Sonntag, Januar 08, 2012

Wulffiade

Die unter Nutzung nichtiger Anknüpfungspunkte künstlich angefachte Wulff-Massenhysterie gibt Rätsel auf. Natürlich, Wulff ist eine Null; aber unter den heutigen Politikern sind die Nullen so oder so in der Überzahl; und sicher sind darunter nicht wenige, die wirklich Dreck am Stecken haben und bei denen man sich nicht so anstrengen müsste, irgendwelche Nichtigkeiten zu Vergehen aufzubauschen.

Bei dieser Künstlichkeit stellt sich die Frage: War er am Ende vielleicht nicht genügend Null, war zu wenig formbar, und dadurch irgendwem im Wege?

Keine Ahnung.

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Um das, was man ihm vordergründig vorwirft und was man als Initialzündung für diese Massenhysterie benutzt hat, geht es gar nicht, kann es gar nicht gehen. Es geht um die Frage: was bezweckt man damit?

Möglicherweise bloß eine reine Machtprobe; oder auch eine mehr zufällig ausgelöste Hysterie, die man nun, aus Spaß an der Freud oder weil man schon mal dabei ist, weiter anheizt; was weiß ich....

Vielleicht wollte jemand an einem unwichtigen Versuchsobjekt einfach mal ausprobieren, zu was die Medien bei geschicktem Vorgehen in der Lage sind; könnte auch sein.... Die vorsintflutliche Goebbels-Zeitalter haben wir längst hinter uns gelassen; wir leben nun im Fortschritt mit seinen unbegrenzten Möglichkeiten; und sicher macht es Spaß, am lebendigen Sozium auszuprobieren, was sich alles machen läßt.

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Ein Mensch mit Charakterstärke und Durchblick würde von Vornherein auf Rechtfertigungsversuche wegen irgendwelchen zu Vergehen aufgebauschten Unsinns absehen und würde stattdessen das Volks bitten, Klartext zu reden und genau zu darzulegen: was ihnen nicht passt und warum man ihn fertig machen will. - Woraufhin dann - nicht sehr wahrscheinlich - man zu einer Erörterung dessen übergehen würde, was den Leuten de facto nicht passt und warum man ihn weg haben will. Oder aber das Wirrwarr, gewürzt durch Komismen a la Schausten, würde weitergehen.

Nach solchem nicht genutzten Angebot, Klartext zu sprechen, könnte er dann verkünden: Daß er sich überfordert sieht, bei einem Volk, das sich solcherart durch die Medien in Hysterien hineintreiben läßt, ein Präsidentenamt zu bekleiden, und daß er es somit vorzieht, zurückzutreten.

Ein solches Szenario wäre doch - zumindest bei einem Menschen mit Durchblick und Charakter - denkbar; oder?

Aber Menschen mit Durchblick und Charakter verirren sich heutzutage sowieso nicht in solche funktionslose Funktionen...

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Übrigens wäre dies die einzige mir sinnvoll scheinende, wennauch unwahrscheinlichste Fortsetzung. Ein Rücktritt aufgrund der an den Haaren herbeigezogenen Anschuldigungen wäre Unsinn, und im Amt bleiben ist genau so Unsinn; und beides zudem: erniedrigend.

So isses

2 Kommentare:

Raymond Zoller hat gesagt…

NACHBEMERKUNG
♠♦♣♠
Ende Februar setzte ich aus aktuellem Anlaß auf Twitter und Facebook ein Link auf diesen Text. – Auf Facebook wurde mir daraufhin der Vorwurf gemacht, ich würde mich an der 'Reha-Show' beteiligen.
Meine Antwort:


Wieso Reha-Show? Gleich zu Anfang betone ich, daß ich den Wulff für eine Null halte. Ausgehend von dem, was ich im Weiteren mitbekommen habe, hab ich auch heute noch diesen Eindruck. Weder besonders gut noch besonders böse ist er. Einfach: eine Null. Wäre er keine Null, hätte er etwas Grips und Charakterstärke, so hätte er sich gegenüber dem Sumpfgetier, das ihm ans Leder wollte, ganz anders verhalten. Zum Beispiel so oder ähnlich, wie ich weiter unten vorschlug, beginnend mit den Worten: "Ein Mensch mit Charakterstärke und Durchblick würde von Vornherein auf Rechtfertigungsversuche wegen irgendwelchen zu Vergehen aufgebauschten Unsinns absehen..." usw....
Die Wulffiade war von Anfang bis zum Schluß eine traurige Komödie, bei der Menschen ans Rampenlicht kamen – Wulff mitsamt denen, die ihm ans Leder wollten –, die unter sozial und kulturell gesunden Umständen gar nicht im Rampenlicht stehen könnten und stattdessen brav irgendein Handwerk ausüben oder Kunden am Postschalter bedienen würden.
Eigentlich isses ja komisch; aber das Lachen bleibt einem im Halse stecken, wenn man sieht, was in einer solchen Atmosphäre der "Herrschaft der Schlechtesten" alles angerichtet wird.
Hätte ich jenes Zeugs nicht schon vor längerem geschrieben: meine Zeit wäre mir zu schade, mich nochmal dezidiert über die Wulffiade zu äußern. Einem spontanen Einfall folgend setzte ich bloß ein Link auf bereits Geschriebenes.
Und auch die jetzt grad eben getippten Zeilen gelten weniger dem Wulff, denn viel mehr dem für unsere Zeit nicht unwichtigen und sehr fatalen Problemkomplex, den ich mit "Herrschaft der Schlechtesten" umreißen möchte.
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Jemand empfand die Wulffiade als einen gelungenen Warnschuß gegen die 'Monarchen' und hätte nichts dagegen, wenn es auch noch eine 'Merkeliade' oder 'Gauckiade' geben würde.
Meine Antwort:


Weiß nicht, ob man die Wulffiade als Warnschuß bezeichnen kann.
Wenn irgendwer sich irgendwelcher Machenschaften schuldig macht, und ich habe die Machenschaften durchschaut und will ihm zu verstehen geben: daß er durchschaut ist, und daß sein Tun Konsequenzen haben kann – so setze ich ihm gezielt einen Schuß vor den Bug, damit er aufmerkt.
Bei der Wulffiade hat man nun nicht den Eindruck, als habe da jemand gezielt einen Warnschuß abgegeben; das wirkt eher wie ein zufälliges Spiel der Elemente, eine zufällig entfachte Massenhysterie.
Bildhaft kann man es vielleicht so sagen: Der Wulff ist rein zufällig in einen Sturm reingeraten, den er rein zufällig ohne allzu großen Schaden überstanden hat.
Eine Merkeliade wird es kaum geben; es sei denn, irgendwelche Kreise, die Macht über die Massenmedien haben, wollen sie weg haben; doch wenn die sie weg haben wollten, so nur, um es nach ihrem Weggang noch schlimmer zu treiben. Daß die Mainstreammedien aus eigenem Ermessen gegen die Merkel loslegen ist kaum denkbar; dazu ist die zu stark. Zu stark, wohlgemerkt, von der Position her, und nicht als Persönlichkeit. Als Persönlichkeit dürfte sie eine ähnliche Null sein wie der Wulff.

Raymond Zoller hat gesagt…

Meine gesammelten Werke zur Wulffiade wurden, ergänzt durch lehrreiche Kommentare sowie sonstiges zum Verständnis der Lage Beitragendes, in einem PDF zusammengefaßt, das man über https://dl.dropboxusercontent.com/u/54042052/Wulffiade.pdf herunterladen kann.