Dienstag, August 16, 2011

Taschenspielereien

Manches für sich genommen völlig uninteressantes Zeugs macht man interessant, indem man durch irgendwelche Tricks die Leute dazu bringt, darüber zu reden. Und dann wundern die sich, warum über diesen Unsinn so viel geredet wird.

Das heißt, wundern tun sich nur diejenigen, in denen noch ein Rest an Fähigkeit übriggeblieben ist zu unterscheiden zwischen dem, was sie interessieren kann, und dem, was sie nicht interessieren kann. All die übrigen wundern sich nicht und lassen willig bestimmen, was für sie wichtig zu sein hat.

Und die einen wie die andern – die einen leicht widerstrebend, die andern willig – lassen durch solche Taschenspielertricks sich zunehmend ihrer Selbständigkeit und Urteilsfähigkeit berauben.

Aber warum sollen sie eigentlich nicht?

Bloß sollen sie sich dann nicht wundern, wenn es sozial und wirtschaftlich bergab geht. Nämlich ist der soziale Zusammenhalt auf selbständige, urteilsfähige Menschen angewiesen.

Sonst geht’s schief.

Aber das macht nichts.

Warum soll nicht mal was schiefgehen.

Nich?

Dienstag, August 09, 2011

Soziale Plastik

Dorten_Kuenstler

[überarbeitete Stelle aus einem vor Kurzem geschriebenen Brief]

Nochmal zu unserem heutigen Gespräch über Beuysianer und und ähnliche Sozialtheoretiker: Die typischen Beuysianer sind so extrem vertheoretisiert und verkopft, dass sie in der Regel gar nicht mehr in der Lage sind, irgendwas im Sozialen zu verwirklichen; und wenn sie es versuchen, erinnern sie irgendwie an Köche, die vom Kochen keine Ahnung haben, die aber gut Kochbücher lesen können und mit aufgeschlagenen Kochbüchern in Händen wirr durcheinanderlaufen, nach Zutaten suchen, Waagen und Uhren einstellen, damit auf das Gramm und auf die Sekunde genau alles nach Kochbuch gehe, sich gegenseitig auf die Füße treten, gegen offene Schranktüren donnern, über fallengelassene Kochlöffel stolpern und sich darüber so verheddern, dass sie nicht einmal merken, dass noch immer keine Spur von Kuchen da ist, und in wohlwollender Herablassung auf diejenigen herabsehen, die ihre Kochbuchsprache nicht beherrschen und die einfach so, von sich aus und nach eigenem Können, Kuchen backen.

Donnerstag, August 04, 2011

Von den Freidenkern


Der wirkliche Freidenker gestattet sich selbst und seinen Mitmenschen, auf den Wegen jeweils eigener Erfahrung auf jeweils eigene Weise sich zurechtzufinden.
Wer sich aber in einem festen Dogmensystem eingemauert hat und dieses Dogmensystem auch seinen Mitmenschen als alleingültige Wahrheit aufzwingen möchte – der ist in seinem Denken nu mal nicht frei und somit nicht Freidenker; selbst wenn sein Dogmensystem mit irgendwelchen herrschenden Dogmensystemen in Widerstreit steht.
Die Inhalte der Dogmen sind letztendlich egal; ob katholisch, protestantisch, anthroposophisch, atheistisch; gemeinsam ist ihnen allen, dass sie uns von der Wirklichkeit abschotten, daß sie uns entwicklungsfeindlich und asozial machen.
So isses.
***
Nachbemerkung:
Das vom allgemeinen Sprachgebrauch gemeinte „Freidenkertum“ hat ja auch nichts mit freiem Denken zu tun; es handelt sich dabei, im Gegenteil, um eine ganz besonders verbohrte Art des Atheismus. Als ich solche sich als „Freidenker“ bezeichnende verbohrte Atheisten zum ersten Mal traf, lebte ich selbst in einer selbstgebastelten atheistischen Feste, in die ich mich vor meiner verbohrt katholischen Umgebung hineingerettet hatte. Trotz verschiedener Zweifel konnte ich mir damals nicht vorstellen, dass man die Welt anders als atheistisch betrachten könnte und hielt meine Sicht für die absolute, wennauch im Einzelnen weiter auszugestaltende Wahrheit.
Obwohl diese „Freidenker“, rein äußerlich, genau das Gleiche meinten wie ich, wunderte ich mich doch nicht wenig über deren Enge und Verbohrtheit; und sogar notierte ich für mich selbst irgendwo, das ich mir aber doch, zumindest theoretisch, die Möglichkeit offen lassen möchte, gegebenenfalls eine das Geistige anerkennende Weltsicht zu entwickeln (was damals, eben, rein theoretisch gemeint war, da ich mir praktisch sowas nicht vorstellen konnte).
Solche Weltsicht entwickelte ich dann aber im Weiteren tatsächlich (ein paar Streiflichter zu dieser Entwicklung siehe hier).
Was geblieben ist, ist der Horror gegen Kirchen, Sekten, Parteien; kurz: gegen alles, was den freien Strom meines Denkens in straffe Dogmen einschnüren möchte.
Und auch Freidenker bin ich nicht: Aus ebenjenem Grunde.
Prost.