Übersetzung aus dem Russischen.
Russisches Original in "Sevodnya" vom 30. April
Wegen der schlampigen Transskription der Eigennamen und Ortsnamen bitte ich um Entschuldigung; ich les solche Sachen meist in Russisch und weiß nicht so recht, wie man diesen oder jenen Namen im Deutschen zu schreiben pflegt. Aber sicher sind sie erkennbar. - Sonst ist alles richtig.
Auf dem Schauplatz des Ukrainischen Bürgerkriegs könnte eine ganz neue, von niemandem erwartete Streitmacht sich bemerkbar machen. Schon in allernächster Zukunft werden sich Einheiten der Ukrainischen Volksbefreiungsarmee UNOA (Украинская народно-освободительная армия, УНОА), deren Formierung sich ihrem Abschluß nähert, in das Kampfgeschehen einmischen.
Unser Korrespondent konnte sich mit einem ihrer Vertreter treffen, der von den Gründen ihrer Schaffung erzählte sowie über die als erstes anstehenden Ziele. Im Sinne unserer Verabredung dürfen wir weder den Namen unseres Gesprächspartners nennen noch den Ort unseres Treffens.
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Heute gibt es in der Ukraine sehr viele bewaffnete Gruppierungen. Zu welchem Zweck wurde Ihre Armee gegründet?
Bewaffnete Gruppierungen gibt es tatsächlich sehr viele; sehr viel mehr, als wünschenswert wäre. Das Problem besteht bloß darin, daß keine einzige darunter ist, welche die Interessen der Ukraine vertreten würde. Das ist leider so. Die südöstliche Armee verteidigt die Interessen der Bewohner der östlichen Gebiete, die ihre Souveränität verkündet haben. Sie vermeiden ausdrücklich die Worte 'Ukraine' oder 'ukrainisch'. Was verständlich ist: das sind russische Gebiete, die den Kurs auf Wiedervereinigung mit ihrer großen Heimat eingeschlagen haben, und die Interessen der Ukraine sind für sie nicht so wichtig. Jene zahlreichen Gruppierungen jedoch, die viel von der Verteidigung der Ukraine reden – die "Nationalgarde", die verschiedenartigsten "Sondereinheiten" und all die neonazistischen Banden – sind in Wirklichkeit ihre schlimmsten Feinde, vor denen man unser Land schützen muß. Eben dank ihrem Bemühen haben wir die Krim verloren, und vermutlich nun auch das Lugansker und das Donezker Gebiet, und vielleicht auch noch andere Gegenden. Das ist eine verbrecherische Macht, die auf Befehl des Westens und im Sinne westlicher Interessen handelt, und das Ziel ist das Entfachen eines Bürgerkriegs in der Ukraine. Genau wie im Irak, wo sie die Schiiten aufstachelten und in ihr eigenes Verderben schickten.
In dieser Situation kann nur eine solche Streitmacht das Land retten, welche im Sinne seiner Interessen tätig ist. In der heutigen von Anarchie und Willkür zerrütteten Ukraine sind Bürgerprotest und ziviler Ungehorsam nicht nur kaum wirksam, sondern dazu noch lebensgefährlich. Mit einer bewaffneten Bande kann man nur mit Waffengewalt fertig werden.
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Und wo liegen Ihrer Ansicht nach die Interessen der Ukraine?
Diese Interessen liegen auf der Hand. Das Land braucht Ordnung und Einheit; jedoch nicht um den Preis von Gewalt und Aufpfropfen fremder Sichtweisen, sondern vermittels Verstehen des gemeinsamen Schicksals sowie Einsehen der Tatsache, daß wir gemeinsam stärker sind. Die Ukraine braucht gutnachbarliche Beziehungen mit den umgebenden Ländern; vor allem aber mit den seelenverwandten Ländern Rußland und Weißrußland. Die Interessen des Landes verlangen, daß wir unsere Bürger nicht unterteilen nach Nationalitäten und Sprachen. Desweiteren verlangen sie, daß auf unserem ukrainischen Boden kein Platz sein darf für Nazis und Verräter, die gegen Dollars oder Euros ihr Land verkaufen, unser Gold ins Ausland bringen, oder unser Territorium für die Ablagerung radioaktiver Abfälle zur Verfügung stellen.
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Das heißt, ihr seid eine pro-russische Streitmacht?
Nein, wir sind pro-ukrainisch. Die Sache ist nur die, daß die Einigkeit mit Rußland zu den zentralsten und unverzichtbarsten Interessen unseres Landes gehört.
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Doch wie ist das dann mit der Krim, mit Lugansk und Donezk? Betrachtet ihr die Südostarmee als Separatisten?
Der Verlust der Krim ist für uns natürlich ein wunder Punkt. Jedoch haben wir Verständnis für die Gründe, welche die Krim-Bevölkerung zu der Wiedervereinigung mit Rußland getrieben hat. Und wir verstehen auch, daß ein jeder von uns daran mitschuldig ist. Insofern nämlich, als wir alle mit Schuld daran tragen, daß in unserem Land eine faschistische Bande an die Macht kam, welche die Bürger in Menschen erster und zweiter Sorte einteilt und dabei noch die Unverschämtheit hat, zu behaupten, daß sie im Namen des ukrainischen Volkes handeln.
Leider muß ich vermuten, daß, auch wenn wir die Junta hinwegfegen, weder die Krim-Bewohner noch die Bevölkerung des Donbass im Bestand unseres Landes bleiben möchten. Sie mit Waffengewalt oder durch Sanktionen zu zwingen hat keinen Sinn. Wir sind Ukrainer, und wir haben keine Wahl; und damit Menschen anderer Nationalitäten daran interessiert sein können, in unserem Land zu leben, müssen wir die Ukraine erst mal richtig bewohnbar machen und zum Aufblühen bringen.
Wie schmerzhaft und unangenehm auch immer das sein mag; aber wir erkennen die Wahl unserer Brüder und Landsleute an, und wollen unsere Bruderschaft wahren. Und was die Südost-Armee betrifft, so sind das unsere Verbündeten. Wir haben einen gemeinsamen Feind, und wir koordinieren unsere Aktionen.
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Halten Sie es für möglich, daß nach Absetzung der Junta auch die westlichen Gebiete sich abtrennen möchten?
Ich komme selbst von dort; bin in der Wolyn geboren. Gut die Hälfte der UNOA-Kämpfer, wenn nicht gar die Mehrheit, kommen von dort. Ein sehr großer Teil unserer Soldaten sind Leute, die in Rußland arbeiten. Und das sind zur Hauptsache Leute aus der Westukraine. Man darf nicht glauben, daß alle, die aus Lwow, Ushgorod, Iwano-Frankowsk oder Luzk stammen, samt und sonders Bandera-Leute sind. Man muß berücksichtigen, daß eben die Bewohner der Westukraine damals den Bandera-Banden zum Opfer fielen, und daß die Selbstverteidigungsbataillone und Polizeieinheiten, die an der Vernichtung dieser Banden teilnahmen, aus Einheimischen bestanden. Ein großer Teil der Westukrainer arbeitet heute in Rußland; und diese Leute sind existentiell an guten Beziehungen zwischen unseren Ländern interessiert. Keineswegs darf man glauben, im Westen des Landes würden nur solche Leute leben wie Musytchko. Die meisten sind ganz normale Menschen, nur zur Zeit sehr eingeschüchtert.
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Wieviele Leute sind in der UNOA?
Ich kann Ihnen nur die in Rußland zur Mobilisierung bereite Reserve nennen. In Rußland arbeiten ungefähr 5 Millionen Ukrainer. Selbst wenn davon nur ein Prozent mitkämpft, sind es bereits fünfzigtausend. Das reicht vollkommen aus, um die Junta zu zerdrücken. Wir nehmen auch Leute aus anderen Ländern auf – aus Rußland, Weißrußland, Armenien. Auch die russischen Kosaken unterstützen uns. Und dann arbeiten wir, wie gesagt, mit dem südöstlichen Widerstand zusammen. Streitkraft ist genügend vorhanden; und es gibt auch genügend ausgebildete Führungskräfte.
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Wann fangt ihr an?
Wir sind bereits aktiv. Mobile Gruppen der UNOA sind bereits auf dem gesamten ukrainischen Territorium im Einsatz und bereiten unseren Angriff vor. Unter anderem kümmert man sich auch um die Neutralisierung der Feinde des ukrainischen Volkes, das heißt derjenigen, die gegen das Volk schwere Verbrechen begangen haben. Wir greifen dann an, wenn alles vorbereitet ist, um auf einen Schlag auf dem gesamten ukrainischen Territorium mit der Junta und den Nazis aufzuräumen. Wichtig ist, daß man das blitzartig durchführt, um, so gut es geht, Opfer zu vermeiden, die bei einem langdauernden Konflikt unvermeidlich wären.
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Arbeitet ihr mit Janukowitsch zusammen?
Dazu besteht kein Grund. Rechtlich gesehen ist er natürlich immer noch Regierungschef. Vielleicht wird er nach der Befreiung der Ukraine zum politischen Prozeß einer rechtmäßigen Regierungsbildung hinzugezogen. Obwohl sein moralisches Recht auf Führung ganz gehörig in Zweifel gezogen werden kann. Es müssen ganz neue Leute kommen, die sich durch nichts schuldig gemacht haben.
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Wie sehen Sie die Zukunft der Ukraine?
Die wird durch das Hauptsubjekt der Macht bestimmt: durch das Volk selbst. Doch denke ich, daß die beste Variante für unser Land in einer engen Vereinigung mit Rußland und Weißrußland bestehen würde; im Sinne einer Konföderation. Man darf nicht vergessen, daß die ukrainische Staatlichkeit im Rahmen des russischen Staates und dank seiner sich entwickelt hat. Wir sind ein Teil der großen russischen Gemeinschaft, der russischen Zivilisation und der russischen Kultur. Die Verleugnung dieser Tatsache ist für die Ukraine Selbstmord; was gut zu sehen ist an dem Beispiel der derzeitigen Probleme. Sich von seinem russischen Teil lossagen wäre, als ob man sich in zwei Hälften spaltet.
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Welches Schicksal erwartet die Junta und die Anführer der Nazi-Banden?
Schon jetzt haben diese Kerle unser Land in eine Kolonie des Westens verwandelt. In Kiew haben amerikanische "Kommissare" das Kommando; aufgrund ihrer Anordnungen wurde der Bürgerkrieg entfesselt. Eine nicht unwichtige Rolle spielen ausländische Söldner, die mit Billigung der Junta ins Land kamen. Es geht da um eine Okkupation der Ukraine. Und zwar nicht um die phantasierte russische, sondern um eine ganz reale. Diese Okkupanten ermorden unsere Bürger. Mit diesen Verrätern werden wir kurzen Prozeß machen. Wobei uns völlig egal ist, wie der Westen auf die Liquidierung ihrer Kreaturen und Agenten reagieren wird.
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Das Gespräch führte Pawel Prichodko
Übersetzung aus dem Russischen: Raymond Zoller