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Da hat in Deutschland also eine Richterin den Antrag einer von ihrem Mann mißhandelten Ehefrau auf vorzeitige Scheidung mit der Begründung abgelehnt, daß im marrokanischen Kulturkreis – aus dem beide Ehepartner herstammen – der Mann seiner Frau gegenüber über ein gewisses „Züchtigungsrecht“ verfügt und daß dieses Züchtigungsrecht auch im Koran verankert sei.
Die beiden leben nun aber nicht in Marokko, sondern – in Deutschland. Die Richterin wurde – zum Glück – als befangen abgelehnt, und der Fall hat überhaupt für einigen Wirbel gesorgt. Und obwohl bei diesem Wirbel – wie das bei Wirbeln nun mal so ist – sehr viele und auch sehr viele unnötige Worte gemacht wurden, drängt es mich, zu diesen vielen Worten von mir aus noch einige hinzuzufügen (auf ein paar mehr oder weniger kommt es nicht mehr an)
Also denn:
Meiner Ansicht nach muß echte Toleranz immer von einem aktiven Verstehen der konkreten Situation, auf welche sie sich bezieht, getragen sein. „Toleranz“ hingegen als abstrakte Größe, als unverbindliches „laissez-faire“ setzt voraus ein gewisses Maß an Desinteresse und Ignoranz; vor allem dann, wenn diese abstrakte Größe in ein – im Grunde egozentrisches – Fortschrittsgebaren eingebaut ist („wir sind ja so fortschrittlich; und deshalb müssen wir unbedingt auch tolerant sein…“)
Wer die Sache nicht abstrakt nimmt, sondern konkret, merkt sofort, daß es in dieser Situation ein aktives Part gibt und ein passives: einer, der verprügelt, und eine, die verprügelt wird. Der Abstraktling sieht nur das aktive Part, und da ist alles ganz einfach: Soll er prügeln; vor allem, da das in seinem Kulturkreis ja so üblich ist.
Wenn man die Sache konkret nimmt, fällt sofort ins Auge, daß es sich bei dem Objekt des Verprügelns um ein menschliches Wesen handelt, auf welches sich – wenn schon, denn schon – das Postulat der Toleranz gleichfalls zu erstrecken hat.
Die Gesetzgebung in Deutschland und in sonstigen europäischen Staaten ist bestrebt, den einzelnen Menschen vor entwürdigenden, die leibliche und seelische Gesundheit schädigenden Eingriffen zu schützen; und wer um diesen Schutz ausdrücklich bittet, hat ihn zu bekommen; ganz egal, wie man das in Staaten mit anderen Gesetzgebungen hält.
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Wer aber Wert darauf legt, mißhandelt zu werden (sei es aus Masochismus, sei es aus religiösen oder sonstigen Gründen), dem macht niemand das Recht streitig, solches stillschweigend über sich ergehen zu lassen oder irgendwohin auswandern, wo Mißhandlungen von Gesetzes wegen erlaubt sind.
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So isses
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Nachbemerkung Januar 2015
Beim Durchlesenfie dieser vor Jahren verfaßten Anmerkung fiel mir auf, dass das weiter oben kursiv gesetzte etwas leichtfertig formuliert wurde. Hab das nun verbessert; lass aber den ursprünglichen Text so stehen und bring nachfolgend die verbesserte Version (warum ich das so mache, weiss ich auch nicht; aber ich bin nicht nur gegenüber fremden, sondern auch gegenüber meinen eigenen Macken (so sie sich nicht störend auf das Gemeinwohl auswirken) tolerant.
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Im Idealfall ist echte Toleranz von aktivem Verstehen der konkreten Situation, auf welche sie sich bezieht, getragen. Aber man hat ja keine Zeit, in alles verstehend einzudringen; und so läßt man die Leute halt machen und im Falle Vorhandenseins entsprechender Ehrlichkeit bemüht man sich bloß, sich nicht in leichtfertigem Beurteilen unverstandenen Tuns und unverstandener Gesinnung zu verheddern.
All dies ist sehr edel und durchaus angebracht; aber nur solange angebracht, als durch irgendein Tun nicht in unzumutbarer Weise andere Menschen behelligt werden, die sich solcher Behelligung nicht aussetzen wollen.
Und dann gibt es noch die Toleranz nicht als Gesinnung, sondern als in egozentrisches Fortschrittsgebaren eingebaute Pose („wir sind ja so fortschrittlich; und deshalb müssen wir unbedingt auch tolerant sein…“). Da die Pose, ihrer inneren Natur nach, primär auf ihre Wirkung achtet und weniger auf das, was sonst in ihrer Umgebung vorgeht, liegen auch solche Kinkerlitzchen wie Rechte Dritter nicht im Feld ihres Interesses.
Wer die Sache nicht abstrakt nimmt, sondern konkret, merkt sofort, daß es in dieser Situation ein aktives Part gibt und ein passives: einer, der verprügelt, und eine, die verprügelt wird. Der in seiner Fortschrittspose befangene Abstraktling sieht nur das aktive Part, und da ist alles ganz einfach: Soll er prügeln; vor allem, da das in seinem Kulturkreis ja so üblich ist.
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