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[nix frisch geschriebenes; nur Auszug aus einem vor ein paar Wochen geschriebenen Brief]
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In Russland – hauptsächlich Moskau – lebte ich in den neunziger Jahren; seit kurzem hab ich meinen festen Wohnsitz in Montenegro. Dazwischen – mit kurzen Unterbrechungen – in Georgien. Geboren bin ich in Luxemburg.
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In Russland ist es nicht besser; nur schlimm auf andere Weise. Anfang der neunziger Jahre war es tatsächlich um einiges besser; da herrschte ein großes Chaos, welches eine Menge Chancen bot, die aber allesamt nicht genutzt wurden. Im Laufe der Zeit wurde mir eine ganz fatale Gesetzmäßigkeit deutlich: dass nämlich im Westen veranlagter Unfug, nach Russland exportiert, erst richtig zum Aufblühen kommt.
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Die Vorzüge des Ortswechsels bestanden nicht darin, dass ich aus der Hölle ins Paradies übergewechselt wäre; solches war nicht der Fall; es ging einfach darum, dass ich die Problemlage wechselte und die vertraute westliche Problematik aus der Perspektive der postsowjetischen Problematik betrachten konnte. Der Blickwechsel ging ziemlich zügig, da meiner ganzen „Seelenkonfiguration“ nach die russische Mentalität mir näher ist als die westliche; vielleicht ist es dieser Stereoeffekt, der es mit erlaubte, die Sache letztendlich so gründlich zu durchschauen, dass von den reinen Wessis kaum ein Schwein versteht, was ich eigentlich meine.
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Dass diese ganze Festgefahrenheit einen in die Verzweiflung treiben kann – weiß ich; versteh manchmal selbst nicht, wie ich es schaffte, mich zu halten. Aber ich hielt mich.
So isses