfeld des Pussyriotismus

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(In leichter Überarbeitung ein paar noch immer aktuelle Notizen, die ich in den Anfängen des Pussy-Riot-Syndroms bei Facebook hinterließ)

In den russischen „Isvestija“ stieß ich auf einen Bericht, dessen Zusammenfassung in deutscher Übersetzung wie folgt lautet:

„Nachdem eine Bewohnerin aus Dolgoprudny [Vorort von Moskau] ihre lästig gewordenen Kinder aus dem Fenster geworfen hatte, wurde beschlossen, in den Schulen Spezialunterricht einzuführen. Und zwar sollen den Schülern aus den Moskauer Vororten Geistliche über familiäre Werte erzählen.“

Bei jemandem (wie zum Beispiel bei dem Verfasser vorliegender Zeilen), der auf eigene nicht sehr erhebende Erfahrungen mit der hohen Geistlichkeit zurückblicken kann und in den letzten Tagen zudem die tragikomischen laufenden Berichte zum Pussy-Riot-Prozess mitverfolgt, wo die russische Staatsmacht mitsamt der mit ihr verflochtenen Kirchenmacht in wirrer Willkür alles dransetzen, sich lächerlich zu machen – kann eine solche Nachricht als Anregung dienen zu durchaus humoristischen Assoziationen.

Vorstellen kann man sich zum Beispiel, wie da so ein frommer bekutteter Mensch vor der Klasse steht und den verblüfften Schülern erzählt, daß Kinder von Gott sind und daß man sie deshalb nicht zum Fenster hinauswerfen soll; und solches und ähnliches mehr.

Und allen Ernstes stellt sich die Frage: Wird nach dieser Pussy-Riot-Getue in Rußland überhaupt noch ein intelligenter Mensch in der Lage sein, das kirchliche Getue ernstzunehmen?

Selbst hab ich übrigens nichts gegen Kirchenleute; ganz egal welcher Couleur: soll jeder nach seiner Façon selig werden; und warum soll es nicht Menschen geben, welchen dieses Kirchliche etwas gibt für ihre Entwicklung.

So lange hab ich nichts gegen sie, als sie sich anständig benehmen. Wo sie aber das seelische verlassen und mit Hilfe weltlicher Macht allerlei Unfug und Unheil anrichten – hört der Spaß auf. Oder – günstigstenfalls – wird’s komisch.

Det iss alles recht kompliziert und vielschichtig. Auch der Kommunismus der Sowjetzeit war, meinem Eindruck nach, von unreflektierter wirrer Metaphysik durchsetzt. Später, nach dem Fall der Sowjetunion, kam das dann deutlicher zum Vorschein. In den neunziger Jahren hatte ich, ganz aus der Nähe, in Rußland mit ein paar Blättern zu tun, die ein wirres Amalgam boten aus Stalinismus und orthodoxem „Christentum“. Einer der Autoren, mit dem ich öfter zu tun hatte, sagte mir, daß Stalin direkt mit Gott in Verbindung stand.

Zunächst scheint man zur Zeit auf die orthodoxe Kirche als demagogisches Machtmittel zurückgreifen zu wollen; das funktioniert ja auch. Und die orthodoxe Kirche hat – entgegen anderslautenden Beteuerungen – durchaus jahrhundertlange Erfahrung darin, im Verein mit der Staatsmacht die Menschen zu unterdrücken. Vielleicht nicht ganz so extrem die die katholische Kirche; aber in der Hinsicht ist sie doch sehr katholisch. Man denke nur an die Altgläubigenverfolgungen, die damit zusammenhängende Belagerung des Solowjetzi-Klosters mit anschließendem Gemetzel; und so manches andere.

Irgendwie scheint da sehr vieles untereinander zusammenzuhängen; man müßte das genauer untersuchen.

Noch ein paar Worte zu den „Pussy Riots“: Die Mädels scheinen über ein gewisses geistiges Potenzial zu verfügen; sind halt noch sehr jung und haben sich etwas verheddert. Unter anderem in den westlichen „Werten“, nach denen sie gierig grabschen. Es ist, leider, tatsächlich so, daß begabtere Russen dazu neigen, den Westen zu idealisieren und sich von dort ihre „Werte“ zu holen. Und die bedauerliche Tatsache, daß der „Westen“ mit sich selbst nicht zurechtkommt und außer Mist kaum was zustandebringt, trägt auf solchem Wege denn auch zur Verstärkung des Durcheinanders in Rußland bei.

Und die gelegentlich behandelte Frage, ob das Pussy-Riot-Umfeld von entsprechenden westlichen Stellen finanziert wird, erscheint mir vor solchem Hintergrund zweit-oder drittrangig oder sogar bedeutungslos. Der Westen hat solches gar nicht nötig; er braucht nur sein eigenes Durcheinander zu fördern; und nach Rußland verpflanzter im Westen veranlagter Unfug wird – wie die Erfahrung zeigt – dort ganz automatisch auf die Spitze getrieben.

So isses.

Mittwoch, November 14, 2012

Vom Anderssein

„Der springende Punkt um in Erinnerung zu bleiben ist nicht, zu sein wie alle anderen, sondern aus der Reihe zu tanzen“

(zufällig erblickte Facebook-Statusmeldung)

Eben det iss der springende Punkt: aus der Reihe tanzen, um in Erinnerung zu bleiben.

Und sich dabei noch einbilden, man bewege sich mit seinem „Anderssein“ außerhalb des Mainstream, während man in Wahrheit und Wirklichkeit durch seine Eitelkeit nur noch tiefer hineingezogen wird.

Unbewußt sich einmischende Eitelkeiten vernebeln die Motivation…

Ganz was anderes ist, wenn man, rein um der Sache und der Gedanken willen, Gedanken ausformuliert und sich um Dinge kümmert, die zufällig vom „Mainstream“ nicht anerkannt werden. Solches kann, im Gegensatz zum „Andersseinwollen“, übrigens recht unerquicklich und mühsam sein.

Wer bloß „anders sein“ will – dem geht es darum, bewundert und erinnert zu werden. Wem es um die Gedanken und um die „Sache“ geht – der möchte verstanden werden.

Unhinterfragt ein gezielt aufgesetztes „Anderssein“ bewundern ist natürlich viel einfacher, als ein unfreiwilliges gedankengetragenes „Anderssein“ zu verstehen.

Die effektvolle eitelkeitsgetragene „Andersartigkeit“ erreicht von jeher genau das Gegenteil dessen, was sie anzustreben vorgibt: nämlich eine Festigung des „Mainstream“, indem durch leichtverdauliche glitzernde Illusion von Fortschritt die Abwehr gegen eigene Anstrengung fordernden realen Fortschritt verstärkt wird.

Mögen wir uns denn, jeder für sich, von Fall zu Fall jeweils gnadenlos Rechenschaft ablegen, warum wir aus der Reihe tanzen wollen. Und wenn wir merkten, daß wir tatsächlich aus der Reihe tanzen wollen – uns besser um was anderes kümmern.

So isses.

Montag, November 12, 2012

Auf dem Weg zu sich selbst

Einleitend sei gesagt, daß der Vorsatz, „zu uns selbst zu finden“, außer Wortemachen und Sentimentalitäten meist nicht viel bringt. Real umschrieben vielleicht so: müde des von „außen“ übernommenen illusorischen Halts durch Dogmen und Programme – inmitten des allgemeinen Gewusels “in sich selbst” eine reale Stütze suchen.

Nennen wir es aber mal abkürzenderweise „unterwegs zu uns selbst“; iss ja egal, wie man’s nennt...

Auf jenem vielbeschworenen „Weg zu uns selbst“ also – so wir ihn denn real nehmen und nicht als abstraktes Lippenbekenntnis – stoßen wir sofort auf ein ganz gewichtiges Hindernis:

Auf die halbbewußte Angst nämlich vor der Einsicht: Wie wenig wir eigentlich klar, evident, mit eigenen Mitteln durchschauen. Im Vergleich zu dem gewohnheitsmäßig mitgeschleppten Anerzogenen, Angelesenen iss det schon extrem wenig.

Was natürlich zunächst sehr unangenehm ist.

Wenn wir uns nun dieser Angst stellen und klar Schiff machen – wird sie immer weniger; nach und nach kommt man dahin, sich zu orientieren, was man selbst sieht und versteht und was nicht.

Und die Scheu, sich selbst und anderen einzugestehen, daß man etwas nicht versteht, nicht erfaßt – löst sich auf, und macht den Platz frei für – wie langsam auch immer sich entwickelndes – reales Erkennen.

Wo man selbst noch nicht durchblickt, nimmt man das Angelesene, Anerzogene als Krücke; doch macht man das nun bewußt, während man vorher die Krücken mit den eigenen Beinen verwechselte.

Wer sich dieser Angst nicht stellt – ja nun, der bleibt halt in dem stecken, was wir andernorts als „absoluten Wahnsinn“ charakterisiert haben; ganz egal, mit welchen Dogmen er sich über sein Stagnieren hinwegschwindelt (und das Feld der Dogmenherrschaft ist weiter gefächert als man glaubt).

So isses.

Dienstag, Oktober 16, 2012

Durch dumpfe Wirrnis Verkrüppelte…

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Das Satire-Magazin „Postillon“ veröffentlichte eine Sammlung von Kommentaren, deren Verfasser offenbar nicht merkten, daß sie in einem Satiremagazin gelandet sind.

Schaurig-komisches Zeugs.

Auf dem ersten Blick mag es merkwürdig scheinen, daß es Leute gibt, für welche der Unterschied zwischen ernsthafter Erörterung und Satire bis zum Verschwinden verwischt ist; bei näherem Hinsehen isses aber hinwiederum verständlich.

Nämlich:

Hilflos gefangen in der Atmosphäre dumpfer Alltagsabsurdität, ausgesetzt der Berieselung des wirren Massenmedien-Unsinns, nimmt der Mensch von heute – so nicht genügend geübt, dieser trüben Brühe eigene Gedanken entgegenzusetzen – restlos alles für bare Münze, was ihm entgegentritt; und wenn er irgendwo mal Widersprüche oder Unsinn entdeckt, so freut er sich sehr über seinen Scharfsinn.

Und naturgemäß werden solche Entdeckungen am ehesten dort gemacht, wo der Alltagsunsinn bewußt auf die Spitze getrieben wird.

(Bei YouTube schaute ich mir mal Ansprachen von offensichtlich besoffenen Politikern an; und noch verrückter als die Ansprachen selbst die Tatsache: daß manche allen Ernstes kommentierend auf deren wirren „Inhalt“ eingingen.)

So isses

Freitag, Oktober 12, 2012

Vom Nobelpreis

Hab ich das richtig gelesen? Der Friedensnobelpreis geht an die EU?

Das iss ja schon fast so gut wie der Karlspreis der Stadt Aachen.

Nun sind denn alle EU-Bürger mitsamt Bürgerinnen, ob sie wollen oder nicht, Nobelpreisträger. Inklusive solche, die mit dem EU-Getue aus diesen oder jenen Gründen ganz oder teilweise nicht einverstanden sind.

Oder haben letztere etwa das Recht, den Nobelpreis abzulehnen? Müßten sie eigentlich. Sartre, zum Beispiel, hat ihn seinerzeit abgelehnt; und was ein Sartre darf, darf sicher auch ein einfacher EU-Bürger.

Vielleicht eine Bürgerinitiative: "Wir wollen keinen Nobelpreis, wir wollen nur menschenwürdig leben".

Oder T-Shirts mit der Aufschrift: "Ich bin kein Nobelpreisträger?"

Es gibt viel zu tun. Packen wir es an.

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Donnerstag, Oktober 11, 2012

Verstreutes zu den Pussyriots

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Inzwischen wurde eine der Pussyriots auf Bewährung freigelassen. Vor einiger Zeit, schon nach dem Urteil, anläßlich irgendeiner Anhörung, entließ die Betreffende ihre Rechtsanwälte und holte sich neue. Auf mich erweckte das den Eindruck eines Kuhhandels mit dem Gericht; bin aber nicht sicher, da ich die Sache in den Einzelheiten nicht mehr verfolge. Daß sie nun auf Bewährung frei kam bekräftigt diesen Eindruck; aber det kann alles auch ganz anders sein.

Ist auch mehr oder weniger egal; es gibt Wichtigeres und Schlimmeres auf der Welt, und über alles kann man sich nicht schlau machen.

Im Weiteren ein paar verstreute Anmerkungen:

♦ Meiner Ansicht nach gehören alle dreie nicht ins Gefängnis

♦ Der Pussyriotismus ist die Resultante eines komplizierten Zusammenwirkens russischer und internationaler Verrücktheiten, und die dreie sind bloß unschuldige Opfer dieses Zusammenwirkens

♦ Das gedankenlose westliche „Free Pussy Riot“ – Geschrei hat, meinem Eindruck nach, deren Lage nur verschlimmert.

♦ Die dreie gehören nicht nur nicht ins Gefängnis, sondern verdienen auch nicht den Sacharov-Preis. Der Sacharov-Preis war, wenn ich recht verstehe, gedacht als Anerkennung für besonnenes, mutvolles Handeln unter besonders schwierigen Bedingungen. Bei den dreien liegt solches nicht vor; sie sind, wie angedeutet, meiner Meinung nach bloß unschuldige Opfer des Zusammenwirkens russischer und internationaler Wahnsinnserscheinungen wieauch ihres eigenen gedankenlosen Leichtsinns.

♦ Selbst wenn man nicht allzu aufmerksam die russischen Medien verfolgt, weiß man, daß es in Rußland weitaus tragischere und unschuldigere Opfer der Justizwillkür gibt. Bloß interessiert man sich im Westen nicht dafür, weil det sich nicht so gut vermarkten läßt als jene Pussyriots.

♦ Meinem Eindruck läuft Rußland, unter anderem, Gefahr, zu einem totalitären „Gottesstaat“ zu werden. Genauso wie andere Staaten, jeder auf seine Weise, an den Schwellen zu anderen Katastrophen stehen.

♦ Ich habe etwas Probleme zu unterscheiden, was in Rußland zur Zeit gefährlicher ist: die Regierung, die Kirche oder die Opposition. Das schaukelt sich alles gegenseitig hoch, bis es wieder, mit klein wenig anderen Vorzeichen, „sowjetisch“ wird.

♦ Womit ich aber keineswegs den unverbesserlichen „Kalten Kriegern“ das Wort reden will. Die „Kalten Krieger“ sollen den Mund halten und vor ihrer eigenen Haustür fegen; da gibt es Dreck genug. Es gibt reale Probleme; wenn man die sieht und sich besonnen damit auseinandersetzt, und auch versteht, daß das nicht „Rußland“ ist, sondern – gleich dem, was immer stärker im Westen am Wuchern ist – eine Krankheit, kann man mitreden; wenn man bloß kaltkriegerisch auf die „bösen Russen“ zeigt, soll man besser den Mund halten.

♦ Und nicht nur Rußland steht an der Schwelle zum „Sowjetischen“, zum Totalitären. Inzwischen scheinen sogar viele Europäer zu merken, was bei ihnen vor der Tür steht.

♦ Die Zukunft wird weltweit möglicherweise etwas unbequem sein

Eben.

Nachbemerkung 31. August 2015

Inzwischen kam es zu der ukrainischen Katastrophe und zu noch so manchem anderem, bei dem die westlichen Politiker und die offiziellen westlichen Massenmedien wieauch der westliche Pöbel die Gelegenheit fanden, sich von ihrer besten Seite zu zeigen.

Vor diesem Hintergrund muß ich die russischen Probleme und deren Entwicklung, die ich damals beobachtete und die ich auch weiterhin beobachte, relativieren: Nämlich schrumpfen die russischen Probleme im Vergleich zu dem, was sich im Westen tut und im Westen sich anbahnt, zu einer kaum noch der Beachtung werten Größe.

Obwohl man sie, die russischen Probleme, natürlich beachten muß, damit sie nicht ins Kraut schießen; aber im Gegensatz zum Westen mit seinen explosionsartig sich vermehrenden Unruhen und der überhand nehmenden Verwirrung und der immer offensichtlicher werdenden „Herrschaft der Schlechtesten“ dürfte Rußland immerhin noch eine Chance haben, größere Katastrophen zu vermeiden.

Nur so zum Sagen…

Kakerlake

 

Sonntag, Oktober 07, 2012

Nächtlicher Gedichtentwurf

In der Luft liegt Wahnsinn.

Liberale bereiten dem Fortschritt

den Weg

und sind tolerant,

und kloppen sich wild

mit im Gestern verbliebenen

Konservativen.

Die Konservativen bewahren die Werte,

die wertvoll von Opa sie einst übernommen;

und keiner weiß, was er will,

was er soll,

und keiner weiß,

was ihm blüht….

So isses

Freitag, Oktober 05, 2012

Georgien und Iwanischwili

Zwei im Rohzustand belassene bei Facebook hinterlassene Mitteilungen.

Vielleicht schreib ich noch wat ausführlicheres.

Übrigens find ich es bezeichnend, daß von den Deutschen nur die allerwenigsten sich für das, was nun in Georgien los ist, zu interessieren scheinen.

Wären irgendwelche publikumswirksam vermarktbare maskierte Mägdelein mit im Spiel, so könnte man wenigstens etwas Geschrei erheben; aber so....

Jemand machte mich auf einen Spiegel-Artikel aufmerksam; durch und durch demagogisches Zeug über irgendwelchen "Krösus" im typischen schnoddrigen Spiegel-Stil; dann gab es kurz hin und wieder ein paar knappe Anmerkungen zu dem Gefängnis-Skandal; doch das ist inzwischen auch wieder abgeebbt.

Aber vielleicht sogar besser vollständiges Schweigen als irgendwelches Gemache in der Art des dämlichen Pussy-Riot-Geschreis.

Iwanischwili ist, im Gegensatz zu den meisten heutigen Politikern, intelligent und, wie mir scheint, auch anständig. Auf welchen Wegen er seine Milliarden erworben hat, weiß ich nicht; bin dem nicht nachgegangen; aber in den postsowjetischen Wirren gab es ja die verschiedensten Wege.

Hinwiederum ist Iwanischwili, meinem Eindruck nach, völlig frei von dem primitiven phantasielosen "Raffreflex" zahlloser reicher und nichtreicher Zeitgenossen; das heißt, daß er nicht, wie das bei sehr vielen Reichen und weniger reichen der Fall ist, rein gewohnheitsmäßig und reflexhaft an sich rafft, was nicht niet- und nagelfest ist.

Er ist reich, kann frei disponieren; und das scheint ihm zu reichen.

Daß er, ohne großes Tamtam, einfach so mit seinen Mitteln sich um Entwicklung der Infrastruktur in seinem Heimatbezirk Sachkhere gekümmert hat, ist ja bekannt.

Manche werfen ihm seinen Reichtum vor (der erwähnte Spiegel-Artikel spielte unübersehbar mit den Neidgefühlen der zahllosen Zeitgenossen, die gerne raffen würden, wenn sie nur an die richtigen Quellen kämen, und die deshalb neidisch sind auf diejenigen, die was haben).

Für mich geht es nicht um die Frage, ob jemand über Mittel verfügt, sondern um die Frage, wie er seine Mittel einsetzt.

Iwanischwili hätte ohne seine beträchtlichen Mittel nicht erreichen können, was er erreicht hat.

Und was er erreicht hat, ist, zum gegebenen Moment, als allermindestes mal eine Verschnaufspause für Georgien (daß dort nicht alles ganz koscher ist, weiß man im Westen dank der teils schweigenden, teils lügenden Presse nicht so sehr; aber das ist so. Von dem Folterskandal in den Gefängnissen wurde mal geschrieben und gesprochen; aber das verebbte bald wieder).

Falls die Wessis ihm, ihnen nicht in den Rücken fallen, könnte eine Chance bestehen, daß Georgien nach und nach - aber natürlich nicht von heute auf morgen - auf die Beine kommt.

Aber, wie gesagt: als allermindestes dürfte es mal eine Verschnaufspause geben.

Objektive deutschsprachige Nachrichten über Georgien findet man übrigens hier.

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Freitag, September 28, 2012

Vom Berühmtsein

Sollte ich mal richtig berühmt werden, so würde ich mir ein neues Pseudonym zulegen.

Denn es ist doch lästig, wenn das Volks einem, ohne wat zu kapieren, gewohnheitsmäßig alles nachplappert, nur weil man berühmt ist.

Aushalten können sowas nur Leute, die sowieso nix zu sagen haben oder die schon tot sind.

(Wilhelm von Dorten)

Samstag, September 15, 2012

Vom schlafen, Schlafwandeln und Aufwachen

Der Mensch von heute lebt, im Allgemeinen, mehr oder weniger im Tiefschlaf. Schlafwandelt etwas herum, redet auch im Schlafe (manches klingt sogar im ersten Moment recht gescheit); läßt sich auch willig in Programme einbinden, wo er weiterschlafen kann. Alles in allem: der Schlaf bestimmt unsere heutige Realität.

Fragen haben mit einsetzendem Aufwachen zu tun.

Es gilt, diese Momente zu erkennen und einzugreifen. Das ist ganz was anderes, als via Agitation Anhänger für ein Programm zusammenzutrommeln. Anhänger stolpern in ihrem Halb- oder Tiefschlaf von einem Programm zum andern; doch wer sich seiner Fragen bewußt wird und ihnen nachgeht – der weiß, was er tut.

[Zur Weiterentwicklung drängende aufkeimende Fragen bei anderen erkennen kann natürlich nur derjenige, der für in ihm selbst aufkeimende Fragen sensibilisiert ist. Wem diese Sensibilisierung fehlt, der versteht vermutlich gar nicht, was hier gemeint ist]

So isses

Freitag, September 14, 2012

Vom Verletztsein

Gibt es im Deutschen eigentlich keinen besseren Ausdruck als „Depression“? Solche pathologietingierte Wörter (zu denen auch Sachen wie „Burnout“ gehören) stigmatisieren doch schon von vornherein und weisen dem Betroffenen seinen Platz außerhalb der „Normalität“.

In unseren immer wirrer und perverser werdenden Zeiten, wo der Einzelne immer weniger die Chance hat, sich in rechter Weise ins Leben einzubringen, sind kürzere oder längere Anfälle von Verzweiflung oder extremer Niedergeschlagenheit völlig normal.

Nicht verzweifeln tun höchstens Leute von

a) extremer seelischer Stärke und Reife, die ihr Innenleben voll unter Kontrolle haben und selbst in der Unwegsamkeit Wege schlagen können (was nicht bedeutet, daß solche keine Niedergeschlagenheit empfinden können; sie sind nur häufig stärker als die Niedergeschlagenheit),

oder, umgekehrt, von

b) extremer seelischer Seichtheit und Unreife, die nix merken und sich selbst an den größten Unsinn problemlos anpassen können.

Vor solchem Hintergrund scheint es verfehlt, verzweiflungs- oder niedergeschlagenheitsbedingtes Nichtangepaßtsein mit solchen pathologiebeladenen Etiketten zu bekleben und, schüchtern in der Ecke sitzend, vielleicht in Selbsthilfegruppen gegenseitig die Wunden leckend, die „Funktionierenden“ zu bitten, einen doch ein bißchen zu verstehen. Die unter a) charakterisierten „Normalen“ verstehen sowieso, während die unter b) charakterisierten sowieso nix verstehen und sich höchstens in ihrem Überlegenheitswahn bestätigt fühlen.

Unter anderem geht es darum, das kranke Normalitätsverständnis zu kurieren; dann hat man schon ganz klein wenig gewonnen.

Und daß die normale heile Welt am Zusammenkrachen ist, det iss inzwischen sogar schon für manche Halbblinde sichtbar.

Um Mißverständnisse zu vermeiden:

Diese kurze Anmerkung ist nicht in dem Sinne gemeint, daß man die das „Verletztsein“ zur überlegenen Pose machen soll, um in solcher zu glänzen (in Zeiten, die dazu neigen, sofort alles zur Pose zu machen, keine überflüssige Anmerkung); sie soll einfach bloß Anregung sein, das reale Verletztsein in seinem gesellschaftlichen Kontext zu durchdenken.

So isses

Montag, September 10, 2012

Außenseiterisches

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Im herkömmlichen Sinne rechnet man zur „Außenseiterkunst“, „Outsider Art“, „Art brut“ die Arbeiten von Menschen, die, ohne eine offizielle Ausbildung absolviert zu haben und ohne einen entsprechenden Status (Künstler, Schriftsteller o.ä.) anzustreben oder auszufüllen, ohne finanzielles oder sonstiges der Sache fremdes Interesse rein aus einem elementaren Ausdrucksbemühen oder aus reiner Freude am Gestalten in den verschiedensten Bereichen künstlerisch tätig sind. Streben nach Perfektion oder gar Annäherung an solche gilt bei dieser Sichtweise als außenseiterfremd; was hier zählt ist: ausdrucksstarker Rohzustand.

Solche Sichtweise liegt auch dem in den neunziger Jahren in Moskau gegründeten und 2011 nach Montenegro verlegten Zentrum für Außenseiterkunst zugrunde, dessen Entstehen ich in Moskau aus der Nähe mitverfolgte und mit dem ich nun, nach mehreren Jahren ohne Kontakt, in Montenegro zusammenarbeite.

Ich selbst empfand das Postulat bezüglich „Fehlen von Professionalität“ und „Rohzustand“ von jeher als einengend; das Wesentliche sehe ich in der von sachfremden Beimischungen (wie Ehrgeiz, Gewinnstreben, Nachahmen angelernter Formen usw…) unberührten Ehrlichkeit; ganz egal, ob der Schaffende die Regungen seiner Seele spontan, unreflektiert ins Äußere verkörpert, oder ob er sie bewußt zu einer gewissen Stimmigkeit mitgestaltet, ausgestaltet.

Das heißt, es geht mir nicht um den Unterschied zwischen professioneller und nichtprofessioneller Kunst, sondern: zwischen ehrlichem Ausdrucksbemühen, ehrlicher Freude am Gestalten einerseits, und Augenwischerei andererseits.

In beiden Richtungen – im ehrlichen Ausdrucksbemühen wie in der Augenwischerei – gibt es ein weites Spektrum von reinem Amateurschaffen bis hin zu ausgearbeiteter Professionalität; nur die Mittel und Resultate sind jeweils andere.

Und dann gibt es neben der einfachen Augenwischerei noch die Augenwischerei zweiter Stufe, die Augenwischerei2.

Bei der einfachen Augenwischerei, der Augenwischerei1 also, malt oder schreibt irgendein konkreter Mensch solcherart, daß er damit Anerkennung im Geiste der herrschenden Kriterien anstrebt, ohne daß er von sich aus etwas auszudrücken hätte; rein der Anerkennung oder des Geschäftes willen. Das kann rein amateurhaft sein, kann aber auch unter Anwendung angelernter professioneller Techniken geschehen.

Bei der Augenwischerei zweiter Stufe, d.h. der Augenwischerei2, geht es nicht mehr darum, daß ein konkreter Akteur durch kunstähnliche Tätigkeit Eindruck schinden will; da treten die Imagemaker auf den Plan und sonstige Sozial-Medizinmänner, die systematisch durch psychologische und soziale Tricks irgendwelche Leute (die nicht zuviel eigene Ansätze aufweisen, nicht zuviel Rückgrat haben dürfen, da sonst die Gefahr besteht, daß sie durch eigenständige Schritte die Arbeit der sie aufbauenden Sozialmedizinmänner durcheinanderbringen) im Bewußtsein der Öffentlichkeit zu großen Schriftstellern oder Künstlern oder sonstigen „Promis“ aufbauen. Wenn diese Sozial-Medizinmänner ihr Geschäft verstehen, so kann die von ihnen aufgebaute Person den größten Unsinn verzapfen, der dann vom Publikum als höchste Weisheit, höchste Kunst anerkannt wird. Die Augenwischerei2 ist natürlich immer hochprofessionell; ohne professionelle Tricks funktioniert das nicht. Das heißt: hochprofessionell seitens der Sozial-Medizinmänner; der von ihnen Aufgebaute ist nur Material.

Menschen, die ehrlich etwas zum Ausdruck bringen, galten zu allen Zeiten als Spinner oder auch Kriminelle: weil man sie nämlich - vor dem Hintergrund des Altvertrauten und Gewohnten - nicht verstand und weil aus der Geistesgegenwart heraus ehrlich Ausformuliertes sich immer unterscheidet von den Schlagworten und den allgemein anerkannten Schematismen.

Anders gesagt: wer ehrlich unter Entwicklung eigener Lebensformen, Ausdrucksformen abseits aller gewohnter fixen Vorstellungen, Lebensschemen, Ausdrucksschemen, Jargons seinen Weg geht, ist immer „Außenseiter“.

Dies gilt ganz besonders für die heutige Zeit, wo – nicht zuletzt dank der unterstützenden Funktion der Massenmedien und der Sozialmedizinmänner – im Grunde alles auf Augenwischerei aufgebaut ist, während man ehrlichen Ausdruck, ehrliches Ausdrucksbemühen eher als schrullig empfindet.

Dies, nebenbei gesagt, als Anlauf für eine Neuformulierung des Anliegens dieses unseres Zentrums, welches, räumlich gesehen, untergebracht ist in dem auf untenstehemdem Foto abgebildeten grünen Haus im Hintergrund.

In Hoffnung auf eine erfolgreiche Weiterführung dieses Anlaufs

So isses

dom